Dienstag, 20. November 2012

Der Sohn im OP-Saal - oder: die Geschichte, die mich überzeugt hat

Bild: Thibosco17, CC-BY-ND
Ein Vater fährt mit seinem Sohn zum Fußballspiel, doch mitten auf einem Bahnübergang bleibt ihr Wagen stehen. In der Ferne hört man schon den Zug pfeifen, verzweifelt versucht der Vater, den Motor anzulassen, aber vor Aufregung schafft er es nicht. Das Auto wird vom Zug erfasst. Ein Rettungswagen jagt zum Unfallort und holt die beiden ab, doch der Vater stirbt noch auf der Fahrt ins Krankenhaus. Der Sohn lebt, muss aber sofort operiert werden. Er wird in den OP-Saal gefahren, wo schon die diensthabenden Chirurgen warten. Als sie sich jedoch über den Jungen beugen, sagt jemand vom Chirurgenteam mit erschrockener Stimme: "Ich kann nicht operieren - das ist mein Sohn!"
Wie kann der Vater tot sein und doch im OP stehen? - Aber wer sagt denn Vater... Es ist natürlich die Mutter, die eine der Chirurgen ist.

Vor vielen Jahren hatte ich diese Geschichte irgendwo im Netz gesehen. Jetzt habe ich wieder danach gegooglet und sie an verschiedenen Stellen unter der Überschrift "Logikrätsel" oder "lustige Stories" wiedergefunden. Um Logik geht es hier allerdings nicht, nur um eingefahrene Sprachmuster. Und sicherlich ist die Auflösung der Geschichte überraschend, aber lustig? Mir blieb das Lachen ein wenig im Hals stecken. Statt dessen hat mich die Erzählung auf einen Schlag überzeugt, dass eine gendergerechte Sprache wichtig und nötig ist.

Heute fiel mir die Geschichte vom Sohn im OP-Saal wieder ein, denn für diese Woche haben Anke Domscheit-Berg und Jasna Lisha Strick auf Twitter die Woche des generischen Femininums ausgerufen - die #inWoche. Nun soll konsequent von Politikerinnen, Geschäftsfrauen und ja, auch Verbrecherinnen die Rede sein. Wo angebracht, dürfen die männlichen Politikerinnen erwähnt werden. Und weil mit dem richtigen Dreh gendergerechte Sprache eben doch lustig wird, vergessen wir auch nicht den Schraubenvater.

3 Kommentare

  1. ja, und den Gebärvater und den Vaterkuchen ... Irgendwo is aber mal Schluss mit Gender, und da fängt das biologische Geschlecht an.

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    1. Wenn mit einer Gruppe von Menschen alle biologischen Geschlechter gemeint sind (männliche und weibliche Chirurgen), dann sollte man sie nach Ihrer Logik ja auch benennen, oder? Oder haben Sie nur ein Problem damit, wenn Sie mit der weiblichen Bezeichnung konfrontiert sind? Schon mal dran gedacht, dass es Frauen ANDAUERND so geht?

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  2. Bereits 2012 haben wir im Watch-Salon ein Auge auf die Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache geworfen. 2017 hat der Journalistinnenbund begonnen, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und hat nach dieser Vorbereitungsphase 2019 das Webportal Genderleicht.de ins Leben gerufen: "Gendern im Journalismus - so geht's". Mehr dazu: www.genderleicht.de

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