Collage M. Köster |
Im Frühjahr 2012 fand man bei der Auflösung einer Wohnung in Hessen drei Babyleichen. Reflexartig dreht sich alles um die 40jährige Mutter. Der "Stern" fragt aufgeregt: "Hat niemand bemerkt, dass da eine Nachbarin schwanger war, und hat sich keiner gefragt, wo nach einer Entbindung die Babys sind?" Naheliegender wäre doch die Frage nach dem Ehemann, dem Lebensgefährten, demjenigen, der dort wohnte oder ein und ausging.
Ganz ähnlich die Denkllinie im Fall der Mutter der neun toten Babys von Brieskow-Finkenheerd in Brandenburg, die 2008 in zweiter Instanz zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde. Warum saß damals Oliver H., der Vater der toten Kinder, nicht ebenfalls auf der Anklagebank? Staatsanwältin Bargenda hatte in ihrem Plädoyer von "serienhaftem" Handeln der Frau gesprochen. Von serienmäßigem Schwängern der Frau war keine Rede. Es reichte, dass der Ehemann behauptete, von n e u n Schwangerschaften und Geburten nichts bemerkt zu haben. Er blieb von der Strafverfolgung verschont.
Heute gab es eine weitere einseitige Gerichtsentscheidung in Berlin. Eine 41jährige Frau, die ihr Neugeborenes aus dem Fenster geworfen hatte, wurde zu 4 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt. Während sie erstens das Kind gebar (das schon mal schmerzhafte und laute 12 Stunden dauern kann), zweitens das Bad putzte und drittens ihr Kind in den Abgrund stieß, habe Ihr Lebensgefährte "am Computer gespielt", heißt es. Dem Gericht zufolge gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mann bei der Tötung des Kindes "eine Rolle spielte".
Die Begründung des Gerichts erschreckt durch ihre banale Rhetorik: Die Frau sei keine 16 mehr. Außerdem habe sie mit ihrem Mann schon zweimal Söhne bekommen, die sie nicht gewollt habe, "und das auch geregelt bekommen". Beide Jungen hatte sie jeweils nach der Geburt zur Adoption freigegeben. Die letzte Schwangerschaft, so heißt es, habe die Angeklagte vor ihrem Mann, 44 Jahre alt, verheimlicht (das lesen wir immer wieder, wie geht das eigentlich mit einem 9-Monats-Bauch?) - weil dieser keine Kinder wollte...
Als einzige der zahlreich berichtenden Medien hängt die Berliner Zeitung an dieser Stelle den Satz an: "Ob ihn der Zustand von Ines T. sonderlich interessiert hat, war nicht Gegenstand des Verfahrens."
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