Donnerstag, 19. Juni 2008

Mit Maus und Mäusen fit für die Online-Zukunft - Jahrestagung des JB

Zugegeben, ein wenig gegensätzlich sind die Themen Online-Zukunft und Porzellan schon. Für die 50 Journalistinnen, die vom 31. Mai bis 1. Juni an der 21. Jahrestagung des Journalistinnenbundes (JB) teilnahmen, hätte das Porzellanikon in Selb, Europas größtes Spezialmuseum für Porzellan, aber kaum ein stilvollerer Ort sein können, sich mit den neuen Medien und ihre Wirkung auf den Journalismus zu beschäftigen. Motto der Tagung lautet: „Maus und Mäuse“ – fit für die Online-Zukunft werden. Inmitten von kostbaren Porzellan, an einem Ort, an dem Zukunft, Gegenwart und Moderne aufeinander treffen, setzen sich die Medienfrauen vor allem mit der Ausdifferenzierung des Berufsfeldes auseinander.

Von Fachjournalismus bis Videoclip

In ihrem Gastvortrag referierte Beatrice Dernbach, Professorin an der Hochschule Bremen im Internationalen Studiengang Fachjournalistik, über das Phänomen des Fachjournalismus. Die Kommunikationswissenschaftlerin hat beobachtet, dass der Markt für Fachzeitschriften und –medien in den letzten Jahren stark gewachsen ist und dass auch die Zahl der Medienschaffenden, die sich als Fachjournalisten bezeichnen, zugenommen hat. Nicht zuletzt auch durch Online-Medien, die das Publizieren beispielsweise eines Special-Interest-Magazins vereinfacht haben. Für Dernbach steht fest: Fachjournalistin ist, wer Sachkompetenz mitbringt und über journalistische Vermittlungskompetenz verfügt. Diese Definition sorgte für Diskussionsbedarf, ebenso wie die Frage nach der engen Verknüpfung zwischen PR und Journalismus, die sich im Fachjournalismus noch viel dringlicher stellt.Gabi Dewald, Pressesprecherin des Porzellanikon und Ausrichterin der Jahrestagung, konnte hier als Beispiel auftreten. Sie gilt als Fachjournalistin für Porzellan – und referierte in ihrer spannenden Keynote über dessen Entstehungsgeschichte.

Von der Theorie zur Praxis...

Weniger zerbrechlich und historisch, dafür praxisnah und zukunftsorientiert ging es in de Workshops zu. Die beiden Fernsehjournalistinnen Angelika Knop und Barbara Weidmann-Lainer gaben an beiden Tagen einen Videoworkshop für Online-Journalistinnen. Unter dem Motto „Hauptsache es zappelt?“ lernten die Teilnehmerinnen, wie man internetfähige Clips für Online-Portale dreht. Mit kleinen Camcorden bewaffnet, filmten die Videofrauen die Tagung – und stellten sogar einen fertig-produzierten Clip her. Fazit: Zwar ist die Nachfrage nach Self-Made-VJs bei den großen Medienunternehmen derzeit noch nicht so groß, aber für kleinere Portale, Vereine, Verbände und Unternehmen lohnt sich die Produktion von internetfähigen Beiträgen fürs Web. Für die Zukunft, so sind sich die Workshopleiterinnen einig, werde der Bedarf an ausgebildeten Journalistinnen, die auch als VJs Clips fürs Netz drehen können, definitiv steigen.

Online-Kompetenz wird immer wichtiger

In zwei anderen Workshops beschäftigten sich die Journalistinnen mit den Tricks und Kniffen der richtigen, gezielten Online-Recherche. Die Recherchetrainerin Bettina Blass zeigte den Frauen, welche Informationen man finden kann, von denen man gar nicht glaubt, dass diese über das Netz bequem recherchierbar sind. In einem weiteren Workshop erklärte die RBB-Online-Journalistin Frauke Langguth alles über das sogenannte „Web 2.0“, dem Internet. Was ist ein Blog, was ist ein Wiki und wie erstelle ich einen Podcast? Am Ende gab es ein Aufatmen bei den älteren Kolleginnen – eigentlich haben sich die journalistischen Darstellungsformen kaum verändert, sie sind nur angepasst an das Internet – und das kriegt man auch noch in den Griff. So zerbrechlich wie das feine Porzellan in Selb ist es ja nicht.

Heike Mundzeck geehrt...

Am Abend gab es dann die feierliche Verleihung der Hedwig-Dohm-Urkunde, die in diesem Jahr an die Hamburger Film- und Fernsehautorin Heike Mundzeck für ihr Lebenswerk ging. Im vergangenen Jahr erregte sie Aufsehen mit ihrer ARTE-Dokumentation „Die Sache – Feldzug gegen ein Tabu“. Darin begleitete sie Rüdiger Nehberg und Annette Weber bei ihrer Aufklärungskampagne gegen Genitalverstümmelung in islamischen Gesellschaften. „Heike Mundzeck hat damit Frauen in einer globalisierten Welt Aufklärung und Unterstützung vermittelt“, befand die Jury.

... und junge Journalistinnen ausgezeichnet

Der Nachwuchspreis „Andere Worte, neue Töne“ wurde durch den Journalistinnenbund gleich dreimal verliehen – in diesem Jahr an Kolleginnen im Printbereich. Susanne Krieg (GEO) erhielt ihn für ihre Reportage „Braut wider Willen“ über Zwangsheiraten in Afrika und Asien, Anita Blasberg (ZEIT Magazin) für ihren Bericht „Ich habe vor niemandem Angst“ über eine gewalttätige 14-Jährige und die beiden Autorinnen Miriam Opresnik und Özlem Topcu (Hamburger Abendblatt) über ein Dossier zum Thema „Hauptschüler und Migrant: Welche Chancen hast Du dann?“

Am Ende blieb bei den Tagungsteilnehmerinnen nur ein Wunsch: Noch einmal wiederkommen nach Selb, denn zum Porzellan kaufen blieb bei dem vollen Programm leider zu wenig Zeit.


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