Mittwoch, 29. September 2010

Who makes the news?

Ein GMMP-Team 2009 in Botswana Foto: whomakesthenews.org

Wer macht die Nachrichten - who makes the news? Dieser Frage gehen seit 1995 Frauen aus aller Welt mit dem Global-Media-Monitoring-Project (GMMP) nach. Denn die Vermutung lag und liegt nahe, dass weder ausgewogen über Frauen berichtet wird, noch es genügend Berichterstatterinnen in den Medien gibt. Am Stichtag, dem 10. November 2009, beobachteten zahlreiche Frauen in 108 Ländern zum vierten Mal die Medien. Für Deutschland hatte wieder der Journalistinnenbund mit Birgitta M. Schulte und Marlies Hesse die Federführung übernommen. Einige Wochen zuvor wurden wir Kodiererinnen in Frankfurt von Annika Noffke geschult. Gerade für die Anfängerinnen unter uns ist beim Ausfüllen der weltweit einheitlichen Fragebögen  einiges an Finessen zu beachten. Alles über den GMMP 2010 (und früher) ist taufrisch auf der Seite der World Association for Christian Communication (WACC) nachzulesen, auch der Bericht über Deutschland.

Chefvolkswirt liebt starke Männer

Unter dem Altherren-Titel
"Deutschland wird wieder zum starken Mann Europas"
erschien am 27. September im Handelsblatt ein Beitrag des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Thomas Mayer. Ob ihm der folgende offene Brief wohl zu denken gibt?
Sehr geehrter Herr Mayer, 
warum reden Sie im Zeitalter der Gleichberechtigung von Deutschland als dem „starken Mann"? Sie ignorieren damit alle Frauen und deren Leistungen für den Wohlstand. Sie verletzen unser Selbstwertgefühl. Mit dieser Überschrift erwecken Sie bei mir den Eindruck, dass die Wirtschaft für Sie ausschließlich eine Männerwelt ist. Ist sie das wirklich? Auf mein Unternehmen trifft dasjedenfalls nicht zu. Dort sind 40 Prozent der Spitzenpositionen im Management in Frauenhand. Ihre frei gewählte Überschrift ist für mich persönlich ein weiterer Beweis dafür, dass Deutschland für die weibliche Präsenz im Spitzenmanagement gesetzliche Zielvorgaben braucht. 
Prof. Dr. Ulrike Detmers, Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafterin der Mestemacher-Gruppe

Donnerstag, 23. September 2010

Willkommen im Bundesrätinnen-Rat!

Was für ein Tag! 40 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz auf Bundesebene (und 20 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts im Kanton Appenzell Innerrhoden) wird das Land der Eidgenossinnen und Eidgenossen seit gestern erstmals von 4 Bundesrätinnen und 3 Bundesräten regiert: Simonetta Sommaruga wurde gestern in den Schweizer Bundesrat gewählt. Ebenfalls neu dazu kommt Johann Schneider-Ammann, der sich im vierten Wahlgang nur knapp gegen Kandidatin Karin Keller-Sutter durchsetzen konnte - und somit eine fünfte Bundesrätin verhinderte.
Nichtsdestotrotz: Der Watch-Salon gratuliert und ruft "Hopp Schwiz!"

Dienstag, 21. September 2010

Eine Frau läuft Amok

Der Amoklauf von Lörrach beschäftigt derzeit Medien und Gesellschaft. Das Besondere: Die gewalttätige Person war eine Frau. Ein Artikel auf Spiegel online befasst sich mit der Frage, warum so wenig Frauen töten und in welchen persönlichen Situationen. Der Essener Kriminalpsychologe Christian Lüdke äußert sich in dem Text dazu: 
"Die innere Widerstandsfähigkeit, die Fähigkeit, mit Enttäuschungen und Kränkungen umzugehen, ist bei Frauen wesentlich höher entwickelt. Das heißt, Männer sind bei Beziehungsproblemen, bei Konflikten und Krisen wesentlich verletzlicher und verletzbarer, als Frauen das sind." Von daher neigten Männer eher dazu, ihre Aggressionen in Gewalt umzuwandeln, "weil die Gewaltausübung ihr Gefühl von Ohnmacht in ein kurzzeitiges Erleben von Allmacht wandelt."
Spannend wäre es gewesen, hätte die Autorin zu diesem Thema noch eine erklärte Feministin befragt. Wie so oft findet sich auch in diesem Artikel ein Überhang der zitierten (männlichen) Experten. Die allerdings weisen zumindest ein gewisses Geschlechterrollenbewusstsein auf. Nachdenkenswert.

Mehr Stil beim Anti-Atom-Protest

Große Leistung, dass beim ersten Aufruf gleich 40.000 Leute jeden Alters am Samstag in Berlin gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke protestierten. Plakate wie "Angie in die Asse" - ganz witzig. Aber alle Medien stürzten sich auf ein anderes: Angela Merkel mit ihrem Bayreuth-Dekolleté, die Stola schwarz-rot-gold übermalt, darüber die Headline "Die Deutsche Atom-Nutte". Tja, Leute, hättet Ihr damals auch geschrieben, Kohl/Stoiber/Schmidt - die alten Atom-Luden?
http://twitpic.com/2pohyk

Sonntag, 19. September 2010

Hyperlokal und experimentierfreudig

von Judith Rauch

Zurück vom Freischreiber-Zukunftskongress in Hamburg. Genereller Eindruck: Die Stimmung ist gut, die Zukunft offen. Die neuen Geschäftsmodelle sind noch recht vage oder bringen noch wenig ein. Die alten Helden der New Economy wie Peter Kabel (Kabel New Media, insolvent 2001) treten nur noch als "Gespenst" aus der "Geisterbahn" in Erscheinung. Zu den neuen Heldinnen zählt beispielsweise Katharina Borchert, die von der Bloggerin zur Geschäftsführerin von Spiegel online aufgestiegen ist. Aber auch sie musste sich vorhalten lassen, wie mager die Honorare für freie Mitarbeiter bei dem erfolgreichen Verlags-Portal ausfallen.

Erfrischend dagegen die Berichte von JournalistInnen, die ohne Verlag im Rücken Bücher, Podcasts, Meldungen oder Meinungen veröffentlichen, nach dem Motto der Veranstaltung "Mach´s dir selbst". Die Medienjournalistin Ulrike Langer mit ihrem Blog medialdigital beispielsweise oder die Politik- und Wirtschaftsjournalistin Margaret Heckel mit gleich zwei Blogs. Alles noch begeisterungsgetragen und nicht kostendeckend. Aber so hat Katharina Borchert auch mal angefangen, wie sie (etwas wehmütig?) berichtete.

Mittwoch, 15. September 2010

Der eigene Name: Nicht nur Schall und Rauch

von Judith Rauch

Unter dem Titel "Warum Frauen ihren Mädchennamen behalten sollten" berichtet "Psychologie heute" im Oktoberheft über eine holländische Untersuchung. Die SozialpsychologInnen stellten nicht nur fest, dass es reale Unterschiede zwischen Frauen gibt, die bei der Eheschließung ihren Namen wechseln und solchen, die ihn behalten: vor allem bei der politischen Einstellung und beim Einkommen. Es gibt auch Image-Unterschiede: Frauen, die ihren Mädchennamen behalten, wurden im Gegensatz zu Namenswechslerinnen und Doppelnamen-Trägerinnen von einer Gruppe Studierender als "intelligent, unabhängig, selbstbewusst und emanzipiert" angesehen.

"Ihnen wurde zugetraut, auch ohne Mann im Leben zurechtzukommen und gut zu verdienen (auf ein Arbeitsleben hochgerechnet, verdienen sie geschätzte 361.708,20 Euro mehr)."
Da sehen Sie mal, Frau Schröder, was Sie von Ihrer Umbenennung haben!

[Update 22.12.2013: Wie inzwischen bekannt wurde, war diese Studie ebenso wie weitere Untersuchungen des Psychologen Diederik Stapel gefälscht. Der Watch-Salon entschuldigt sich für die unfreiwillige Fehlinformation.] 

Montag, 13. September 2010

Machtfrage Change

 "Machtfrage Change - Warum Veränderungsprojekte meist auf Führungsebene scheitern und wie Sie es besser machen", lautet der etwas langatmige Buchtitel von Torsten Oltmanns und Daniel Nemeyer, erschienen im Campus-Verlag. Doch ein Blick ins Buch lohnt sich - insbesondere dann, wenn es um die Themen Führungskräfte in internen Machtkämpfen geht. Schließlich ist genau dies ein Problem, das insbesondere Frauen belastet. Und zwar seit vielen Jahren.

Donnerstag, 9. September 2010

Bild, Schwarzer, Kachelmann

von Judith Rauch

Alice Schwarzer kommentiert in Bild den Kachelmann-Prozess. Und, um es gleich zu sagen: Ich finde das gut.

Erstens aus inhaltlichen Gründen: Es ist nötig, dass in diesem Prozess, in dem die Medien-Sympathien in Richtung des der "schweren Vergewaltigung" beschuldigten TV-Moderators gekippt sind, auch die Perspektive der Nebenklägerin durch eine starke Stimme repräsentiert wird. Denn noch steht Aussage gegen Aussage, gibt es keine neuen Erkenntnisse, die zu einer Vorverturteilung oder einer Vorabfreisprechung des Beklagten taugen.

Zweitens aus journalistischen Gründen: Es hat Tradition und es ist sinnvoll, dass MeinungsmacherInnen aus langsamen Medien - etwa (Chef-)RedakteurInnen von Monatszeitschriften - schnellere Medien für ihre Beiträge zu aktuellen Debatten nutzen. Von Alice Schwarzer konnte man in dieser Hinsicht schon immer viel lernen. Natürlich hat sie in der Vergangenheit bevorzugt seriöse Blätter wie Spiegel, Zeit und FAZ für ihre aktuellen Kommentare genutzt. Die Zusammenarbeit mit Bild ist neu. Aber da es hier um einen TV-Prominenten geht und um eine Geschichte, die das Volk bewegt, ist die Wahl des Mediums plausibel. Wo sonst bekommt eine feministische Position so viel Aufmerksamkeit?

Frauen bleiben geistig länger fit

Dies stellten Ronald Petersen und Kollegen von der Mayo Clinic in Rochester in ihrer aktuellen Studie fest. Demnach lässt das Gedächtnis- und Denkvermögen im Alter bei Männern häufiger nach als bei Frauen. Männer hatten mehr Gedächtnisprobleme oder Schwierigkeiten mit logischem Denken. Allerdings seien weitere Untersuchungen notwendig, um gesundheitliche und geschlechterspezifische Zusammenhänge zu erforschen. Die Forscher werden in zahlreichen deutschen Medien zitiert und kommentiert.

Montag, 6. September 2010

"Danke, liebe Freundin!" – Marlies Hesses Abschied als jb-Geschäftsführerin

 Marlies Hesse, Ex-Geschäftsführerin des Journalistinnenbundes / Foto: Heidrun Wulf-Frick

Nein, rührselig wollte keine sein. Und doch, als gefühlte 1000 bunte Herzchen auf Marlies Hesse herabrieselten, mehr als 80 große Herzen geschwenkt und dabei ein auf sie gedichtetes Abschiedslied gesungen wurde - da floss doch so manche Träne auf der Jahrestagung des Journalistinnenbundes am vergangenen Wochenende. Marlies Hesse ist nicht mehr Geschäftsführerin des JB!?! Unvorstellbar. Der JB, ohne sie - droht das Aus? Als sie ihren Rücktritt vor einiger Zeit ankündigte, konnte keine der Kolleginnen wirklich realisieren, wie das Loch, das sie ganz hinterlassen würde, gefüllt werden sollte. Denn in den 17 Jahren ihrer Tätigkeit als hauptamtlicher Geschäftsführerin wurde sie (unter anderem) zum Gedächtnis des JB.