Dienstag, 30. November 2010

Scheinheilige Besorgnis

von Judith Rauch

Die Zeitungen kommentieren um die Wette, welcher Schaden der Welt entstanden ist durch die jüngsten Veröffentlichungen diplomatischer Depeschen durch Wikileaks und die kooperierenden Medien "Spiegel", "Guardian", "New York Times", "Le Monde" und "El Pais".

Gleichzeitig zitieren sie genüsslich die Passagen über die "Teflon"-Kanzlerin Angela Merkel, den "aggressiven" Außenminister Guido Westerwelle, den "Alpha-Rüden" Wladimir Putin und nennen die Namen sämtlicher arabischer Potentaten, die in Geheimgesprächen eine Bombardierung des Iran gefordert haben.

Ist das nicht ein wenig bigott, wie sich unsere KollegInnen da verhalten?

Freitag, 26. November 2010

Gewalt an Frauen kein Thema?

Gestern war der Internationale Tag gegen Gewalt an, beziehungsweise gegen Frauen. Die Vereinten Nationen haben diesen Tag 1999 ins Leben gerufen.
"Hintergrund des Aktionstags ist die Verschleppung, Vergewaltigung und Ermordung der Schwestern Mirabal im Jahre 1960 in der Dominikanischen Republik. Die Schwestern waren Gegnerinnen des Diktators Trujillo und wurden von dessen Soldaten entführt. "
schreibt zum Beispiel das Frauen-Online-Magazin Aviva Berlin . Bereits seit 1981 engagieren sich insbeondere Frauen an diesem Tag zum Thema Gewalt gegen Frauen. In vielen deutschen Städten fanden auch gestern wieder Aktionen statt. Doch wie berichteten in den letzten Tagen bis heute die großen Medien?

Donnerstag, 25. November 2010

Männerbünde, entzaubert

von Judith Rauch

In einem lesenswerten Artikel erzählt Markus Feldenkirchen im aktuellen "Spiegel" die Geschichte des Andenpakts, jenes Bündnisses ehrgeiziger CDU-Männer aus dem Westen, das einst als unüberwindlicher Gegner Angela Merkels galt und das sich jetzt - völlig entmachtet - selbst aufgelöst hat. Von Christian Wulff bis Roland Koch, von Friedrich Merz bis Günther Oettinger gehörten viele Prominente dazu. Und sie haben fast alle mit dem Reporter über den ach so geheimen Geheimbund geplaudert, wenn man dem "Spiegel" glauben darf. Wenn auch meist mit der thrillertauglichen Schlussbemerkung: "Dieses Gespräch hat offiziell nicht stattgefunden."

Was auffällt, ist, wie ungeniert diese groß gewordenen Jungs von "Mutti" reden, wenn von Angela Merkel die Rede ist. Was weiterhin auffällt, ist, welche taktischen Fehler die Gruppe gemacht hat: Warum mussten sie die Frau aus dem Osten, deren Karriere sie doch verhindern wollten, denn in ihre Runde einladen? Sollte das eine Imponiergeste sein? Gar eine Drohung? Jedenfalls wusste die Parteivorsitzende fortan, wer ihre Gegner waren, und konnte sie Schritt für Schritt beiseite räumen. Als guter Reporter geht Markus Feldenkirchen respektvoll mit all seinen Protagonisten um, auch mit Angela Merkel, die er im Regierungsflieger zum Reden bringt. Man merkt aber, dass er sich zwischen den Zeilen das Lachen nicht verkneifen kann.

Montag, 15. November 2010

Schröder, Schwarzer, Merkel: Aspekte des Feminismus

Die ZDF-aspekte-Sendung finde ich meist geistreich, manchmal originell und oft anregend. Am Freitag um 23 Uhr ist das eine Leistung - nicht von mir, sondern vom Programm, das mich am Ende einer Arbeitswoche davon abhält, auf dem Kuschelsofa einzudösen. Am vergangenen Freitag hat mich die Sendung sogar aus den Polstern gerüttelt, mit dem Beitrag "Bild dir eine Meinung: Ist Alice Schwarzer ein Problem für den Feminismus?". (Aus rechtlichen Gründen leider nicht in der Mediathek anzusehen.)

Weil die Emma-Chefin in einem Offenen Brief mit Frauenministerin Schröder abgerechnet hatte, rechnete die aspekte-Redaktion nun ihrerseits mit der "Steinzeit-Feministin" (Zitat aus der Moderation) ab - und zwar gründlich.


Sonntag, 14. November 2010

Charlottes Tattoo und Christian

Danke, Charlotte Roche, für ein Lachen am Sonntagmorgen.
Hat unser Bürgerschreck doch Bundespräsident Christian Wulff angeboten, mit ihm ins Bett zu gehen, wenn er die Unterschrift unter das Gesetz zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten verweigert. Sie erhöht ihr Lock-Angebot sogar noch mit der (sicher gehauchten) Aussage "Ich habe auch Tattoos".
Das hat schon fast Schlingensief-Witz.
Konsequenz zeigt Charlotte Roche auf ihrer Homepage. Da steht nichts mehr drauf als ein Hinweis auf ihr Lieblingsbuch "Uns gehört die Welt" und ein fetter Button, der zu den Atomkraftgegnern führt.

Freitag, 12. November 2010

Geschlechtslose Kriminalitäts-Studie

Foto: OpenPhoto

Unter der griffigen Zusammenfassung: "Bessere Bildung führt zu deutlich weniger Verbrechen in Deutschland" stellte die Bertelsmann-Stiftung gestern eine Kriminalitäts-Studie vor. Demnach hätten im vergangenen Jahr 416 Morde, 13.000 Raubüberfälle und mehr als 318.000 Diebstähle in Deutschland verhindert werden können, wenn es uns gelungen wäre, die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss zu halbieren.

Ohne die einzelnen Rückschlüsse  zu kommentieren, fällt bei dieser Studie etwas Verblüffendes auf. Beharrlich wird über 84 Seiten von "jungen Menschen" und "Jugendlichen" gesprochen, die Worte "Mädchen" "Jungen" "junge Männer" oder "Frauen" kommen im Text nicht vor bzw. nur an nicht relevanter Stelle. Soll das nun ein Zeichen für politische Korrektheit sein, dass wir nirgendwo lesen, dass der  Anteil
der Frauen in deutschen Gefängnissen fünf Prozent
beträgt und Mädchen öfter den Hauptschulabschluss schaffen als Jungen?

Donnerstag, 11. November 2010

UN Women: Iran muss draußen bleiben, Saudi-Arabien ist drin

Menschenrechts-AktivistInnen haben gejubelt: Bei der Wahl des Leitungsgremiums zur neuen Frauenorganisation der Vereinten Nationen, UN Women, ist der Iran überraschend gescheitert. Die Länder im Wirtschafts- und Sozialrat (Ecosoc) konnten sich bei der Wahl gegen Teheran entscheiden, weil im letzten Moment Osttimor kandidierte. Damit gab es elf Bewerber um die zehn Sitze Asiens in dem 41-köpfigen Gremium. Und der Iran erhielt die wenigsten Stimmen. Dennoch reden bei UN Women Länder mit, die Frauen diskriminieren oder tatenlos zusehen, wenn sie verfolgt werden.

Twitter-Ministerin Kristina Schröder?

von Judith Rauch

Alle Welt diskutiert über Kristina Schröders Spiegel-Interview zum Feminismus, aber bisher war es noch nicht online zu lesen. Das ist jetzt anders, wie wir auf Schröders Twitter-Account erfahren, wo sie charmanterweise noch Köhler heißt.

Interessanterweise scheint sie diesen Twitter-Account (falls es nicht eine SEHR gut gemachte Fälschung ist) von vier Quellen aus zu beschicken: iPad, Blackberry, Web und Echofon. Echofon! Davon habe ich ja noch nie gehört. Also, diese Ministerin scheint sich mit den neuen Medien auszukennen. Besser als mit dem Feminismus und den Frauen. Wie wär´s mal mit einem Ressortwechsel?

Mittwoch, 3. November 2010

Agentur für Rednerinnen

von Judith Rauch

Wie ich meinem geliebten Schwäbischen Tagblatt entnehmen konnte, gibt es jetzt in München eine Agentur für weibliche Referenten, die "Women Speaker Foundation". Managerin Regina Mehler möchte mehr Frauen auf Tagungen sehen und hören (wir auch!).

Und auch bei dieser Diagnose können wir Frau Mehler zustimmen:

"Frauen wollen erst alles 1000-prozentig wissen, bevor sie sich vorne hinstellen und einen Vortrag halten. Männer gehen auch ans Rednerpult, wenn sie nur 70 Prozent wissen - tun dann aber so, als wüssten sie 150 Prozent."
Dabei sei eines doch vorrangig wichtig für eine gute Rede: "Die Leidenschaft für ein Thema".