Dienstag, 30. Juni 2009

Weinselig feiernde Journalistenschule



„Es gibt in Deutschland keine Elite, die sich so sicher ist, Elite zu sein wie die Absolventen der Deutschen Journalistenschule.“ Hochironisches Zitat unseres Ober-Kabarettisten bzw. –Bürgermeisters Christian Ude beim gestrigen Festakt im Münchner Prinzregententheater, das den tausend anwesenden AbsolventInnen dennoch herunterging wie Butter. War die Festansprache Angela Merkels zur 60-Jahr-Feier im Vorfeld noch ziemlich umstritten („Wahlkampf!“) nahmen wir es danach sogar milde gestimmt hin, dass sie uns zurief „Strengen Sie sich an“. Selten waren so viele JournalistInnen jeden Alters so freundlich und gelöst miteinander im Gespräch wie an diesem ersten warmen Abend ohne Gewitter. Und natürlich traf man auf jeder Treppenstufe feiernde Kolleginnen, die heute Mitglied im Journalistinnenbund sind. Und natürlich gewann eine Kollegin, Antonia Berneike, den Helmut-Stegmann-Preis. Und natürlich gewann eine Kollegin den Hauptpreis bei der Tombola.
Dazu Berichte aus der Süddeutschen Zeitung und der Tagesschau.

Was Sie stark macht - verborgene Kräfte aktivieren


Auf die Frage, ob sie ein Buch zum Thema "Was Sie stark macht" schreiben wolle, habe sie sich schnell entschlossen, die Herausforderung anzunehmen:
"Mir wurde klar, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, die Erfahrungen aus meiner psychotherapeutischen Arbeit und meiner persönlichen Entwicklung zusammenzufassen"
Das Buch teilt sich auf in sieben Kapitel. Unter anderem zu den Punkten ""Sie spielen die Hauptrolle", "Spontan leben", "Das Leben selbst in die Hand nehmen" und "Stressenergie konstruktiv nutzen". Es ist klar strukturiert, flüssig und gut verständlich geschrieben und wird gelegentlich durch Zitate und Auszüge aus Gedichten aufgelockert. Es eignet sich gut für Frauen, die in Medienberufen unter starkem Stress stehen. Denn gerade Frauen muten sich meist mehr zu, als jeder Top-Manager es tun würde. Und das zu einem Bruchteil an Gehalt oder Honorar. Viele leiden unter "burn out", fühlen sich unsicher und nicht wertvoll. Fehler suchen sie meist zuerst bei sich selbst. Und stellen sich zermürbende Fragen. Die Autorin gibt zu bedenken:
"Wenn man erst einmal wahrnimmt, wie das persönliche, alltägliche Verhalten durch verinnerlichte Normen bestimmt wird, kann das Niedergeschlagenheit oder auch Wut aufkommen lassen, weil es die persönliche Ausdrucksfähigkeit enorm einschränkt!"
Zeitgleich beschreibt sie kurze praktische Übungen, die die Leserin (auch am Schreibtisch nebenbei)zum Thema Selbst- und Fremdbestimmung durchführen kann. Zum Beispiel ein Blatt Papier in zwei Teile falten und passende Bildunterschriften für beide Seiten verfassen. Links die einengenden kritisierende innere Autoritätstimmen und rechts die, einer erwachsenen selbstbewusste Person. Eine gute Übung gegen Schreibblockaden, die gerade Journalistinnen an effektivem Arbeiten hindern. Die Autorin ist unter anderem Gestaltungspsychotherapeutin und Tanztherapeutin und leitet das Zentrum für Gestalt- und Tanztherapie (ZGT) in Stuttgart. Ihre Schwerpunkte als Coach sind die Themen Stressbewältigung, Konflikt- und Selbstmanagement.

Susanne Breuninger-Ballreich
Was Sie stark macht - verborgene Kräfte aktivieren
Herder Verlag 2009
ISBN: 978-3-451-059728
Preis: 8,95 Euro

Sieben Monate für Damenschuhdieb

















Ein 60 Jahre alter Mann wurde am 29.06.09 vor dem AG Stuttgart zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt, berichtet die StZ am 30.06.2009. Der Angeklagte habe bis zuletzt bestritten, in den vergangenen zwei Jahren mehrmals Autos aufgebrochen zu haben, um aus den Fahrzeugen Damenschuhe zu stehlen. Zumindest in zwei zur Anklage gebrachten Fällen sah ihn der Richter laut StZ als überführt an.

Tatmotiv schien der Bruch fremden und die Begründung neuen (tätereigenen) Gewahrsams an den Damenschuhen gewesen zu sein, also keine Beleidigung (in Tateinheit mit Körperverletzung) wie dies in bereits kommentierten Fällen der Schuhwerfer (z.B. gegen Bush) der Fall war.

Die Einlassung des Angeklagten, er habe die 150 Paar Damenschuhe allesamt auf dem Sperrmüll oder in der Altkleidersammlung gefunden, wurde als nicht glaubhaft eingestuft. Er brach nach Überzeugung des Gerichts mehrfach Autos (es gab einen glaubhaften Zeugen) auf und hatte auch der Nachbarin Schuhe gestohlen. Während man bei Sperrmüll noch geteilter Meinung sein kann, ob der Eigentümer sein Eigentum aufgab und für jeden "Fußgänger" zur Mitnahme anbietet, hat der Spender bei Altkleidersammlung i.d.R. die Absicht, das Eigentum auf den, "angekündigten Sammler" (der oft für gemeinnützige Zwecke, z.B. Diakonie sammelt) zu übertragen. Und nicht an private Sammler. Die Ausrede hätte ihn vor Strafe nicht geschützt.

Mittwoch, 24. Juni 2009

"Non" zur Burka in Frankreich

Während der Auftritt des französischen Staatschef Nicolas Sarkozy vor der Nationalversammlung und dem Senat von seinen Kritikern als "Rückfall in die Monarchie" geschmäht wurde, machte dieser doch eine ganz klare Ansage. Er sagte laut und deutlich "non" zur Burka. Das Frauen von Kopf bis Fuß verhüllende Gewand sei ein Symbol der Unterwerfung und Erniedrigung und in der französischen Republik nicht willkommen. Die totale Veschleierung habe nichts mit Religion zu tun, so Sarkozy. Würde und Freiheit der Frau würden damit in Frage gestellt werden. Ich bin gespannt, wie die Franzosen das "Non" in der Praxis umsetzen werden. Das Kopftuch als religiöses Zeichen ist ja längst an den laizistischen Schulen verboten.

Dienstag, 23. Juni 2009

Going green

von Judith Rauch

Wer gern für die Freiheit des Iran mitprotestieren möchte, findet jetzt hier die passenden Schilder. Seit gestern trage ich ein grünes Band am Arm (wie die iranischen Fußballer beim Länderspiel in Seoul), sehe aber noch viel zu wenig Grün in den deutschen Straßen. Was Hoffnung macht: Die ersten Miliz-Kommandanten verweigern den Gehorsam. Es gibt noch Journalisten, die in Teheran arbeiten können, wie dieser Hintergrundbericht über den Tod der Demonstrantin Neda aus dem Tagesspiegel zeigt, der sich wiederum auf den Korrespondenten der Los Angeles Times stützt: Es war nicht ihr Vater, der in den letzten Minuten bei ihr war, sondern ihr Musiklehrer. Einen interessanten Beitrag über die Rolle von Mussawi schrieb der Filmregisseur Mohsen Makhmalbaf im englichen Guardian. Ständig neue Twitter-Meldungen zur Situation gibt es hier.

Faiseh Rafsandschani – die macht Hoffnungen


Das ist sie nicht! Foto: picasaweb

Jetzt hat Faiseh Rafsandschani, die Tochter des früheren iranischen Präsidenten (und mutmaßlichen jetzigen Strippenziehers um die Macht) Haschemi Rafsandschani, dank des 81 jährigen Journalisten-Hasen Rudolph Chimelli für uns ein Gesicht bekommen. Er beschreibt in der Süddeutschen Zeitung nicht nur wie andere, dass sie an der Ausreise gehindert und für zwei Tage in Haft genommen wurde, er breitet mit seinem großen Wissen mal eben ihr Leben als Feministin, Journalistin, Politikerin und trotzige Fahrradfahrerin aus.
Was ich noch über diese Frau herausgefunden habe: Sie hat 1996 schon versucht, in die Politik zu gehen und ein gutes Ergebnis erzielt.
Während der Regierungszeit ihres eigenen Vaters bezeichnete sie ebenfalls 1996 das in Iran herrschende Verbot von Satellitenfernsehen und Videos als "Fehler". Der westlichen "Kulturinvasion" sollte vielmehr mit der eigenen Kultur begegnet werden, sagte die 33jährige der Teheraner Zeitung "Akhbar".
Die FAZ beschrieb sie im Zusammenhang mit einer Begegnung intellektueller Frauen in Teheran 2003 wie folgt: „Faizeh Haschemi wollte ihr Markenzeichen, das leopardengemusterte Kopftuch, ablegen, besann sich dann aber anders. "Sind Offizielle hier? Ich glaube, ich behalte das lieber auf."
Und 2005 heißt es noch einmal in der FAZ:
„Das jüngste Buch von Rafsandschanis Tochter Faiseh Haschemi, in dem sie hundert prominente Iranerinnen porträtiert und auch die Schwester des letzten Schahs in einem nicht gänzlich negativen Licht erscheinen läßt, wurde kurz vor der Veröffentlichung zurückgezogen.“

Samstag, 20. Juni 2009

Protest gegen Zensursula


Am Donnerstag kam das "Gesetz gegen Kinderpornos im Internet" - so lauteten die Schlagzeilen in vielen deutschen Medien. In der Netzgemeinde war die Empörung groß. Auf Twitter erklärten sich viele Mitglieder spontan zum Verlierer des Tages und bekundeten Trauer und Entsetzen in ihren Tweets. Bloggerin Lanu beerdigte kurz darauf den Artikel 5 des Grundgesetz.
Überzogene Reaktionen von Nerds?
Keinesfalls. Das Netz hat seine eigene Kultur entwickelt - auch mit einer eigenen Protestkultur. Und für die rund 130.000 UnterzeichnerInnen der Petition gegen das "Zensursula"-Gesetz, die von der 29-jährigen Mediengestalterin Franziska Heine initiert wurde, war der Beschluss des Bundestags ein Schlag ins Gesicht. Frauen wie Franziska Heine sind sicher nicht für Kinderpornos - aber für die Wahrung der Bürgerrechte. Auch im Internet.

Worum geht es überhaupt?
Auf Initiative von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sollte Kinderpornografie im Internet bekämpft werden. Doch tatsächlich wurde im Bundestag nicht beschlossen, Kinderpornografie im Internet zu bekämpfen, vielmehr wurde der Artikel 5 des Grundgesetzes nachhaltig eingegrenzt. Der Bundestag verabschiedet das "Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen" - und mit diesem Gesetz soll nur den Abruf solcher Seiten im Netz erschwert werden. Das Ziel ist nicht, Kinder vor Vergewaltigung zu schützen. Zudem wird über Internetseiten nur ein kleiner Teil von Kinderpornos getauscht. Pädophile Kriminelle nutzen andere Tauschbörsen, handeln mit DVDs, schicken sich die Filme und Bilder per Handy.

Das Gesetz bewirkt nun, dass Internetseiten einfach gesperrt werden - und zwar ohne dass der Betreiber oder die Betreiberin dagegen eine Handhabung hat. Er oder sie bekommt kein Verfahren, keinen Prozess, nicht die Möglichkeit, Einspruch zu erheben. Wie Kai Biermann in seiner klugen Analyse auf Zeit-Online erklärt: Die Netzsperren werden einfach so verhängt! "Überprüft werden kann die Sperrliste auch nicht. Das Bundeskriminalamt entscheidet, wer ein Krimineller ist und wer nicht, kein Staatsanwalt, kein Richter."
Und schnell kann das Gesetz noch ausgeweitet werden. Das ist die Befürchtung der 130.000 UnterzeichnerInnen der Petition. Irgendwann könnten nicht mehr nur Seiten mit kinderpornografischen Inhalten gesperrt werden, sondern auch andere Seiten. Die Zensur wäre dann nicht mehr aufzuhalten. Biermann bringt es auf den Punkt: "Stoppseiten bringen niemanden vor ein Gericht. Nur die Kunden zu verscheuchen, dafür aber ein potenzielles Zensurinstrument zu installieren, ist Unsinn."
Nachtrag: Wie Kollege Thomas Knüwer vom Handelsblatt bei Twitter hinweist, scheint sich die EMMA als CDU-Unterstützer-Blatt zu etablieren: Gilt Frauensolidarität nur für Ursula von der Leyen, nicht aber für Franziska Heine?

Dienstag, 16. Juni 2009

Mal eben in Teheran aufs Dach steigen


Illu: twitpic.com
Gestern abend, Tagesthemen, - ein Armutszeugnis für die ARD.
Tom Buhrow sagt zu Beginn der Sendung nicht etwa „wir haben wie viele andere Sendeanstalten leider keine Bilder aus Teheran, weil unsere Korrespondenten an der Arbeit gehindert werden und greifen deshalb auf die Nachrichtenkanäle des Internets zurück.“ Nein, er sagt voller Stolz: „Wir zeigen Ihnen jetzt Bilder, die bisher nur im Internet zu sehen waren!“ Junge, die Bilder und Handyfilme hatte ich längst gesehen, jeder hatte sie längst sehen können.
Besser auch nicht der Beitrag von Peter Mezger, der seit Tagen in seinem Büro in Teheran festsitzt. Er betont, dass er dennoch über viele Informationskanäle verfüge und gibt eine absurd falsche Einschätzung der Lage zum Besten: „Die Lage hat sich sehr entspannt“, meint er. „Die meisten Leute sind längst zu Haus und im Bett. Sie sind aber vorher noch mal aufs Dach gestiegen und haben ´Tod dem Diktator` gerufen.“ Von den Milizen sei tagsüber gar nichts zu sehen und zu hören gewesen. Buhrow fragt nach dem Techniker der ARD, der in Haft genommen worden war. Mezger: „Er ist wieder da … sieht dementsprechend aus, aber wir gehen davon aus, morgen wieder zu drehen.“ Wurde er geschlagen, gefoltert oder war er nur dreckig? Buhrow fragt nicht nach.

Am Morgen meldet das Morgenmagazin von ARD und ZDF „es gab wieder schwere Ausschreitungen in der Nacht“. Phoenix glänzt mit stundenlanger fundierter Berichterstattung, die BBC bittet auf twitter die Prostestierenden in Iran immer wieder um Kontaktaufnahme.

Internet und Mobilfunk zeigen bei diesem Drama zum ersten Mal in vollem Umfang die Grenzen der herkömmlichen Medien.

Zeitreise Ost-West

Auf einem gemeinsame Zeitreise zwischen Ost- und Westdeutschland in den Jahren 1989 bis 2009 begaben sich die Teilnehmerinnen der Jahrestagung des Journalistinnenbundes am ersten Juni-Wochenende. Gar vielfältig waren die Erlebnisse mit dem anderen Teil des Landes und mit der Wende. So saß eine Ost-Frau just zur Wende im Abi und sollte von einem Tag auf den anderen nicht mehr die Prinzipien des sozialistischen Realismus belegen, sondern widerlegen. Für eine Münchnerin spielte die Wende in ihrer Heimatstadt kaum eine Rolle und für eine Jugoslawin, die in den Westen übergesiedelt war, zeigte sich dieser überheblich. Für einige ergaben sich neue Ost-West-Kontakte und neue journalistische Themen. Soweit einige Beispiele aus dem Zeitabschnitt 1989 bis 1993.
Ab 1994 studiert eine West-Frau beispielsweise in Frankfurt Oder. Eine andere West-Frau hat eine Ferienwohnung auf Usedom, genießt die unberührte Natur und nimmt die DDR (Ex-)Spießigkeit wahr. Eine Ost-Frau wiederum reist mit den Söhnen durch die USA und macht dort ein Feature, zu dem ihr eine West-Frau den Tipp gegeben hat. (Der Sohn hat dort ein Austauschjahr absolviert.) Aus Deutschlandfunk wird Deutschlandradio, und eine West-Frau geht in Vorruhestand.
1998 bis 2001 sind Ost-Frauen kaum wahrnehmbar im West-Fernsehen, wie eine Teilnehmerin berichtet. Zwei West-Frauen besuchen Ex-Wohnhäuser von Familienangehörigen in Ost-Deutschland. Eine Ost-Frau zieht mit dem Rucksack durch Australien, eine andere volontiert und hat das Gefühl von beruflichem Aufbruch. Eine West-Frau volontiert bei der Märkischen Oderzeitung und fühlt sich stärker denn je als "Wessi".
2002 bis 2005 ist der Broterwerb einer Ost-Journalistin erst mal gesichert. Eine West-Frau erlebt die Flutkatastrophe in Sachsen und trauert über den Verlust des Aufgebauten. Eine andere West-Frau macht eine große Reise durch Polen und Litauen, später durch Weissrussland und noch einmal durch Polen. Der SFB fusiniert mit dem ORB und lässt alte neue Ost-West-Gräben sichtbar werden.
2006 bis 2009 schreibt eine West-Frau: "Nie vergessen: Wir im Westen waren Beobachter. Die im Osten haben die Revolution gemacht." Eine andere West-Frau fühlt sich auch nach drei Jahren beim rbb in Frankfurt (Oder) immer noch als Außenseiterin. Und eine Ost-Frau verortet sich bewusst in Thrüingen. Eine weitere West-Frau recherchiert in Mecklenburg und erlebt sperrige Institutionen, die wenig Erfahrungen mit JournalistInnen haben. Die Arbeit gestaltet sich schwerer als im Westen. Und die EinwohnerInnen haben Angst vor Neonazis, was sie aus dem Westen nicht kennt.
Insgesamt nahmen an der hier beispielhaft aufgezeigten Zeitreise deutlich mehr West-Frauen als Ost-Frauen teil, denn letztere sind im JB demnach nach wie vor unterrepräsentiert. Nichtsdestotrotz hatten die Kolleginnen der Zeitreise zufolge zahlreiche Ost-West-Berührungen.

Montag, 15. Juni 2009

"Wo ist meine Stimme"




Foto: http://tehranlive.org
Grafik: www.Berlin-Institut.org

„Die Zeit für Tanzen und Singen ist vorbei“, zitiert die Süddeutsche Zeitung heute einen iranischen Polizei-Offizier. Viele der jungen Leute, die sich ein anderes Wahlergebnis erhofft hatten, haben dafür auch gar keine Zeit mehr. Sie rufen „Wo ist meine Stimme“ und müssen sich gleich danach vor den Ketten und Schlagstöcken der Revolutionsgarden retten, hinein in die Häuser und hoch auf die Dächer. Von hinten werden sie aus Farbpistolen besprüht, auf dass der nächste Schlägertrupp sie besser erkennt. 14 Millionen Handys und 18 Millionen Internet-Nutzer gibt es bereits im Iran, aber Ahmadinedschad und seine Techniker blockieren viele der modernen Kommunikationswege. Al Jazeera kämpft gegen Sendeauflagen, die BBC mit elektronischem Störfeuer. Auf der Tehranlive-Seite sind etliche Filme und Bilder zu sehen, interessant auch die unzähligen aktuellen Kommentare. Hoffentlich geraten die engagierten MacherInnen nicht auch noch ins Visier der Schläger.

Zu viele junge Leute für dieses Wahlergebnis

Das Wahlergebnis ist schwer zu vermitteln, schaut man sich die Bevölkerungsentwicklung des Iran auf der obigen Grafik an. Verschiedene weitere Quellen gehen davon aus, dass zwei Drittel bis ¾ der Iraner unter 30 ist. Laut Wikipedia beträgt das Durchschnittsalter bei Frauen und Männern rund 26 Jahre. Wie deren Stimmung vor der Wahl war, hat Gabriele Keller letzte Woche in einem informativen Beitrag für die Frankfurter Rundschau geschildert.

Samstag, 13. Juni 2009

Die CSU ist wieder schwanger

Foto: flickr

So, so: Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer wird also wieder Vater: Kind Nummer 5 mit Frau Nummer 2.

Die CSU-Burschen würden ja gerne klatschen und ihm bewundernd die Schulter tätscheln - aber, ach, es ist ja Wahljahr!

Beim letzten Mal, als die außerehelichen Betätigungen von Horst S. Früchte trugen, kam den CSU-Strategen Gabriele Pauli zur Rettung: Ein paar Fotos mit Latex-Handschuhen und sein Ehebruch war vergessen. Die "Hexe" Pauli wurde mit Häme überschüttet und verließ die CSU, während sich Seehofer zur Privatausidenz beim Papst rüstete und Ministerpräsident wurde. Clever gemacht, Burschen!

Was aber lasst ihr euch diesmal einfallen? Gabriele Pauli ist ja nun leider, leider nicht mehr in der CSU.

Freitag, 12. Juni 2009

Hörenswert

Foto: Eva Hehemann


Der Nachwuchspreis „Andere Worte - neue Töne“ des Journalistinnenbundes ging in diesem Jahr an Stephanie Dötzer (29). Sie erhielt ihn für ihr 30-Minuten-Hörstück "Bagdad atmet noch", ausgestrahlt bei SWR2.


Die JB-Jury war beeindruckt:

Der Reporterin ist eine besonders eindringliche Studie über die Lebensrealität unter Kriegsbedingungen gelungen. In langen, streckenweise philosophischen Gesprächen lässt sie den irakischen Kameramann Laith Mushtaq seinen blutigen, verstörenden, stets lebensbedrohenden Alltag beschreiben – ein ergreifendes Statement gegen den Irrsinn des Krieges und für den Versuch, sich als Journalist unbeirrbar dafür einzusetzen, dass die Welt davon erfährt. 

Zwei Sätze aus dem SWR-Pressetext:

 In anderthalb Jahren hat er zwei Tage dienstfrei: Einmal, um die Beerdigung seiner Schwester zu organisieren, die bei einem amerikanischen Raketenangriff ums Leben gekommen ist. Das zweite Mal, weil sein Kameraassistent neben ihm erschossen wurde.

Stephanie Dötzer arbeitet mittlerweile in Qatar bei der Agentur Al Jazeera Network. 

Neue Führung



Der neue Vorstand des Journalistinnenbundes (v.l.n.r.)

Eva Kohlrusch (1. Vorsitzende), Rosemarie Mieder ( 2. Vorsitzende), Cornelia Benninghoven (Schatzmeisterin), Wibke Gerking (Schriftführerin), Petra Alexandra Buhl (Beisitzerin), Hilde Weeg (Beisitzerin)
Foto: Burgel Langer

Manchmal kümmert frau sich ja um die eigenen Angelegenheiten zuetzt: Deswegen hier ein bisschen verspätet vom Watch-Salon einen ganz herzlichen Glückwunsch an den zu zwei Dritteln erneuerten Vorstand des Journalistinnenbundes. Seit der Jahrestagung in Weimar leitet ein neues Team den JB - unter der bewährten Führung von Eva Kohlrusch und Rosemarie Mieder. 

Dienstag, 9. Juni 2009

Herrenlose Damenschuhe...

Auf deutschen Autobahnen finde man immer wieder herrenlose Schuhe, stellt Arda Cankara (dpa) in der StZ am 09.06.09 fest. Zahlreiche Blogger stellten deshalb die Frage, wie diese dahingekommen seien.
Verschiedene Theorien werden aufgelistet. Unter anderem verwirrte Fußgänger, leichtsinnige Beisitzer, die ihre Füße aus dem Fenster hängen und die Schuhe im Fahrtwind verlieren oder ähnliche Konstellationen.
Interessant jedoch ist, dass in Rheinland-Pfalz nach Angabe des Landesbetriebs Mobilität (LBM) jährlich bis zu 30 Schuhe aus dem Verkehr gezogen würden.
“Bei längeren Fahrten tragen Damen gerne bequeme Schuhe, beim Gang in die Raststätte wird das Schuhwerk gewechselt und vor Wiederantritt der Fahrt auf dem Autodach zwischengelagert“
,erklärt Henning Kraus vom Landesbetrieb Mobilität das Phänomen verloren gegangener Damenschuhe auf der Autobahn. LKW-Fahrer hingegen stellten Schuhe beim Wechseln aufs Trittbrett und vergessen sie beim Losfahren. Der erste falle schon nach kurzer Strecke auf die Fahrbahn, der zweite meist ein paar Kilometer weiter.
Natürlich gehen nicht nur Schuhe verloren. Selbst ein Lama und ein Känguru. Der Informatiker Robert Heret und sein Kollege Samater Liban führen auf ihrer Internetseite ladungsverlust.de Buch darüber, was alles auf (hessischen) Autobahnen verloren geht, bzw. wann. Demnach gehen donnerstags die meisten Dinge verloren, sonntags die wenigsten.
Allerdings wurde nirgends erwähnt, ob die Gefahr, dass Schuhe verloren gehen, da sie auf dem Dach abgestellt werden, bei Cabrio-Fahrten geringer ist, bzw., ob dies ggf. wetterabhängig ist. Diese Phänomene sind aber auch unter juristischen Aspekten interessant. In Einzelfällen müsste geprüft werden, ob nach § 985 Abs.1 BGB ein Eigentumserwerb an beweglichen herrenlosen Sachen erfolgt. Dies hängt lt. § 959 BGB wiederum davon ab, ob der Eigentümer in der Absicht handelte, auf das Eigentum zu verzichten und den Besitz am Schuh aufgab. Und prinzipiell müsste die Person, die die verlorene Sache (also die Schuhe) findet und an sich nimmt, dies lt. § 965 BGB dem Verlierer oder Eigentümer oder sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich anzeigen. Sollte man die Empfangsberechtigten nicht kennen, was in solchen Fällen anzunehmen ist, da sich eventuelle Augenzeugen das das PKW-Kennzeichen nicht notiert haben, müssten sie den Fund und die Umstände, die für die Ermittlung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der zuständigen Behörde anzeigen. Aber gem. § 965 II 2 BGB entfällt dieses Problem, wenn die Sache nicht mehr als zehn Euro wert ist. Tipp: Schuhrechnungen über zehn Euro aufbewahren.

Sonntag, 7. Juni 2009

Rollentausch

von Judith Rauch

Hier eine gute Nachricht von mir: Als ich am Donnerstag früh mit der Lufthansa von Stuttgart nach Mailand flog, war der Pilot eine Frau (sie hieß mit Vornamen Carina, das habe ich mir merken können), die beiden Flugbegleiterinnen waren dagegen Männer und sehr nett. 

Eine solche Situation hätte ich mir nicht träumen lassen, als ich noch Schülerin war und über Berufsmöglichkeiten nachdachte. Und als ich in den späten 1980er/frühen 1990er-Jahren bei Emma arbeitete - wo wir für Frauen in Männerberufen und Männer in Frauenberufen kämpften - erschien das auch noch weit weg. 

Die Tagung, die ich in Mailand besuchte, beschäftigte sich übrigens mit Science Centern und Wissenschaftsmuseen. In dieser Sparte sind Männer und Frauen gut vertreten, es waren zahlreiche Direktorinnen da. Sehr gut gefallen hat mir Svantje Schumann, die Leiterin des Science House in Rust. Sie macht erfolgreiche Lehrerfortbildungen - und, da Nachfrage besteht, sogar Elternfortbildungen in Sachen Naturwissenschaft. Auch eine gute Nachricht, finde ich.

Freitag, 5. Juni 2009

Ost-West-Knigge, Ladies-first-Sorglospaket und sonstige Sorgen...

“Wann werden wir die Teilung in Sachen gutes Benehmen überwinden?“, will die BZ in ihrer Ausgabe vom 4.06.09 wissen. Ansich eine interessante Frage. Schließlich steht „Was uns eint, was uns trennt“ auch auf der Tagesordnung der 22. Jahrestagung auf Schloss Ettersburg in Weimar. ““So wie sich Frauen dagegen wehrten, dass Männer jahrhundertelang die eigene Geschichte für die allgemeingültige ausgaben, hören wir heute Stimmen von Ost-Kolleginnen: „Wir haben es satt, uns von euch erzählen zu lassen, wer wir waren und wer wir sind.““, betont Eva Kohlrusch im Vorwort der Einladung.
In eine ganz andere Richtung antwortet der von der BZ befragte Hans-Michael Klein, seines Zeichens Vorsitzender der Deutschen Knigge-Gesellschaft mit Sitz auf Schloss Eringerfeld im nordrhein-westfälischen Geseke. Dieser will nicht nur an der Wortwahl, sondern auch am Styling erkennen, ob er einen Ossi oder einen Wessi vor sich hat. Demnach trägt der Ossi immer noch gern Sakkos mit vier Knöpfen und Krawattennadel.
Das geht leider gar nicht. In Sachen Mode sind die Wessis immer noch tonangebend. Das Rheinland liegt nun mal näher an Mailand als Dresden.
Das klingt aber zumindest zwischen den Zeilen besserwisserisch nach „Besserwessi“.Doch nicht nur das. Insbesondere beim Thema "Frauen und Emanzipation" weht in ganz Deutschland ein schärferer Wind. Klein will ein, so seine Bezeichnung, „Ladys-first-Sorglospaket“ abschaffen.
Der Mann muss den Stuhl zurechtrücken, die Tür aufhalten und im Straßenverkehr rechts gehen, damit im Zweifel er überfahren wird. Das ist mit der Emanzipation nicht zu vereinbaren.
Frauen scheinen quasi dann gleichberechtigt sein zu dürfen, wenn es für Männer vorteilhaft ist. Denn kaum eine Frau hat etwas dagegen, wenn Mann höflich, zuvorkommend und aufmerksam ist. Schließlich erhebt sie sich auch bei Tisch, wenn eine weitere Person hinzu kommt. (Vor und nach 1789 ff. blieben Frauen sitzen und nur Männer erhoben sich. Dies gehört heute der Vergangenheit an.) Aber er rechnet auch mit Nord-Süd ab:
Der Bayer lässt auch nichts zu, was über seinen Weißwurstäquator hinausgeht.
So unmondän ist Bayern nun auch wieder nicht. Abgesehen davon, dass auf internationaler Ebene Schloss Neuschwanstein auf den Top-Ten der Small-Talk-Themen "about dood old Germany" steht, ist Schloss Eringerfeld weniger bekannt. Dann schon eher Goethe, Weimar und die Ettersburg.
1776 ernannte Herzog Carl August von Sachsen-Weimar Knigge zum weimarischen Kammerherrn, wo er laut Wikipedia "als gern gesehener Kurzweilmacher viel am dortigen Hofe verkehrte". - Und Weimar liegt rund 800 km von Milano entfernt, Geseke hingegen über 900 km.

Montag, 1. Juni 2009

Goo(d)gle News?

Wenn wahr wird, was Google da vor wenigen Tagen präsentierte, dann surfen wir bald alle auf einer neuen Welle: Google wave. Die neue Software, die es vorerst nur für Auserwählte aber bald für alle geben soll, ist quasi E-Mail 2.0. Damit kann man in Gruppen mailen, chatten, bloggen gemeinsam an Dokumenten arbeiten oder Fotoalben erstellen - und das alles in Echtzeit. Wer später in die Diskussion einsteigt, sieht trotzdem alles, was bisher gelaufen ist. Neu bei Google: Wave soll ein offener Standard sein. Der Code ist als "Open Source" offen zugänglich für Programmierer. Und die Anwendung kann kostenfrei in eigene Programme und Dienste, sogar auf eigenen Servern, eingebunden werden. Noch befindet sich der Dienst in der Probephase. Aber die Entwickler haben auch schon Google Maps erfolgreich auf den Weg gebracht. 
Keine der Anwendungen ist eine Revolution. Aber ihre Kombination bedeutet für 08/15-User eine gute Nachricht: Das virtuelle Leben wird einfacher. Denn damit kann dann jede/r ein Wiki, einen Chat oder eine virtuelles Büro betreiben ohne sich durch einen Dschungel von Programmen, PlugIns oder Widgets zu kämpfen. Vielleicht bekommt man als Journalistin dann sogar wieder mehr Zeit für Inhalte? 
Eines ist aber auch klar: Wenn es funktioniert, wird Google wieder etwas mächtiger. Unklar ist dagegen: Wie sieht es dann mit dem Schutz und der Sicherheit der Daten aus?