Donnerstag, 17. Januar 2013

Sexismus, parteiübergreifend

Nicht nur Piraten gucken schräg. Bild: Pixabay


von Judith Rauch

Annett Meiritz hat ausgepackt. In einem Spiegel-Artikel, der jetzt auch online zu lesen ist, beklagt sich die Spiegel-online-Redakteurin darüber, was sie sich bei der Berichterstattung über Berliner und Brüsseler Politiker so alles gefallen lassen muss. Piraten zum Beispiel haben ihr ein Verhältnis mit einem eigenen Parteimitglied angedichtet und die Journalistin als "Prostituierte" verunglimpft - das alles öffentlich per Twitter und an die Geschmähte mitadressiert.

Aber es sind nicht nur die Piraten. Sexisten gibt es auch in anderen Parteien.

O-Ton Annett Meiritz:
"Schön ist es nicht, wenn mich ein amtierender Bundesminister zur Begrüßung extrafest an die Taille packt. Oder wenn, wie es eine Volontärin erlebte, ein Spitzenpolitiker nach einem Arbeitsessen 'Ich vermisse deine Nähe' simst. Es fühlt sich nicht gut an, wenn mir ein Europaparlamentarier im Vorbeigehen eine Visitenkarte in die Hand drückt, sein Gesicht nah heranschiebt und murmelt: 'Sie können sich immer melden. Egal, worum es geht.'"
Die junge Kollegin fühlt sich nicht zu Unrecht an Zustände erinnert, wie sie Ursula Kosser in ihrem Buch "Hammelsprünge" für die 1980er- und 1990-er Jahre, damals noch in Bonn, beschrieben hat. Neu ist, dass sich eine Journalistin traut zurückzuschlagen und die Heinis auch mit Indiskretionen anzugreifen.

So erfahren wir zum Beispiel, dass sich Ausnahme-Pirat Alexander Morlang, den ich hier schon einmal öffentlich gelobt habe, nicht immer so vornehm ausdrückt. Wenn er nicht gerade vom Spiegel interviewt wird, benutzt er für verflossene Freundinnen Ausdrücke, die ich hier nicht wiederholen will. Aber auch das ist ja bei Annett Meiritz nachzulesen.

5 Kommentare

  1. Sicherlich sind die hier genannten Annäherungsversuche deutlich unangebracht. Ab wann eine schreckliche Anmache Sexismus ist, darüber kann man diskutieren. Aber genau daraus ergibt sich ein Problem für den modernen Mann, dem feministische Positionen nicht unbekannt sind und der kein Sexist sein möchte: Wie nähert man sich denn jetzt einer Frau eigentlich richtig? Was nicht erwünscht ist, ist klar. Aber was ist denn jetzt erwünscht? Leider hat sich da nämlich etwas Wesentliches kaum geändert: Der Mann muss auf die Frau zugehen, anders herum findet es so gut wie nie statt. Nur wie das geht, darüber macht sich Ratlosigkeit breit. Zumindest in akademischen Kreisen, da wo mehr gedacht als gemacht wird. ;-)

    Ein Spruch wie ".... immer melden, Egal worum es geht", den empfinde ich als Mann vor allem als plump und hilflos, fast schon bemitleidenswert schrecklich.

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  2. Hier geht es doch weniger um plumpe und schlecht rübergebrachte Anmach-Sprüche als mehr um Ort und Zeit. In professionellen Zusammenhängen möchten arbeitende Frauen eben überhaupt nicht angemacht werden, weder auf die sexistische Tour noch sonst irgendwie. Da ist Höflichkeit, Respekt und Sachlichkeit gefordert. Es muss möglich sein, als Frau wahrgenommen zu werden, ohne gleich als potentielles Sexual-Objekt angemacht zu werden. Es geht der Kollegin um die Anerkennung und Beachtung dieser Grenze, nicht um mehr männliche Eleganz und Geschicklichkeit beim Flirt.
    Um solche aber zu erreichen, darf man(n) nach Feierabend und in privaten Zusammenhängen gerne fleißig üben. Mein persönlicher Tipp: auch hier sind Höflichkeit und Respekt immer Trumpf. Aufmerksam zuhören und nicht nur von sich selber erzählen dürfte mehr bringen als dumme Sprüche.

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  3. Naja, warum sollte man nicht auch bei der Arbeit jemand zeigen können, dass man sie oder ihn interessant findet und sich vorstellen könnte, sich mal über die Arbeit hinaus kennen zu lernen? Ist es schlimm, auch als Frau oder Mann und nicht nur als Arbeitender wahrgenommen zu werden, solange diese Wahrnehmung nicht primär und bestimmend ist? (Letzteres ist vermutlich das Gefühl bei plumper Anmache: Der will ja eh nur mit mir PIEEP, schnell weg.)

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  4. Auf Augenhöhe oder auf Brusthöhe? Auch der Stern macht Sexismus in der Politik zum Thema.

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  5. Antje Schrupp bloggt zum #Aufschrei der belästigten Journalistinnen: "Wie Lappalien relevant werden".

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