Karikatur aus "Weibsbilder": Barbara Henniger |
Karikatur: Lucille Clerk |
Dass man die nicht so recht im Blick hat, zeigt das Beispiel der französischen Zeichnerin Lucille Clerc. Ihre ebenso elegante wie passgenaue Antwort auf den Anschlag in Paris traf den Nerv der Europäer und wurde in Windeseile über die sozialen Netzwerke verbreitet. Leider unter falschem Namen, da das Bild versehentlich dem berühmten Banksy zugeordnet wurde. Als man das korrigierte, hielten einige Medien dann Clerc auch noch für einen Mann. Immerhin wurde der Tweet der in London arbeitenden Grafik-Designerin danach noch 14.000 mal weitergereicht.
Eine, die sich seit langem in der Karikaturszene bewegt, ist die politische Zeichnerin Barbara Henniger. Am Tag ihrer Geburt in Dresden, dem 9. November 1938, brannten in Deutschland die Synagogen, an ihrem 51. Geburtstag fiel die Mauer. Genug Gründe, ein kritischer politischer Geist zu werden. Henniger wuchs in der DDR auf, brach ihr Architekturstudium erfolgreich ab, wie sie sagt, arbeitete danach als Journalistin und widmete sich ab den siebziger Jahren ganz der Karikatur. Sie gilt als unbequeme, geradlinige Künstlerin, die keine Unverbindlichkeiten mag und dafür mit diversen Preisen ausgezeichnet wurde.
Am Telefon fallen ihr auf Anhieb erst mal ein paar gute männliche Zeichner ein, die regelmäßig für deutsche Zeitungen arbeiten. Dann aber lobt sie ihre Kollegin Amelie Glienke, genannt HOGLI, mit der Henniger eine große Ausstellung zum Thema "Weibsbilder" in Potsdam gemacht hat. Und natürlich die kürzlich gestorbene Marie Marcks ("ich war meine eigene Frauenbewegung"), die wunderbare Franziska Becker (allein ihre Kopftuch-Bilder), Katharina Greve (u.a. Titanic) und die mit bösem Humor gesegnete Kitti Hawk.
Barbara Henniger - Selbstporträt |
Henniger würde Mohammed nicht zeichnen. "Religiöse Gefühle sollte man respektieren". Und der zeichnerische Stil bei Charlie Hebdo? Den hält sie für "gewöhnungsbedürftig". "Die Physiognomien sind mir mit ihren Verzerrungen über Nase und Körper zu monoton. Wir möchten doch hinter der Zeichnung noch den Künstler sehen." Leider seien politische Karikaturen insgesamt auf dem Rückzug und müssten oft "kasperlhaften Comics" Platz machen. Vieles ist ihr zu simpel oder auch "zu sehr unter der Gürtellinie".
Frauen hätten oft einen anderen Ansatz, meint sie, auch wenn sie einen "typisch weiblichen" Humor oder Federstrich nicht bestätigen möchte. Das Vorurteil "Frauen können keine politische Karikatur" sei in den Redaktionen allerdings weit verbreitet. So sehr, dass sie - die sich nach alter DDR-Sitte ohnehin schon immer "Karikaturist" ohne -in nennt - ihre Werke seit der Wiedervereinigung nur noch mit ihrem Nachnamen "Henniger" unterzeichnet.
Linktipp: Interview mit Jana Sinram zum Karikaturenstreit
Dank an Barbara Henniger für die freundliche Überlassung ihrer Karikaturen!
Die Zeichnerin heißt kittihawk. kittyhawk mit y ist das Pseudonym einer Filmkritikerin, die seit langen Jahren für die Siegessäule schreibt.
AntwortenLöschenVielen Dank, Elke Koepping, für den Hinweis. Der Link war richtig, das Y falsch. Hab es schon geändert.
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