Montag, 17. November 2014

Als Frau in der Gaming-Industrie? "Ein Traumjob!"

Julia Hiltscher, langjährige Gamerin, arbeitet bei einer Kölner eSports-Firma. Foto: Darya Gulyamova

Sie trat als erste Frau bei den World Cyber Games an – und wurde direkt deutsche Vizemeisterin. Ohne Frage, für Julia Hiltscher sind Videospiele eine Leidenschaft. Was sie tut, ist für sie ein „Traumjob“, der Hobby und Beruf vereint. Der Watch-Salon sprach mit der eSportlerin, die auch JB-Mitglied ist.

Wenn Hiltscher über eSports spricht, kommt sie fast ins Schwärmen: Wie beim Profisport oder Weltklasse-Schachturnieren kämen hier nur die besten SpielerInnen zusammen, um sich zu messen. Am Ende gewinnt, wer die schlauesten Züge macht und dabei die Nerven behält. Damit die Turniere reibungslos und ohne Betrug ablaufen, werden Firmen wie die, bei der Hiltscher arbeitet, angeheuert. Unwillkommen gefühlt hat Hiltscher sich in dieser „Männerdomäne“ nie, obwohl Frauen nach wie vor sehr selten sind. „Man bekommt zu spüren, dass man etwas Besonderes ist, weil die Leute nicht damit rechnen. Ich werde oft  gefragt, wie ich dazu gekommen bin. Aber ich bin nie weggestoßen worden.“

Gaming hat für sie immer schon dazu gehört: 1989, als nur wenige deutsche Haushalte einen privaten Computer besaßen, hatten ihre Eltern schon einen für die Buchhaltung angeschafft. Hiltscher, die damals sechs war, und ihr jüngerer Bruder durften jedoch, wann immer die Eltern es nicht brauchten, mit dem teuren Gerät spielen. Bald schon bekamen beide Geschwister einen eigenen Computer. Sie brachten sich die Grundzüge des Programmierens bei und spielten Computerspiele der ersten Generation wie Monkey Island.

Die Arena des eSports-Turniers The International 2014 in Seattle
CC BY 2.0 Jakob Wells
Das Hobby blieb Teil ihres Lebens: Als sie dreizehn war, begleitete ihr Vater sie erstmals auf eine größere LAN-Party in Bremen, wo sie die Möglichkeit hatte, sich mit mehr Gleichgesinnten zu vernetzen. Durch ihr ehrenamtliches Engagement lernte sie andere Gamer in ganz Deutschland und darüber hinaus kennen und hatte bis zum Abitur über 300 LAN-Partys mitorganisiert. Über diese Kontakte kam sie zum Profi-Gaming, also Spielen unter Turnierbedingungen, auch eSports genannt. Bei den World Cyber Games auf der CEBIT 2004 in Hannover wurde sie deutsche Vizemeisterin, als erste Frau, die überhaupt am Turnier teilgenommen hatte. Die Möglichkeit, zur Endausscheidung nach Amerika zu fliegen, schlug die damals 21-Jährige aber aus, und wechselte in die Betreuung ähnlicher Turniere bei der Kölner Firma Turtle Entertainment.
 
Sie spielt auch immer noch selbst gern. Neben der Herausforderung, sich online verschiedenen Gegnern zu stellen, fasziniert sie besonders die Möglichkeit, neue Leute kennen zu lernen. So hat sie schon einige echte Online-Freundschaften geschlossen. Den Sexismus der männlichen Spieler, den viele Gamerinnen beklagen, musste sie dabei selten erleben: „Ich habe ja wirklich schon mit sehr vielen Leuten sehr viele verschiedene Sachen gespielt und dabei auch schon jede Menge nette Leute im Internet kennen gelernt. Normalerweise suchen die Gamer auf solchen Foren einfach gute und zuverlässige Mitspieler für ihr Team. Da wird nicht hinterfragt, ob du eine Frau bist.“

Mehr von Julia Hiltscher und der Gamer-Szene: In Teil 2 unserer Miniserie geht es um die Frage, warum es in der Videospiel-Community so wenig Frauen gibt, in Teil 3 um sexistische Entgleisungen und ob sie Teil der Gamer-Kultur sind. 

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