Freitag, 29. Mai 2009

Erfolgsmeldungen gesucht!!


Pleiten, Entlassungen, Todesfälle und Unglücke: Das Jahr 2009 steht voll im Zeichen der Krise. Wir JournalistInnen merken: Das färbt ab. Jetzt wollen wir gegensteuern und fragen: Was war die letzte Erfolgsmeldung, die über den Ticker lief - und über welche positive Nachricht haben wir zuletzt berichtet? Im Forum des Journalistinnenbundes macht Kollegin Ute Scheub von der taz auf die morgige Sonderausgabe einer Positiv-taz aufmerksam. Grund genug für uns JournalstInnen, mal selbst zu reflektieren: Ist eine gute Nachricht im Jahr 2009 nicht wirklich mal eine richtig gute Nachricht? Postet Eure Meinungen und Erfahrungen!

Donnerstag, 28. Mai 2009

Kein Happy End?

Es gibt Meldungen, die ziehen einen wirklich runter, z.B. diese in der Süddeutschen Zeitung:
Sie sind reicher, gesünder, besser ausgebildet als früher und sexuell befreit: Frauen werden immer erfolgreicher - und immer unglücklicher.
Das hat die Studie "The Paradox of Declining Female Happiness"ergeben, durchgeführt von ForscherInnen der University of Pennsylvania. Früher waren wir benachteiligt aber zufriedener als Männer. Heute sind wir nicht mehr ganz so benachteiligt - und genauso wenig oder weniger froh wie Männer. Mögliche Erklärungen: 
1. Die Frauen heute WISSEN, dass sie benachteiligt sind und das schlägt ihnen auf den Magen.
2. Die Frauen heute glauben, sie könnten alles erreichen und sind dann umso frustrierter, wenn es nicht klappt.
3. Frauen sind heute nur ehrlicher als in früheren Umfragen. 

Leider kommt die Studie zu keinem Ergebnis. Es muss weiter geforscht werden. Irgendwie macht mich das jetzt gar nicht glücklich .....

Männerbilder dominieren Sportberichterstattung

Regelmäßig stolpere ich über sie, wenn ich den Sportteil der von mir abonnierten Regionalzeitung, der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) aufschlage: Einer Überzahl Männerbilder steht eine deutliche Unterzahl Frauenfotos gegenüber. Schnell wird so klar, über wen hier vorrangig berichtet wird. "Ein Bild wird schneller aufgenommen als Text und bleibt auch länger im Gedächtnis", habe ich obendrein an Deutschlands ältester Werbefachschule gelernt. Der Eindruck entsteht also, dass hauptsächlich Männer Sport ausüben.
Hingegen:
"In den mehr als 91.000 Vereinen mit eiwa 27,5 Millionen Mitgliedern finden sich
in den Landessportbünden 9.451.188 Frauen, dazu kommen die Frauen unter den 1,5 Mio Mitgliedern der so genannten Verbände mit besonderen Aufgaben, so dass Sie von etwas mehr als 10 Millionen Frauen, bzw. knapp 40 Prozent im deutschen Sport ausgehen können",
so ein Sprecher des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Hier die Stichprobe aufs Exempel aus fünf Zeitungen von heute: HNA (mit Lokalsportteil): 26 Männerfotos, 13 Frauenfotos (Jugendliche inklusive). Frankfurter Allgemeine Zeitung: fünf Männerfotos. Neue Zürcher Zeitung: fünf Männerfotos. Süddeutsche Zeitung: sieben Männerfotos. Frankfurter Rundschau: acht Männerfotos, zwei abgebildete Frauen, davon eine als eine Frau unter mehreren Männern und eine Fänin, die ihren Fußballheld vermissen wird, wie ein Plakat vermittelt, das sie hochhält.

Zeit für die Quote in der Sportberichterstattung? Sinnvoll wär´s!

Das dauert, mit der Öko-Ikone


Foto: Mennekes
Während alle über Opel grübeln, sind heute im Bundestag genau 30 Sekunden dafür vorgesehen (11.45 Uhr, Unterpunkt 15), mit den Stimmen der großen Koalition und der FDP zwei ähnlich lautende Anträge der Grünen wie der Linken vom Herbst 2007 abzuschmettern.

Beide Fraktionen hatten das ewige Thema Tempolimit wieder aufgegriffen und eine Begrenzung von 130 km/h auf deutschen Autobahnen gefordert. Begründet wurde dies mit einer höheren Verkehrssicherheit, einer Reduktion der CO2-Emissionen und der großen Chance, endlich mehr umweltgerechte Autos zu bauen. Würde doch mit einem Tempolimit „… die Dynamik in der deutschen Automobilindustrie gebrochen, immer schwerere und schnellere Autos zu produzieren“.

Ach, hätten die Politiker doch nur darauf gehört. Hätten die Anträge blitzschnell in ein Gesetz umgewandelt, die Autoindustrie bedrängt, spritsparende Autos zu bauen und als Zuckerl der Industrie wie den Käufern ein paar Steuererleichterungen versprochen. Dann hätte man schon vor 18 Monaten damit beginnen können, die vorschnell versenkten Bauanleitungen für den VW-Polo oder den Audi A 2 wieder auszugraben und alsbald noch BMW-Zwerge, Daimler-Minis und Opel-Trolle aufs Laufband zu setzen. Ganz nach dem Motto des Audi-Designchefs Stefan Sielaff "Wenn wir so ein Auto machen, dann als knallharte Öko-Ikone, die schon optisch signalisiert, dass hier der bessere Mensch drinsitzt."

Aber das dauert nun alles ein paar Jahre länger. Stattdessen werden im Sinne des Aufschwungs erst mal große wie kleine Autos, viele mit 10 Jahren noch im Kindesalter, geschreddert. Und schon fehlen die Pritschenwagen im Libanon.

Mittwoch, 27. Mai 2009

Journalisten nennen sie "Sphinx"

FOTO: Bundeskanzleramt

Sie hat sich vom Aschenputtel zur Königin gewandelt – Angela Merkel ist die neue Medienkanzlerin. Ihr Umgang mit den Medien ist geprägt von einer Inszenierung der Nicht-Inszenierung: schöne Bilder, viele Worte und der Einsatz einer spezifisch weiblichen Kultur, wo und wann immer es nötig ist. Zu diesem Ergebnis kommen die Autobiografen der Kanzlerin beim vergangenen Mediendisput zum Thema "Understanding Merkel" in Berlin. Über 600 Vertreter aus Medien und Politik waren zur Veranstaltung des Netzwerk Recherche und des Mainzer Mediendisputs in die Landesvertretung Rheinland-Pfalz gekommen. Eine Rekordzahl, die darauf hindeutet: Die Bürger möchten die Kanzlerin verstehen.

Merkel ist eine Medienkanzlerin ganz neuen Typus. Kaum ein Journalist in Berlin entkommt ihrer einlullenden Wirkung, dieser Mischung aus Macht und Charme, dem Spiel von Nähe und Distanz. Irgendwann, heißt es unter den Hauptstadtjournalisten, erliege ihr jeder. Sie nennen sie gar „Sphinx“. Aber nur wenige von ihnen kommen ihr wirklich nah. Merkel ist so wenig greifbar. „Unter keinem anderen CDU-Kanzler wurde so viel sozialdemokratische Politik gemacht. Von einem deutlichen neo-liberalen Kurs scheint nur noch wenig übrig zu sein“, sagt Thomas Leif, Chefreporter des SWR und 1. Vorsitzender des Netzwerk Recherche. Unvergessen ist Merkels spröder Charme, ihre Unsicherheit im Umgang mit den Medien. Die Fotografen, die Journalisten – alles das war ihr noch zu Beginn ihrer Kanzlerschaft zu viel und zuwider. Es war kein Geheimnis, dass sie Presseauftritte hasste, dass sie unsicher war.

„Angela Merkel ist rätselhaft und mysteriös“, sagt der Hamburger Parteienforscher Elmar Wiesendahl. Ihr Umgang mit der Öffentlichkeit sei von einem „Sich-Rar-Machen“ geprägt. „Zu Beginn ihrer Kanzlerschaft ließ sie die Medien austrocknen“, erinnert Wiesendahl. „Ihre Nicht-Inszenierung ist ihre Inszenierung“, sagt der Bonner Politikwissenschaftler Gerd Langguth. In seinem Buch „Kohl, Schröder, Merkel: Machtmenschen“ hat der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete das Agieren der drei Bundeskanzler analysiert. „Merkel hat von Schröder nichts übernommen. Sein Umgang mit den Medien brachte nichts, im Gegenteil: Er nahm der Politik die Ernsthaftigkeit weg“, erklärt Langguth.
Angela Merkel dagegen ist ernst. „Ihr Wesen ist durch das Aufwachsen in der DDR geprägt“, sagt Jacqueline Boysen, Korrespondentin des Deutschlandradios und Autorin der Merkel-Biografie „Angela Merkel: Eine Karriere.“ Boysen ist eine der wenigen Journalistinnen, welche die Kanzlerin näher an sich heranließ. Wer Merkel verstehen möchte, müsse ihre frühe Biografie kennen, meint die Journalistin. Es reiche nicht aus, Angela Merkel auf die bekannten Daten Pastorentochter und Wissenschaftlerin zu reduzieren. „Schon früh musste sie lernen, sich selbst zu beherrschen und sich zu kontrolliere“, berichtet die Biografin Boysen.

„Die DDR hat ihr das gegeben, was sie heute in der Mediendemokratie braucht, um als Kanzlerin zu bestehen“, vermutet auch Dirk Kurbjuweit, Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros. Der Journalist hat die kürzlich erschienene Biografie „Angela Merkel – Die Kanzlerin für alle?“ verfasst und sich darin mit der Frage beschäftig, wann und wie Angela Merkel Mitglied in der CDU wurde. „Angela Merkel hat keine Identität mit der Partei. Sie geht mit diesem Mileu grob um“, hat Elmar Wiesendahl beobachtet. Nur so sei es möglich gewesen, dass „Kohls Mädchen“ den Mentor im passenden Moment vom Thron stürzte und sich selbst krönte. Auch Spiegel-Redakteur Dirk Kurbjuweit hat eine „tiefe, innere Distanz“ der Kanzlerin zu ihrer Partei ausgemacht.

Für Elmar Wiesendahl ist Angela Merkel die erste Kanzlerin, „die grenzenlos unideologisch ist. Sie ist alles: ein bisschen liberal, ein bisschen konservativ, ein bisschen sozial. Ihre politische Orientierung ist ankerlos. Sie ist eine Managerin. Sie macht Jobs.“
Derart aufgestellt, sei nahezu jede politische Konstellation denkbar, die mehrheitsfähig sei. Gerd Langguth hält es sogar für möglich, dass Merkel es mit Helmut Kohl aufnehmen könnte. „Sie ist für jede Koalition gut. Das ist ihr Vorteil.“

Video-Nutzung im Netz nimmt zu

67 Prozent der Deutschen sind online - so das Ergebnis der heute veröffentlichten neuen ARD/ZDF-Onlinestudie. Darin heißt es:
"Kennzeichnend für die aktuelle Internetentwicklung ist die stetig steigende Nachfrage nach multimedialen Inhalten. 62 Prozent (2008: 55 Prozent) aller Onliner rufen Videos, zum Beispiel über Videoportale oder Mediatheken, ab und schauen live oder zeitversetzt Fernsehsendungen im Internet. 51 Prozent (2008: 43 Prozent) hören Audiofiles wie Musikdateien, Podcasts und Radiosendungen im Netz."
Die Onlie-Studie wird seit 1997 veröffentlicht - in diesem Jahr wurden 1806 Erwachsene befragt.

Mädchen, Mathematik und Milchmädchenrechnung

Die These, dass Mathematik nichts für Mädchen sei, hält sich seit Jahrhunderten hartnäckig. In jüngster Zeit scheinen manche Medien aber tatsächlich bevorzugt von der angeblichen "Jungenkatastrophe" zu berichten. Diese aktuelle (Mai 2009) Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
kam aber zu dem Schluss, dass die Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen beim Lesen und Rechnen im Lauf der Schulzeit zunehmen. Laut Studie schneiden 15-jährige Jungen beim Mathe-Leistungsvergleich in fast allen OECD-Ländern besser ab als gleichaltrige Mädchen.

“Lesen ist nichts für Jungen“ oder „Mathe ist nichts für Mädchen“
dürfen in der Bildung keinen Bestand haben, mahnt OECD-Generalsekretär Angel Gurrìa. Das Lerninteresse von Jugendlichen wird sehr stark vom Elternverhalten beeinflusst. Dies wird in einer Begleitumfrage deutlich. Demnach schauen sich Eltern in Deutschland mit ihren zehnjährigen Söhnen fast doppelt so häufig wissenschaftliche Fernsehsendungen an wie mit ihren Töchtern. Frauen neigten eben dazu,
„sich mehr für Menschen und weniger für Fakten oder Dinge zu interessieren“,
schreibt die OECD. Die Experten raten den Pädagogen, das Selbstbewusstsein der Mädchen in ihre mathematischen Fähigkeiten zu stärken. Bleibt nur zu hoffen, dass Eltern ihre Töchter ebenfalls für Wissenschaftssendungen begeistern und ihr Selbstvertrauen in Mathematik stärken und ihren Söhnen vorlesen, um sie später für Lesen zu begeistern, damit sich das Gerücht "Mathe ist nichts für Mädchen" in Zukunft als "Ammenmärchen" erweist. Und nicht als Milchmädchenrechnung.

Warum Jungs nicht gerne lesen und Mädchen denken, sie könnten nicht rechnen

Vorurteile sorgen mit dafür, dass die Schulleistungen von Jungen und Mädchen sich unterscheiden. Je älter die Schüler, desto größer die Unterschiede. Das ergibt die Studie "Equally prepared for Life?" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). 
Manche Medien steuerten aufgrund dieser Meldung wieder in die aktuell oft beschworene "Jungenkatastrophe". Dabei sagt die Studie erst einmal nur aus, dass beide Geschlechter unter den Stereotypen leiden: Mädchen schneiden am Ende der Grundschule noch ähnlich gut in Mathe ab wie ihre männlichen Mitschüler. Mit 15 aber rechnen sie schlechter - auch weil sie sich weniger zutrauen. Jungen lesen im Durchschnitt schlechter - auch weil sie es nicht attraktiv finden.
Die gute Nachricht: gegen beide Einstellungen kann man mit gezielter Förderung und Motivation etwas tun - nicht nur in der Schule sondern in der Gesellschaft. 
Eine differenzierte Sichtweise zur Benachteiligung von Jungen im Schulsystem liefert unter anderem Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut. Ein Großteil der Schüler hält gut mit den Schülerinnen mit. Und Selbstvertrauen und clevere Berufswahl der Männer sorgen dafür, dass die tollen Schülerinnen als Frauen im Job dann doch oft das Nachsehen haben. Ein größerer Teil der Jungs als der Mädchen allerdings fällt aus dem System - ohne oder mit miesem Schulabschluss. Beide Tatsachen sollte eine Gesellschaft nicht einfach akzeptieren. 

Sonntag, 24. Mai 2009

Lebendiges Europa


Lebhafte Geschichtenerzählerin: Annemieke Hendriks Foto: Knop

Europa lebt von Begegnungen. Und manchmal begegnen einem dabei Überraschungen. So auch bei der Tagung Frauen in Europa der Evangelischen Akademie Tutzing. Direkt nach dem Vatertag hatte die in ihr Schlösschen an den Starnberger See bei München geladen - und dieses Timing sorgte für eine überschaubare Runde, in der die Begegnungen dafür umso intensiver waren. 

Donnerstag, 21. Mai 2009

Pfaue vor Garagen

Einen Abend mit Zeitungen und dem Fernseher zu verbringen, heißt auch immer, allerhand Dreistigkeiten ausgesetzt zu sein. Kurt Kister, Süddeutsche Zeitung, von dem es heißt, er möchte noch gern Chefredakteur werden und der als Mann eher klein und unauffällig daher kommt, schreibt in seinem Beitrag „Muskel und Masse“ zur Serie „Körperbilder“ über Angela Merkel: … Sie hat zugelegt, politisch, an Erfahrung und auch sonst. Als Frau wird sie, so mag man hoffen, von ihrem Gatten wahrgenommen …
"Die Garage interessiert keinen"

Eine Dokumentation auf 3sat berichtete über die iranischstämmige „Miss Earth Schweiz 2008“, Nasanin Nuri, - eine schöne junge Frau mit einer schrecklichen Kindheit und Jugend. Sie erzählte, wie ihr Vater sie immer wieder misshandelte und später ihre Mutter umbrachte. In der nächsten Szene wieselte dann ein schnöseliger „Model-Coach“ um sie herum und erklärte ihr, wie sie sich als Miss Earth zu setzen habe. „Du darfst niemals mit offenen Beinen auf einem Stuhl sitzen. Die Garage interessiert keinen“.

"Merkel hat viel Testosteron"


Bei Plasbergs “Hart, aber fair“ zum fragwürdigen Thema „Ewig Kind, häufig Macho, schließlich Sugardaddy – sind denn Männer nie normal?“ ging es dann nur noch albern zu. Hellmuth Karasek und Psychologie-Professor Harald A. Euler schwadronierten vom Primatenverhalten und Pfauengefieder der Männer, die ihre großen Kulturleistungen alle zwischen 30 und 40 „mit ihrem Testosteron“ leisteten und, so ergänzte Euler leutselig: „ich glaube, sie (Merkel) hat viel Testosteron“.
"Ewig Kind, häufig Tussi"

Ein Blog, dass sich „für Männer und Jungen einsetzt“, zitiert dazu einen Absagebrief des Männerforschers Professor Walter Hollsteins an den WDR, in dem es zum Titel der Sendung heißt: "ewig kind, häufig tussi, schliesslich ausgehalten - sind denn frauen nie normal?". das wäre sicher schon im vorfeld als sexistisch abgelehnt worden.“ Tja, da hat er wohl recht.

Mittwoch, 20. Mai 2009

Gedanken zu einer sehr alten Frauenfigur

 von Judith Rauch

Tübinger Wissenschaftler haben auf der Schwäbischen Alb eine kleine Frauenfigur aus Elfenbein ausgegraben. Sie ist 35.000 Jahre alt und damit die "älteste Venus der Welt", wie auch die österreichische Presse neidvoll zur Kenntnis nehmen musste. Auf der Plattform des Wissenschaftsmagazins nature gibt es sogar ein Video zu diesem Sensationsfund. Ganz hochwissenschaftlich hat mann es "Prehistoric Pinup" genannt. Tatsächlich sind die sexuellen Merkmale der Figur kaum zu übersehen. 

Doch noch etwas fällt auf: Die Frau ist sehr dick. Dick wie die 10.000 Jahre jüngere Venus von Willendorf (die bisherige Alters-Rekordhalterin) und wie noch einige andere Damen aus der Urzeit. Dick galt damals anscheinend als schick. Und wenn auch manches am Körper der Venus von der Alb heftig übertrieben scheint - die jeder Gravitation trotzdenden Brüste beispielsweise - wirkt es doch so, als hätte der Künstler/die Künstlerin dicke Frauen gekannt. Zumindest konnte er/sie sich vorstellen, wo eine gut genährte Frau ihren Speck ansetzt. Die Ernährungslage muss also zeitweise üppig gewesen sein in jenen fernen Tagen. 

Zweitens scheint Fett und Sex kein Widerspruch gewesen zu sein. Im Gegenteil: In dieser Figur gehen sie eine untrennbare Verbindung ein. Auch das ist bis heute so, wie kürzlich Jochen Paulus in "Psychologie heute" berichtete: Dicke Frauen haben nach einer neuen Studie nicht etwa weniger Sex als dünne, sondern eher mehr. (Nur dicke Männer haben ein Problem, Sexualpartnerinnen zu finden.) Und damit sind nicht nur die leicht übergewichtigen gemeint, sondern auch diejenigen, die unter "adipös" fallen - wie Frau Venus von der Alb. 

Wie könnten die beiden Phänomene zusammenhängen? Warum war Fett für eine prähistorische Jäger- und Sammler-Gesellschaft so sexy? Vielleicht liegt es daran, dass die frühen Menschen einen Tauschhandel fortsetzten, den heute noch unsere Vettern und Basen, die Schimpansen, praktizieren: Futter gegen Sex, genauer: Fleisch gegen Sex. Wobei die Männer für das Fleisch und die Frauen für den Sex zuständig sind. Fleisch war jedenfalls enorm wichtig für die Entwicklung des menschlichen Gehirns, schon zu Zeiten des Homo erectus. Mit vegetarischer Ernährung allein hätte unsere Gattung es niemals zu einem so großen und leistungsfähigen Denkorgan gebracht (Bild der Wissenschaft wird im Juli darüber berichten). 

Das sind natürlich alles Erklärungsmuster, die einem heterosexuell-patriarchalischen Weltbild entsprechen. Auch andere Entwicklungslinien vom Affen vom Menschen sind denkbar, etwa frühe menschliche Gesellschaften, die wie bei den Bonobos auf weiblicher Macht und lesbischem Sex gründen. Der Primatenforscher Volker Sommer hält ein solches Szenario für möglich. Ein feministisches Paradies käme jedenfalls ohne Prostitution und ohne tierische Nahrung aus. Doch hätten die Matriarchinnen der Vergangenheit ihre Königinnen und Göttinnen ohne Kopf dargestellt? Doch wohl eher nicht.

Sonntag, 17. Mai 2009

Milch für die Kanzlerin

Foto: Privat

Eine Woche lang haben 200 Bäuerinnen in Berlin für faire Milchpreise protestiert. Sechs von ihnen traten sogar in den Hungerstreik. Die Frauen aus dem Protest-Camp warteten vor dem Kanzlerinnenamt auf dessen Chefin - vergeblich. "Ich hungere für den Milchgipfel", war die Parole der Bäuerinnen, die mit ihrem Protest für faire Milchpreise eintreten wollten. Der Preis fällt immer mehr - im Schwarzwald und anderswo geben die Höfe auf. Aldi und Co. verkaufen zu viel EU-gepanschte Billigmilch in ihren Supermärkten, da hat die heimische Wirtschaft kaum mehr eine Chance. Die Freiburger Breisgau-Milch bietet immerhin seit neuestem Weidemilch von heimischen Wiesen an. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

In den 1970er-Jahren gab es mal den Werbespruch: "Milch macht marode Männer munter" - davon sind wir heute weit entfernt. Unsere Nachkommen werden bald nicht mehr wissen, wie echte Milch von der glücklichen Kuh schmeckt. Schon heute ist sie verwässert und so haltbar gemacht, dass selbst sogenannte Frischmilch ihren Namen nicht mehr verdient.

Frau Merkel übrigens würdigte die Demonstrantinnen keines Blickes. Einen Milchgipfel wird es wohl nicht geben - ob die Kanzlerin wohl Milch trinkt? Und wenn ja: Weiß sie überhaupt, aus welchem Dumpingsupermarkt die wohl kommt?!

Grand Prix, Grand Prix


Armer Alex, armer Oscar!
(Wer nun swingt oder singt, ich kanns mir nicht merken.)
Da hatten sie doch eine absolut idiotensichere Erfolgsstrategie, um Deutschland aus der Grandprix-Misere zu hieven:

1. Man kaufe sich die berühmteste und teuerste Edel-Stripperin der Welt (ja, ja: es heißt "Burlesque", schon klar!).
2. Man erzähle das vorab schon mal überall rum und ernte dafür quer durch Europa bewunderndes Schulterklopfen (von den Jungs).
3. Man singe und swinge dann ein bisschen und lasse "La Teese" sich lasziv aus den Hüllen schälen und mit der Peitsche knallen (soll ja schon bei Nietzsche gewirkt haben).
4. Man erreiche damit Hysterien (oder so ähnlich) vor den heimischen Bildschirmen und begeisterte Anrufe für das Deutsche Vaterland.
4. Man freue sich über massenhaft "Germany: 12 Points".
5. Man lache sich "höhö!" ins Fäustchen und ins Mikro, wenn man von der großen Lys Assia den Preis überreicht bekommt (und frage sich danach, wer die kleine Omi denn war).

Aber, ach, so lief es nicht: Kläglich tröpfelten die Pünktchen für "Germany" nur, und, ach, am Ende reichte es nur für Platz 20.

Was nur war schief gelaufen?

Hatten sich die Frauen Europas gegen Sing & Swing in bösartiger Weise verschworen und ihren Männern die Telefone zur Abstimmung versteckt?
Hatte sich Dita von Teese vor Beginn der Show geweigert, sich von Sing & Swing runterhandeln zu lassen und rächte sich nun bitterlich, indem sie die Nietzsche´sche Peitsche nur unmotiviert schwang?
Oder lag es vielleicht doch an der allzu durchschaubaren Chauvi-Strategie ("Man mache viel Wind um die potentiell nackten Brüste einer Frau, die das Vielfache verdient als man selbst, degradiere sie dann aber zum reinen Schmückwerk seines eigenen kläglichen Beitrags.")?

"Vielleicht wars den Zuschauern doch zuviel Plastik bei Dita von Teese", wagte Guildo Horn nach der Show die Frage. "Die Leute wollen wieder mehr Natürlichkeit."
Und "Mehr Hirn!", will man mit den Worten von Hedwig Dohm da hinzufügen.

Donnerstag, 14. Mai 2009

Einknicken oder wir schießen

Über vielen Zeitungsseiten müsste es stehen und als Spruchband über so manche FS-Nachricht laufen: „Hier haben Lobbyarbeiter wieder ganze Arbeit geleistet.“ Man schaue sich nur dieses lächerliche Waffen-Verschärfungs-Gesetz an. An die Schützenvereine traute man sich erst gar nicht ran, wollte nur den Jungs ihr Paintball-Abknall-Spielzeug wegnehmen. Nun wird nicht einmal daraus etwas.

Klaus Jansen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) hat schon vor diesem neuerlichen Einknicken in einem Interview gesagt: "Was die Koalition beschlossen hat, ist reine Kosmetik. Diesen Kniefall vor der Waffenlobby werden wir Union und SPD nicht durchgehen lassen." Der BDK und das Aktionsbündnis Winnenden würden eine Internetseite schalten, um den Protest gegen die völlig unzureichenden Koalitionspläne bundesweit zu bündeln.
Dem "Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden" gehören alle Familien an, die beim Amoklauf im März dieses Jahres ein Kind verloren haben. Vorsitzender ist der 49-jährige Hardy Schober, der in einem TAZ-Interview zu der damals benutzten Waffe schreibt: „Damit könnten Sie dreimal schießen, dann zittert Ihnen die Hand. So ein Umgang, wie sie der Schütze in Winnenden an den Tag legte, fordert jahrelange Übung. Der Vater hat ihn noch eine Woche vor dem Amoklauf im Umgang mit der Waffe schulen lassen, obwohl ihn ein Arzt über die psychischen Probleme seines Sohnes aufgeklärt hatte.“

Man achte auf die Leserbriefe am Ende des Artikels. Da schreibt ein bekennender Schütze: „…hat der Herr Schober in diesem Interview zugegeben, dass es sich bei seinen Aktionen nur um eine persönliche Racheaktion handelt. Egal wer, jemand muss leiden und bestraft werden. In seinem Fall hat er sich die Legalwaffenbesitzer ausgesucht. Legale Waffen in Privatbesitz sind eine Selbstverständlichkeit in einer gesunden Demokratie.“

Hohe Nachfrage nach Hedwig Dohm

OTFW, Berlin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons


Bei Hedwig Dohm denkt vermutlich jede JBlerin automatisch an den Journalistinnenbund. In Lokalzeitungen ist mir der Name bislang noch nie aufgefallen. Um so erstaunter war ich, als ich heute in der Regionalausgabe der StZ einen Artikel über die starke Nachfrage nach beruflicher und schulischer Weiterbildung, insbesondere an der Hedwig Dohm Schule, las. In erster Linie für Plätze am im Herbst 2009 gestarteten Sozialwissenschaftlichen Gymnasium der Hedwig-Dohm-Schule in Stuttgart. Dort wird Sozialmanagement unterrichtet. 

"Wir haben massenhaft Absagen erteilen müssen", berichtet Anne Magner, die Leiterin der Hedwig-Dohm-Schule. Denn Platz sei nur für 28 Schüler. Hintergrund ist die Tatsache, dass laut Regierungspräsidium 1787 Bewerber auf rund 800 Plätze an acht beruflichen Gymnasien drängten. Es bestehe bereits ein Numerus clausus. Auf 28 Plätze des Hedwig-Dohm-Gymnasiums bewarben sich 179 Schüler. Anne Magner: "Ich würde gerne eine zweite SG-Klasse aufmachen – aber wo soll ich sie hinsetzen?"

Seit Jahren sei ihre Schule hoffnungslos überfüllt, nicht einmal die Lehrer finden alle Platz im Lehrerzimmer. Hedwig Dohm würde sich über die Nachfrage an so einer Schule, die ihren Namen trägt, sicherlich freuen - und der Forderung nach mehr Unterstützung (Fördermittel) zustimmen.

Mittwoch, 13. Mai 2009

Mehr Unterhalt für Kinderbetreuung

Für Alleinerziehende ist das eine gute Nachricht: Sie können jetzt mehr Kindesunterhalt bekommen, wenn ihr Nachwuchs eine Kindertagesstätte besucht. Mit ein wenig Verspätung meldet die Süddeutsche Zeitung das BGH-Urteil  aus dem November 2008. 
Ein Rätsel bleibt, warum der Bundesgerichtshof diese Entscheidung nicht deutlicher publik machte. Denn er ändert damit seine Rechtsauffassung. Bisher waren die Kosten für einen Halbtages-Kindergarten mit dem Unterhalt abgegolten. Nun müssen die Unterhaltspflichtigen (meist Väter) sich - je nach Verdienst - zusätzlich an den Gebühren beteiligen.
 
Den ersten Wandel hatte der BGH schon in einem Urteil vom März 2008 vollzogen. Bis dahin hatten Gerichte allen Ernstes geurteilt, Ganztagsbetreuung sei ein "berufsbedingter Aufwand" der Mutter und daher auch allein von ihr zu bezahlen. Davon rückte der BGH damals ab und verpflichtete den Erzeuger, sich zumindest an den Mehrkosten der Ganztagsbetreuung zu beteiligen. 

Nun müssen Unterhaltspflichtige also zu den kompletten Gebühren beisteuern. Und das ist endlich gerecht: Schließlich verpflichtet das neue Unterhaltsrecht viele alleinerziehende Frauen mit Kindern dazu, selbst für sich zu sorgen. Die Karrierestufe und das Gehalt ihres ehemaligen Partners erreichen sie dabei selten. Denn sie tragen das Risiko kranker Kinder, ungünstiger Tagesstätten-Öffnungszeiten  und die Doppelbelastung - aber nun wenigstens nicht mehr den vollen Kindergarten-Beitrag.

Freitag, 8. Mai 2009

Geplatzter Mythos

Die Schweden machen einen interessanten sprachlichen Vorschlag. Der Rat für Sexualaufklärung RFSU möchte das Wort Jungfernhäutchen durch Scheidekranz ersetzen. Mit dem neuen Wort will der RFSU alte Mythen zerreißen. Es gebe noch immer Vorstellungen auch junger Frauen, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hätten. Das Wort Scheidekranz soll klarstellen, schreibt Schweden-Korrespondent Hannes Gamillscheg heute in der Badischen Zeitung, dass es sich um eine Membran handelt, die die Vaginalöffnung überdecken kann, aber nicht muss. Sie sage nichts darüber aus, ob eine Frau bereits ihr Sexualdebüt hinter sich habe oder nicht. Die berühmten Blutungen in der ersten Hochzeitsnacht seien auf Verletzungen im Genitalbereich zurückzuführen, die sehr junge Frauen bei ihrem ersten Beischlaf erleiden könnten. Die Schweden machen's uns mal wieder vor - und schicken die Jungfer und das Häutchen ins Ethnografie Museum, wie die Zeitung Helsingborg Dagblatt lobt. Und zwar in die "Abteilung für männliche Sexualmacht".

Montag, 4. Mai 2009

Sprechen Sie Deutsch, Herr Schneider

Journalismus-Guru Wolf Schneider ist nicht tot. Er ist streng genommen sogar total zeitgeistig und web-zwei-nullig. Seit heute videobloggt der Senior auf sueddeutsche.de/schneider einmal im Monat. Gegen den Sprachverfall. Rette sich, wer kann. Oder rette, wer kann, die deutsche Sprache. Das zumindest scheint sich Wolf Schneider gedacht zu haben. Bastian Sick möchte er dieses Feld offenbar nicht allein überlassen. Der reitet die Welle ja erfolgreich seit Jahren. Was dessen Bankkonto vermutlich sehr zuträglich zu sein scheint. Zumindest ist Sick ein Star. Schneider hingehen fast vergessen. Na, manche junge Journalistin liest sie noch - die Schneider'schen Lehrbücher. "Deutsch für Profis", beispielsweise.

In seinem ersten Beitrag setzt sich Schneider mit dem "sprachlichen Feminismus" auseinander. Dieser sei lächerlich, heißt es in dem Teaser zum Videoclip. Und was kommt dann? Schneider trägt zusammen, was man seit Jahren und Jahrzehnten in öffentlichen Ausschreibungen liest: Der Versuch, sich um eine geschlechterneutrale Sprache zu bemühen. Mit Binnen-Is, mit männlichen und weiblichen Zuordnungen, mit einer geschlechtsneutralen Formulierung.
Von Sprachverfall kann hier aber keine Rede sein. Sprache bildet nun einmal die Welt ab - und damit nun einmal auch die patriachalisch geprägte Gesellschaft. Wollen wir ernsthaft eine Gesellschaft, in der Männer und Frauen gleichberechtigt sind, müssen wir uns auch um eine Sprache bemühen, in der sich dieses gleichberechtigte Geschlechterverhältnis ausdrückt. Und daran ist so gar nichts lächerlich zu finden.

Lächerlich, lieber Herr Schneider, ist es, sich mit derartig alten, abgedroschenen Phrasen ins Netz zu setzen. Und dann das: Die Kolumne heißt "Speak Schneider". Aber Herr Schneider! Wie konnte denn das passieren? Ein englischer Titel, wo es doch viel prägnanter auf Deutsch wäre. Sprechen Sie, Schneider! Wie konnte das passieren, sich am Ende im Netz noch selbst zu verraten? Sick wäre das vermutlich nicht passiert...

Freitag, 1. Mai 2009

Krisen-Krümel

Peter Frey, Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, stellt der Krisenberichterstattung in den Medien ein gutes Zeugnis aus. In seiner Kolumne "Freytag" schreibt er auf der hauseigenen Webseite:
Angstmachende Schlagzeilen, Unruhe stiftende Sondersendungen hat es nicht gegeben - im Gegenteil: Die Medien haben die Krise erklärt, so gut das ging,...
Der Artikel ist durchaus lesenswert, zumal Peter Frey auch auf die massiven Veränderungen eingeht, die die Journalisten - nicht nur in der Krise - herausfordern. Aber das mit den Erklärungen "so gut es geht" bereitet mir Bauchschmerzen, wenn ich das ansonsten von mir sehr geschätzte ZDF heute-journal ansehe. Im sogenannten "Krisenbarometer" (ein Schlagwort, das sich auf zdf.de leider nicht recherchieren lässt, sonst hätte ich es verlinkt) werden Nachrichten wie z.B. Arbeitslosenzahlen oder Börsenkurse zu Tortenstückchen eines roten Kuchens, fliegen dann munter durch die Luft, verändern sich zu Balken und zeigen schließlich den Stand der Krise für den Wochentag und als Kurvenverlauf den der Woche an. Warum die Aussage eines Wirtschaftsministers ein Achtel- oder ein Viertelstückchen wert ist, der Absturz einer Aktie eher nach Diät oder Sünde aussieht und warum der Kreis unabhängig von der Nachrichtenlage immer voll wird, das bleibt der geneigten Zuschauerin völlig unerklärlich. Der Erkenntnisgewinn ist ungefähr der einer Tortenschlacht. 
Und wie beim süßen Gebäck gilt: Auch wenn Grafik- und Animationsprogramme noch so tolle Möglichkeiten bieten - manchmal sollte man der Versuchung einfach widerstehen.