Mittwoch, 22. März 2017

Die vielseitige Freie – Fünf Fragen an Tina Srowig

von Eva Hehemann


Der Journalistinnenbund feiert sein 30jähriges Jubiläum, vom 30. Juni bis 2. Juli 2017 am Gründungsort Frankfurt. Bis dahin stellt der Watch-Salon mit der Interviewserie "Fünf Fragen" in lockerer Folge ganz unterschiedliche Kolleginnen des jb vor, um die Vielfalt unseres Bündnisses und der jeweiligen journalistischen Arbeit zu zeigen. 

Tina Srowig, freie Autorin u.a. für Frau tv / Foto: Jan Knoff


Für das Studium nach Melbourne, für Recherchen nach Abu Dhabi und Sambia, freie Mitarbeit für dpa in Cork/Irland: Tina Srowig, 30, zieht es zwar in die Ferne, das Volontariat aber hat die Westfälin beim Heimatsender in Köln absolviert, mit einer Station im WDR-Studio Bielefeld. Schon während der Ausbildungsphase kam sie zum jb und erklärte sich bald mutig bereit, von mir das Amt der Regionalgruppen-Sprecherin in Köln-Bonn zu übernehmen. Seither haben wir viele Veranstaltungen gemeinsam organisiert und arbeiten in der Struktur-AG zusammen. Mir gefällt ihre pragmatische Art, die Dinge in die Hand zu nehmen.


Du bist als Mentee zum jb gekommen; was hat dir das Mentoring gebracht?


Das Mentoring hat mir dabei geholfen, mir über meine nächsten Ziele als Journalistin und in meiner beruflichen Laufbahn klar zu werden, Prioritäten zu setzen. Ich habe viele verschiedene Interessen, die aber manchmal nicht miteinander zu kombinieren sind. Beim WDR gibt es beispielsweise eine recht strikte Trennung zwischen festangestellten Redakteuren und freiberuflichen Autoren, die die Beiträge machen. Beide Aufgaben finde ich spannend, aber beides gleichzeitig zu machen ist natürlich nicht möglich. Derzeit arbeite ich als Autorin, was mir sehr viel Spaß macht, weil ich es genieße, rausgehen zu können, mit Menschen in Kontakt zu kommen und ihre Geschichten erzählen zu können.


Offensichtlich ist dir eine hochwertige Ausbildung sehr wichtig. Haben dir deine Stipendien und das Volontariat beim WDR ein gutes Netzwerk eröffnet?


Ich habe mich als Studentin bei der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung beworben, weil mich das Programm überzeugt hat. Wir haben dort eine breite und praxisnahe journalistische Ausbildung bekommen und hatten tolle Trainer. Vor allem habe ich dort aber auch sehr gute Freunde kennengelernt. Viele der damaligen Stipendiaten sind Journalisten geworden und so bildet man nach und nach natürlich ein breites Netzwerk. 

Ähnlich habe ich das als WDR-Volontärin erlebt; entscheidend bei der Bewerbung war für mich die Qualität der Ausbildung. Aber richtig begeistert hat mich eigentlich, dass wir unter den Volontären so ein tolles Team waren und dass wir im WDR so viel ausprobieren durften. Es macht einfach Spaß, mit Menschen zu arbeiten, die sich genauso für Dinge begeistern können wie man selbst. Netzwerken ist natürlich sehr wichtig in diesem Job, aber zwanghaft funktioniert das nicht – jedenfalls nicht für mich. Zum Glück ist es ja eine kommunikative Branche, sodass ich das Netzwerken als nicht so schwer empfinde.


Als Freie scheinst du genügend Aufträge zu haben. Was ist dein Erfolgsrezept?


Ich arbeite gerade gleichzeitig an Sendungen über Malaria, Strauße – die Vögel – und Meeresströmungen  – das macht unheimlich viel Spaß, weil es so vielfältig ist. Das mache ich für die Wissenssendung „Xenius“ auf ARTE. Das ist eine tolle Sendung, weil man dort fast alle Wissensthemen unterbringen kann, die einem einfallen. Dann interessiere ich mich sehr für frauenpolitische Themen, die ich bei Frau tv umsetzen kann. Sozialpolitische Themen bearbeite ich für die Radiosendung Politikum auf WDR5.

Mein Volontariat beim WDR spielt eine große Rolle. Durch die unterschiedlichen Stationen während der Ausbildung konnte ich viele Redaktionen kennenlernen und dort Kontakte knüpfen. Ich habe auch den Eindruck, dass das Volontariat wie eine Art Gütesiegel wirkt, das ist natürlich von Vorteil. Wenn der Kontakt erst einmal besteht, gilt das Gleiche wie überall: qualitativ gute Arbeit, ein freundlicher Umgang mit allen Beteiligten, Zuverlässigkeit, Gewissenhaftigkeit, das Einhalten von Deadlines – das sind alles Faktoren, die aus meiner Sicht eine gute Zusammenarbeit ausmachen und dazu führen, dass man weitere Aufträge bekommt.

Tina Srowig


freie Autorin für WDR: Frau tv,
Politikum; Arte: Xenius

Branche: Fernsehen und Radio
Beruf: Journalistin
Standort: Regionalgruppe Köln-Bonn-Düsseldorf
jb-Engagement: Mentoring-AG, Struktur-AG, Regionalgruppe


Wie wird deiner Meinung nach die journalistische Arbeit in zehn Jahren aussehen? Was sollten Freiberuflerinnen mitbringen, um für diese Zukunft gerüstet zu sein?


Oh, das ist schwer zu sagen. Gewisse Tendenzen lassen sich ja schon ablesen: Das digitale und das nicht-lineare wird an Bedeutung gewinnen. Ich denke, man muss lernen, sich immer schneller auf vielfältige Ausspielwege und Plattformen einzustellen, auf denen wir Zuschauer/Zuhörer/Leser erreichen. Auch die Art der Erzählung wird sich wahrscheinlich schneller verändern als bisher: Wie konsumieren Menschen Medien, was interessiert sie, wie erzählen wir Geschichten so, dass es die Zuschauer fesselt? Diese Fragen werden wir uns viel stärker stellen müssen als bisher. Ich denke, Freiberufleren werden weiterhin flexibel sein müssen. Und sie sollten neben gutem Handwerk auch die klassischen Fähigkeiten mitbringen, die ich eben schon genannt habe: Zuverlässigkeit, gute Recherche, die Fähigkeit, Informationen verständlich aufzubereiten, ein Händchen für Protagonisten.


Du bist Mitglied im jb und arbeitest für Frau tv – wie wichtig ist dir der Feminismus?


Feminismus ist mir sehr wichtig. Die Arbeit bei Frau tv und im Journalistinnenbund haben mir geholfen, bestimmte Problemlagen noch deutlicher zu erkennen. Ich schaue zum Beispiel viel sensibler fern: Sehe ich eine Talkrunde, zähle ich als erstes die männlichen und die weiblichen Gäste. Meistens ist das enttäuschend. Da ich für Frau tv arbeite, weiß ich, dass es hervorragende Frauen als Expertinnen gibt. Man muss sie nur suchen und finden wollen. Gleichzeitig müssen die Frauen sich aber auch trauen und an ihre Fähigkeiten glauben. 

Es fällt natürlich auch auf, wie wenige Kamerafrauen es gibt. Das liegt nicht an mangelndem Talent. Ich frage mich, ob Frauen in dem Bereich wirklich ausreichend gefördert und ermutigt werden. Die Bezahlung ist natürlich auch sehr wichtig. Nicht nur für Frauen. Ich finde, dass guter Journalismus generell gut bezahlt werden muss, um unsere Unabhängigkeit zu garantieren. Gute Recherche muss sich lohnen.


Schön, dich im jb dabei zu haben, Tina!

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In dieser Serie erschien bereits:

Die forschende Blattmacherin - Fünf Fragen an Barbara Nazarewska
Die schreibende Psychologin - Fünf Fragen an Nele Langosch
Die Neue im Team - Fünf Fragen an Eva Hehemann
Die Gründerinnen des Medienlabors - Fünf Fragen an Helga Kirchner und Sibylle Plogstedt

Weitere interessante Kolleginnen im Journalistinnenbund finden sich in der Expertinnendatenbank.

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