Die ProQuote-Vorstandsfrauen (v.l.) Annette Bruhns, Helene Endres, Dagmar Engel, Kathrin Buchner (r.) auf der Geburtstagsfeier in Hamburg |
Seit einem Jahr steht die Forderung nicht nur im Raum sondern auf Papier: Mindestens 30% Frauen auf allen Hierarchieebenen in deutschen Medien bis 2017! Der offene Brief und später die Gründung von ProQuote als Verein schlugen mächtig Wellen. Mehr als 4.000 KollegInnen haben mittlerweile unterschrieben, ein Viertel der AdressatInnen geantwortet. Ist ProQuote damit auf der Erfolgsspur? Das haben wir Vorstandsfrau Kathrin Buchner gefragt.
"Uns für blöd verkaufen zu wollen, geht gar nicht."
Kathrin Buchner ist Online-Teamleiterin bei On3, dem Jugendprogramm des Bayerischen Rundfunks. Als Mitglied der Münchner Regionalgruppe vom Journalistinnenbund hat sie vergangenes Jahr das Programm unserer Jubiläumstagung mit organisiert. Bei Pro Quote engagiert sie sich als eine von neun Vorstandsfrauen. Und sie meint, das Engagement hat sich gelohnt.
Ein Jahr ist schnell vorüber. Was habt ihr erreicht?
Ganz konkret den ersten Durchbruch: Mehr als 30 Prozent weibliche Führungsbeteiligung bei der "Zeit". Dafür haben wir Chefredakteur Giovanni di Lorenzo den Goldenen Hahn verliehen, den er auf der Party persönlich entgegen genommen hat. Außerdem haben wir massiv Aufmerksamkeit auf das Thema "mehr weibliche Medienmacht" gebracht und die Chefredakteure spüren lassen, dass sie unter Beobachtung stehen, sich für Personalentscheidungen auch rechtfertigen müssen. Das schärft ihren Blick für eine veränderte Auswahl. Neben einzelnem lauten Protest (Besetzung von Jurys und Podien, Direktorenbesetzung beim SWR, "Männerquote" beim NDR) haben wir auch dafür gesorgt, dass tatsächlich mehr Chefposten weiblich besetzt wurden.
Was hat dich in diesem Jahr am meisten gefreut?
Kein einzelner Vorfall, sondern die Summe der einzelnen Teile. Dass Themen unter einem veränderten Blickwinkel wahrgenommen werden z. B. Umgangsformen zwischen Medien-und Politikvertretern. Dass kompetente Frauen auf einmal anders wahrgenommen werden. Und dass es was bringt, sich zu verbünden und gemeinsam Ziele durchzukämpfen. Diese tolle Solidarität und auch die spannenden Diskussionen mit Frauen, nicht nur bei ProQuote, auch in anderen weiblichen Netzwerken, hat mich persönlich sehr inspiriert.
Und was hat dich am meisten geärgert?
Wirklich frappierend finde ich, dass manch Chefredakteur nackte Zahlen einfach negiert und nicht verstehen will, dass wir alle Hierarchien und nur die Posten mit publizistischer Macht zählen. Mangelnde Selbsterkenntnis macht mich rasend. Klar gibt es Zwänge, warum manche Dinge so sind wie sie sind, aber uns für blöd verkaufen zu wollen, geht gar nicht.
Wie war die Stimmung auf eurer Party zum Einjährigen?
Die Stimmung war ausgelassen und positiv. Es war sehr voll, weit über 200 Gäste haben lange gefeiert. Ursula von der Leyen hat wieder ein Grusswort gesprochen, ist mit ihrem Mann bis nach Mitternacht geblieben und war zugänglich für viele viele Anfragen - in Sachen Quote gab es die parteiübergreifende Allianz zwischen von der Leyen und Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek. Es waren etliche Männer da, viele junge Kolleginnen und bekannte Gesichter wie Caren Miosga, Gabi Bauer, Inka Schneider, Ines Pohl, Thomas Osterkorn...Auch etliche Frauen von anderen Netzwerken waren da. Die Preisverleihung hat Zapp-Chefin Annette Leiterer sehr kurzweilig moderiert, es wurde viel gelacht. Und es wurden gute Gespräche geführt, das hat mich besonders gefreut. Wir haben ein gutes Dutzend neuer Mitglieder gewonnen.
Kleiner Wermutstropfen: Wir hätten auf mehr Spenden gehofft. Ziel ist es, eine Honorarkraft für die immer mehr werdenden Anfragen etc. beschäftigen zu können, um unsere Lobbyarbeit noch effizienter durchführen zu können.
Ihr seid mit dem Verspechen angetreten, euch nach fünf Jahren aufzulösen, weil ihr eure Ziele dann erreicht habt. Ist das noch realistisch?
Ihr seid mit dem Verspechen angetreten, euch nach fünf Jahren aufzulösen, weil ihr eure Ziele dann erreicht habt. Ist das noch realistisch?
Diese Frage hat Annette Leiterer auch an die Partygäste gestellt und sie aufgefordert, laut zu pfeifen, klatschen, johlen, wenn sie daran glauben, dass wir es schaffen - und, was soll ich sagen, der Lärm war ohrenbetäubend. Wir schaffen das!
Anfangs gab es im JB Irritationen: Wozu brauchen wir noch eine Frauenorganisation in der Branche? Jetzt gibt es Kooperationen. Was haben wir uns gegenseitig zu bieten?
Unser Ziel ist sehr spitz auf die 30 Prozent konzentriert. Der JB bietet viel mehr Plattform für Vernetzung, Zwischenmenschliches, Fortbildung und kann nach 2017 auch eine neue Heimat für Ex-Quotildas bieten. Wir befruchten und unterstützen uns gegenseitig.
ProQuote:
Am 26. Februar 2012 schrieben 350 Journalistinnen einen offenen Brief an Chefredakteure, Intendanten und Herausgeber. Die Forderung: Mindestens 30% Frauen auf allen Führungsebenen in allen deutschen Medien. Im Juni desselbenJahres gründeten die Unterzeichnerinnen dann den Verein ProQuote. Er soll sich wieder auflösen, wenn das Ziel erreicht ist. Auf der Party zum einjährigen Bestehen gab es neben dem goldenen “Hahn im Korb” für Giovanni Di Lorenzo auch ein “Hasenherz” für Peter Boudgoust, den Intendanten des Südwestrundfunks und einen Sonderpreis für Frank Schirrmacher, Herausgeber der FAZ. Mehr dazu bei ProQuote.
Bei der Party wäre ich gern dabei gewesen!
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