Montag, 26. Oktober 2015

Media Women Connect rockt die Münchner Medientage ------------------------ Weniger nachdenken! Mehr Karriere!


von links: Alexandra Borchardt, Sissi Pitzer, Alexandra Föderl-Schmidt, Kathrin Buchner (Puls-BR), Bettina Bäumlisberger.
Fotos und Collage: M. Köster

"Soll ich mich für das Foto lieber hinter oder neben Sie stellen?" Diese Frage eines verunsicherten Chefredakteurs amüsierte die Besucherinnen des ersten "Media Women Connect" auf den "Münchner Medientagen" 2015. Sie wussten auch alle gleich, was damit gemeint war. Viele der immer noch männlichen Chefredakteure oder Programm-Macher fördern inzwischen durchaus Frauen, weil sie an sie glauben (oder auch von den schlechten Zahlen getrieben sind), aber wie sie so richtig mit ihnen umgehen sollen, wissen sie oft nicht. Im schlechtesten Fall kommt dann der ebenfalls überlieferte Spruch: "Wir müssen aber aufpassen, dass wir uns nicht zu viel Frauenpower hier reinholen". Wir aber glauben, dass die Herren das schaffen, und empfehlen den Einkauf einer gehörigen Portion weiblicher Power.


Acht Frauennetzwerke* aus den Medien hatten sich nach harter Debatte mit den Münchner Medientagen im letzten Jahr (siehe Medientage-Männertage) auf ein eigenes Aktionsforum "Media Women Connect" im Messebereich geeinigt. Von neun Uhr bis zur Après Fair am Abend gab es am 22. Oktober Diskussionen, Vorträge und Coaching zu Jobs, Aufstieg und Geld, zu Quoten, der gläsernen Decke und wie frau sie überwindet. So unterhielten sich u.a. die beiden Vorstandsfrauen, Rebecca Beerheide vom Journalistinnenbund und Katja Riedel von Pro Quote miteinander und fanden ein schönes Bild für ihre Aufgabenverteilung: "Pro Quote macht Kampagnen, der Journalistinnenbund die Langstrecke." Film-Produzentin Uschi Reich erinnerte daran, dass mit ihr schon 1979 der "Verband der Filmarbeiterinnen" gegründet wurde, der eine Quote - hört, hört - von 50 Prozent forderte. Rückenstärkend wirkten die humorvollen Überlebenstipps in einer männlich dominierten Branche von Dr. Birgit Spanner-Ulmer, Produktions- und Technik-Direktorin beim Bayerischen Rundfunk.


"Frauen kopfen zu viel" - Einfach mal loslegen



Alexandra Borchardt, Chefin vom Dienst bei der "Süddeutschen Zeitung", will als Leiterin des neuen Wirtschaftshefts "Plan W" Frauen wie Männern mehr Lust auf Diversity machen. "Wir haben Plan W für Frauen entwickelt, weil die üblichen männerlastigen Wirtschaftsmagazine ungern von Frauen gelesen werden, das Heft ist für die Süddeutsche aber auch wirtschaftlich interessant." Man zeige spannende Karrieren von Frauen, bereite die Beiträge anders auf, "ja, die ganze Temperatur ist anders".

Zwei Chefredakteurinnen, Alexandra Föderl-Schmid vom österreichischen "Standard" und Bettina Bäumlisberger vom "Münchner Merkur" verglichen den jeweiligen Weg "von A nach D" - analog nach digital. Föderl-Schmid konnte schon bei Jobantritt 2007 auf eine gewachsene Online-Redaktion zurückgreifen. "Wir waren die erste Zeitung im deutschen Sprachraum, die Online-Angebote bereit gestellt hat." Heute arbeiteten Print und online längst Hand in Hand. "Mental ist es manchmal schwierig, aber wir lernen wechselseitig voneinander. Unsere Abos steigen ebenso wie unsere online-Nutzung." Bäumlisberger ist erst seit eineinhalb Jahren Chefin beim Merkur und arbeitet noch hart an den Strukturen. "Aber unsere Chefs sind sehr offen und immerhin gibt es schon zwei Ressortleiterinnen." Der Standard bringt es derweil schon auf vorbildliche 50:50 auf der Führungsebene. Föderl-Schmid gibt noch die Erkenntnis diverser Führungsfrauen weiter: "Frauen kopfen zu viel" - einfach Karriere machen.

Juliane Leopold,  Chefin bei Buzzfeed Deutschland und Vorzeige-Feministin der Branche, brachte ein Jobangebot mit: "Wir haben ebenfalls eine 50:50 Quote bei BuzzFeed, und ja, bewerben Sie sich. Wir können noch ein paar gute Frauen brauchen." Leopold war gleich auf mehreren Podien gefragt:


Eine schöne Seilschaft. Foto: Medientage München

 

Worüber auf den Medientagen sonst noch so diskutiert wurde:



  • Warum stellt Google 150 Millionen Euro für eine "Digital News Initiative" zur Verfügung? Man sei nur Technologielieferant, möchte den digitalen Journalismus in Deutschland fördern und nicht in die Medienwelt eingreifen, sagte der Google-Vertreter. Es geht um Innovationen, Produktentwicklung oder Ausbildung. Etliche Zeitungen haben schon ihr Interesse angemeldet, angeblich haben auch Blogger eine Chance auf Zuwendungen. Die FAZ, die auch dabei ist, ließ verlauten "Wir werden uns deshalb aber nicht mit Google ins Bett legen."
  •  Facebook Instant Articles: Artikel aus Zeitungen werden dort nicht mehr nur als Link erscheinen, sondern gleich als vollständiger Beitrag. Spart Ladezeit und hält die Nutzer auf Facebook. Bild, Spiegel Online und Zeit Online machen schon mit, die FAZ ist skeptisch und will die Menschen weiter an die eigene Website binden. Auch Alexandra Föderl-Schmid lehnt für den "Standard“ ab. "Wir verdienen mit Online-Werbung Geld und werden das Tier, das uns bedroht, nicht noch füttern.“
  • Aus der  Keynote Miriam Meckels, Chefredakteurin der Wirtschaftswoche: Sie hält nichts von der "Aktion gegen Werbeblocker im Onlinemarkt" (Menschen, die so genannte Ad-Blocker installiert haben, um gezielt Werbung auszuschalten, werden zunehmend von Medien wie "Bild" am Besuchen ihrer Seite gehindert). "Die Nutzer sind genervt von einem Werbe-Bombardement." Da helfe nur ruhigere und intelligentere Werbung. Auch die Idee der "Instant Articles" und zunehmend von Algorithmen produzierte Texte sieht sie kritisch: "Wir sind nicht die Resterampe der digitalen Zerstreuung".


***

*Wir schließen uns dem Dank an die acht Netzwerke an, danken ebenso den Münchner Medientagen für ihre Unterstützung und möchten im nächsten Jahr vom Aktionsforum auf die großen Podien umziehen:




Kommentare

  1. A propos Xing - ich hatte in der Diskussion (nach Belinde Ruth Stieves Vortrag, der auf Xing verwies, um Expertinnen zu finden) die Macke der Xing-Suche erwähnt. Hier der Blogeintrag zum Gender-Fluch der Datenbank (bitte runterscrollen zu dieser Zwischenüberschrift), der leider immer noch aktuell ist:

    http://ebookautorin.de/twitter-xing-facebook-autoren/

    Auf Facebook steht es auch, hat aber nur eine geteilt:
    https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1636168099968447&id=100007258189394&pnref=story

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