Mittwoch, 29. April 2009

Gefährliche Liebhaberei

Eine JB-Kollegin hat mich auf einen Artikel zum Thema Blog aufmerksam gemacht. Er erschien auf spiegel.de unter dem Schlagwort Else Buschheuer rechnet mit dem Bloggen ab: "Abgetriebene Gedanken".
Bloggen ist eine "gefährliche Liebhaberei", finde ich - zumindest dann, wenn es zur Alltagsroutine wird, die unendlich viel Zeit frisst und von keinem Auftraggeber und keinem Arbeitgeber finanziert wird.
"Durch systematisches Bloggen habe ich den Wert meines Schreibens zerstört",
sagt Else Buschheuer und gesteht, dass sie via Books on Demand "noch draufgezahlt" habe.
"Große Verlage wollen keine Texte, die schon im Netz stehen",
betont Buschheuer. Und das glaube ich ihr sofort! Selbst wenn keine Probleme mit Zweitverwertungsrechten drohen, dann hat es finanzielle Nachteile. Ganz zu schweigen von der Zeit, die man für Bloggen oder Twittern geopfert hat. Und "zur Belohnung" hagelt es dann noch Kritik von allen Seiten. Aber mit E-Books ist es doch das selbe Problem. Weshalb sollte jemand auf die Idee kommen, ein E-Book im Internet zu kaufen, wenn er den identischen Inhalt auf einer privaten Homepage oder einem Verband/einer Institution kostenlos downloaden und lesen darf.....? Und - kann es sein, dass insbesondere Frauen anfällig für tägliches, zeitlich unkalkulierbares Bloggen sind....? Watch-Salon finde ich klasse, da darf man solche heiklen Themen ansprechen.

Montag, 27. April 2009

Immer wieder - zu viel Raum für die Falschen

Das ist ein wirklich unseriöser Medienbeitrag. Eine Gruppe von Mädchen, möglicherweise Stalkerinnen, verfolgt die Band Tokio Hotel und bekommt dafür bei Spiegel TV ein dickes Forum. Als ginge es um ein wenig Räuber-und-Gendarm-Spielen, werden die Mädchen mit lockeren Worten bei Verfolgungsjagden mit dem Auto begleitet und haben die Gelegenheit, ein wackliges Eigenvideo vorzuführen, das sie bei der Belästigung der Kaulitz-Mutter zeigt. Den Mädchen wird ausgiebig Gelegenheit gegeben, ihre Gesichter in die Kamera zu halten, sich verkleidet als „Afghaninnen auf Tour“ zu bezeichnen, sich als „radikale Fans“ zu gebärden und den Sängern per „Achtung! Achtung!“ eine neue „Albtraum"-Woche anzukündigen.
Ein Interview mit einer Stalker-Expertin oder ein seriöser Kommentar hatte in dem Fünf-Minuten-Beitrag keinen Platz.

Donnerstag, 23. April 2009

Wenn sich Mutter und Tochter vertöchtern


Buchcover: Orland Frauenverlag
Kaum eine Seite, auf der ich nicht eine oder mehrere Textpassagen gelb angemarkert habe. Denn die Journalistin und Psychotherapeutin Claudia Haarmann vermittelt in ihrem Buch aufschlussreiche Erkenntnisse über die Mutter-Tochter-Beziehung. "Mütter sind auch Menschen - Mütter und Töchter begegnen sich neu" heißt der im Frauenverlag Orlanda erschienene Band. Der Pressetext dazu:


"Bloß nicht werden wie meine Mutter!", stöhnen viele Töchter. Den ewigen Konflikt von zu viel oder zu wenig Liebe, Aufmerksamkeit oder Anerkennung kennen viele Frauen...
Die Mutterbindung ist die erste Beziehung jedes Menschen. Sie legt grundlegende Beziehungsmuster, die alle folgenden Beziehungen beeinflussen - auch jede Liebesbeziehung. Doch keine Mutter ist ihr Leben lang für das Wohl ihrer Tochter
verantwortlich.
Traumatherapeutin Claudia Haarmann lässt in "Mütter sind auch Menschen" Expertinnen und "ganz normale" Mütter und Töchter zu Wort kommen. Sie geht der Frage auf den Grund, was diese Beziehung oft so schwierig macht und stützt sich dabei auf neueste Erkenntnisse aus Bindungsforschung und Neurobiologie.

Die Autorin geht auf die Verletzungen, die Traumata der Mutter ein und welche Konsequenzen das für die Tochter und deren Erziehung hat. Insbesondere Kriegstraumata bilden einen Schwerpunkt des Buches. Einseitig Partei ergreift Haarmann dabei nicht. Anschaulich und verständlich leuchtet sie den Facettenreichtum der Mutter-Tochter-Beziehung aus. Dabei wechselt sie die Methoden, indem Betroffene zu Wort kommen, Interviewpassagen zu finden sind und erklärende Sachbuchpassagen. Das Buch gibt Denkanstöße für die Auseinandersetzung mit der eigenen Mutter. Und es ist versöhn-, besser vertöchterlich:


Der Leitgedanke dieses Buches ist: `Jede Mutter will ihrem Kind das Beste geben. Doch es gibt `etwas´ in ihrem Leben, was sie daran hindert. Sie konnte und kann nicht das geben, was die Tochter wirklich gebraucht hätte oder heute noch braucht. Wäre sie dazu in der Lage, dann wäre es bereits geschehen!


Gleichzeitig sieht sie für die jetzigen Genrationen die Chance, Unausgesprochenes aus der Mutter-Tochter-Beziehung aus zu sprechen und aus dem Teufelskreis der Defizite, die über Generationen über die Erziehung weitergegeben werden, aus zu brechen.
Ein anrührendes, ein kluges Buch über Mütter und Töchter!


Claudia Haarmann, "Mütter sind auch Menschen - Mütter und Töchter begegnen sich neu", Berlin 2008, Orlanda Frauenverlag

Dienstag, 21. April 2009

Das Mädchen und die CSU




Rausschmeißen wollte er sie schon – der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer seine Ministerin für Arbeit, Familie und Frauen, Christine Haderthauer. Was hatte sie denn nur getan, was er, der Populist, nicht auch gemacht hätte? Sie hatte mit einer klitzekleinen Bemerkung in einem klitzekleinen Sender am Denkmal des verblichenen Franz Josef Strauß gekratzt. Auf die Frage nach einem "Vorbildpolitiker" meinte sie, Franz Josef Strauß habe Tolles geleistet, als Vorbild empfinde sie ihn aber nicht. "Da gab’s ja dann doch viele Dinge, die ich jetzt vielleicht anderen nicht zur Nachahmung empfehlen würde." Auf Nachfrage nannte sie als Vorbilder dann Adenauer, Weizsäcker und, oh Schreck, Hildegard Hamm-Brücher, ehemals FDP.

Und wie wird das in der immer noch sehr selbstherrlichen CSU gewertet? "Das Mädchen hat eine ganz fatale Neigung zu dummschwätzerischen Bemerkungen", sagte ein „führender CSU-Mann“ über Haderthauer.

Mittwoch, 15. April 2009

Grabstein mit Todesfolge


“Fällt ein Grabstein mit seinen mehreren Hundert Kilogramm Gewicht um, kann er durchaus einen Menschen unter sich begraben“, meldet die StZ am 15.04.09 und verweist auf „schiefe Steine“ auf dem Pragfriedhof. Da derartige Unfälle mit Todesfolge immer wieder vorkämen, treffe das Garten- u. Friedhofsamt Vorsorge – mit jährlichen Rütteltests.
Es klingt makaber, aber laut StZ
"...kommt es auf Friedhöfen immer wieder zu Todesfällen, weil Grabsteine Menschen erschlagen. Zum Beispiel Ältere, die sich nach der Blumenpflege an einem losen Mal hochziehen."

Daher erfolgt nach der dortigen Friedhofssatzung aus dem Jahr 1953 eine jährliche Standfestigkeitsprüfung. D.h. nach dem letzten Frost rütteln Kipptester an Grabmalen. Wasser und Frost seien in erster Linie verantwortlich, dass sich Grabwände neigen, Fundamente verrutschen und die Steine in Schieflage bringen.
Bei geringem Wackeln wird ein Warnschild in das Beet gesteckt.
„Unfallgefahr! Grabzubehör nicht standsicher.“

Nun denn. Der berühmte Dichter Eduard Mörike hätte wohl nichts dagegen einzuwenden. Seine einzigartige Grabstätte, die jährlich von vielen Touristen, und Bewunderern seiner Werke aufgesucht wird, befindet sich ebenfalls auf dem Pragfriedhof.

Dienstag, 14. April 2009

Halbgötter machen Politik

Stolz wird mitgezählt bei der fragwürdigen Plakataktion der deutschen Fachärzte: „Wählen Sie was Sie wollen, aber nicht SPD“.
7200 mal wurde bisher das DIN A 4 Plakat mit einem wenig schmeichelhaften Foto der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt herunter geladen, ihr SPD-Kollege Lauterbach kommt mit einem ähnlichen Plakat bisher auf 5600. Die Plakate gibt es auch auf kroatisch und türkisch. Dazu können diverse Flyer unter der klaren Ansage: „Weitere Materialien für den Wartezimmerwahlkampf“ bestellt werden.

40.000 registrierte Nutzer zählt dieses sich „Hippokranet“ nennende Netzwerk der Ärzte angeblich. Wer auch nur ein paar der Kommentare auf der damit verknüpften Facharzt-Seite liest, wundert sich nicht mehr, dass viele Patienten im Minuten-Rhythmus durch die Arztpraxis geschleust werden, hinterher weniger wissen als vorher und so unsicher wie wütend nach Hause gehen.

Der Ton ist rau. Dazu einige von vielen Ärzte-Zitaten auf dieser Seite:
Es würden „täglich Lügen verbreitet“, durch: „die Propaganda der BRD (Ö-R-Rundfunk- und Fernsehstationen, Zeitungen/Magazine der Profiteure wie Springer Verlag, Burda, Bertelsmann)“. Einer mahnt deutlich an: „das wir in den Praxen unbedingt politischen Druck aufbauen müssen!“ Oder auch: „Sie haben bis September noch Zeit, den gesundheitspolitischen Kurs der SPD zu beeinflussen … Falls nicht, werden Sie wie Ihre Partei in der Bedeutungslosigkeit versinken. Dafür arbeite ich täglich in meiner Praxis.“

Sonntag, 12. April 2009

Vorbild Günther Jauch

von Judith Rauch

Auf Spiegel Online kommentiert der Göttinger Politologe Franz Walter seine neue Studie über die kleinen Leute in Deutschland. Im unteren Drittel der Gesellschaft nimmt offenbar die Politikverdrossenheit zu, das Vertrauen in die Demokratie nimmt ab, und von Bildung verspricht man sich dort schon gar nichts mehr. (Ganz besonders frustriert sind die Männer, aber das will ich hier ausnahmsweise mal nicht in den Mittelpunkt stellen.) 

Gleichzeitig haben diese Frustrierten jedoch ein Idol: Es ist der Journalist Günther Jauch. Ihm würden sie am liebsten die Staatsgeschäfte anvertrauen, haben Walter und Kollegen herausgefunden. Denn er sei "seriös", "hört zu", "gibt einem immer eine Chance". Was ich nun überhaupt nicht verstehe: Kollege Jauch steht doch für Bildung! "Wer wird Millionär?" ist eine der wenigen Sendungen im deutschen Fernsehen, bei denen man mit Bildung richtig Geld verdienen kann. Und der Moderator kann da durchaus mithalten - auch bei den schwierigen Fragen. Und dass er jedem eine Chance gibt, ist das nicht eine zutiefst demokratische Tugend? 

Also, liebe Politikwissenschaftler, löst mir dieses Rätsel: Wieso ist ein intellektueller und fairer Typ wie Günther Jauch so angesehen? Steht es vielleicht doch nicht so schlecht um den Ruf der Bildung und der Demokratie?

Donnerstag, 2. April 2009

"Mein Penis gehört mir"

Auch Männer wollen nicht mehr beschnitten werden. In der "Woche der genitalen Integrität" in den USA fordern Demonstranten vor dem Weißen Haus ein gesetzliches Verbot der Beschneidungen. "Mein Penis gehört mir", protestieren sie laut. In der Washington Post wird dazu gebloggt und ganzseitig berichtet. Beschneidungen werden in den USA seit langem heiß disktuiert, weil 60 Prozent der neugeborenen Jungs ohne Grund beschnitten werden. Sie klagen später über sexuelle Unlust oder frühzeitige Ejakulationen. Befürworter sagen, das HIV-Risiko sei bei beschnittenen Männern um 60 Prozent reduziert. Doch warum werden amerikanische Jungs ohne religiösen bzw. medizinischen Grund überhaupt beschnitten? Ganz einfach. Seit 1880 !!! glaubt man hier, beschnittene Jungs würden nicht masturbieren. Prüdes Amerika!