von Luise Loges
Der Journalistinnenbund feiert sein 30jähriges Jubiläum, vom 30. Juni bis 2. Juli 2017 am Gründungsort Frankfurt. Bis dahin stellt der Watch-Salon mit der Interviewserie "Fünf Fragen" in lockerer Folge ganz unterschiedliche Kolleginnen des jb vor, um die Vielfalt unseres Bündnisses und der jeweiligen journalistischen Arbeit zu zeigen.
Jasmin Lakatos bevorzugt ihre Flexibilität als Freie anstelle der Abhängigkeit in einer Redaktion. / Foto: privat |
Jasmin Lakatos - Rufname Mimi - hatte eigentlich nie explizit den Wunsch in der Medienbranche zu arbeiten. Sie studierte Politikwissenschaft und European Studies und fand erst danach den Weg in den Journalismus. Über das Mentoring-Programm kam sie zum jb. Wir waren Mentees im gleichen Jahrgang und hatten sofort ein Gesprächsthema: Wie man als Freie und Berufsanfängerin auf eigenen Beinen steht. Heute arbeitet sie erfolgreich als freie Autorin und Fernsehjournalistin für verschiedene Sender und Produktionsfirmen. Sie lebt in Leipzig, aber das ländliche Serbien ist ihre zweite Heimat.
Wie bist du vom Politikstudium in Berlin zum Fernsehen gekommen?
Nach meinem Master hat mir eine Bekannte empfohlen, ein Praktikum bei der Produktionsfirma Strandgutmedia zu machen. Ich stellte dort fest, dass es mir Spaß macht, gesellschaftspolitische Themen kreativ in ein visuelles Medium umzusetzen. Bei Strandgut habe ich die Möglichkeit genutzt, den klassischen Weg zu gehen: Zuerst habe ich ein Volontariat angeschlossen, dann wurde ich als Jugendredakteurin übernommen. Was mir dort gut gefallen hat, war, dass ich an vielen verschiedenen Formaten mitwirkte. Aber schließlich habe ich die Firma verlassen, um einen Job als Regieassistentin bei einer Constantin-Film-Produktion zu übernehmen. Ich bin sozusagen flügge geworden.
Nach dem Job beim Kino hast du ein Jahr in Serbien verbracht, der Heimat deines Vaters. Wie hat dich diese Auszeit geprägt?
Zu der Zeit hatte ich sechs Jahre in Berlin gelebt und brauchte Veränderung. Ich wollte - ganz pur - das Leben auf dem Balkan kennenlernen und meiner eigenen Bikulturalität nachfühlen. Ich habe hier in Deutschland immer das Gefühl gehabt, dass eine Seite meines Herzens nicht ganz ausgefüllt wird. Es war tatsächlich eine Art Auszeit, obwohl ich dort auch ein Kunstprojekt für die NGO Forum Ziviler Friedensdienst konzipiert und organisiert habe. Hauptsächlich habe ich aber ein sehr einfaches Leben geführt, meine Kenntnisse der serbischen Sprache vertieft, das Haus meiner Großmutter renoviert und von meiner Nachbarin die Gemüsebeetpflege erlernt.
Dieses Erlebnis hat mir die Menschen im ländlichen Serbien unheimlich nahe gebracht. Damals habe ich meinen Blog (heute Portfolio) eingerichtet, weil ich festgestellt habe, dass viele Deutsche überhaupt keine Vorstellung vom Balkan haben. Ich sehe es ein bisschen als meinen Auftrag, Vermittlerin zu sein und den Menschen in Deutschland die Schönheit dieser Region abseits von Konflikten nahezubringen.
Warum hast du dich nach deiner Rückkehr entschieden, weiter frei zu arbeiten?
Ich schätze den kreativen Austausch mit verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Bereichen und Hintergründen. Als freie Autorin habe ich die Entscheidung, welchen Inhalten und Menschen ich eine Stimme gebe, welche Geschichten ich erzähle. Als Festangestellte wäre ich viel abhängiger.
Ich mag es, flexibel zu sein und selbst in der Hand zu haben, womit ich mich beschäftige.
Jasmin LakatosFreie Mitarbeit für ZDF, ZDFneo, WDR, MDR und private Fernsehsender Branche: Film und Fernsehen Beruf: Fernsehjournalistin und Autorin Standort: Leipzig, Berlin, Belgrad jb-Engagement: Mentoring AG |
Im April wirst du Mutter - wie, denkst du, wird das deine Arbeit beeinflussen?
Ich freue mich schon auf die Herausforderung - ich bin gespannt, zu sehen, wie weit die Gesellschaft wirklich ist, wie es mit der Vereinbarkeit klappen wird. Es war anfangs schwierig für mich, meinem Auftraggeber und meinem Projektpartner von meiner Schwangerschaft zu erzählen - da war ich unsicher, weil man ja nicht weiß, wie offen Menschen damit umgehen.
Ich bin schon froh, Mitglied im jb zu sein, einem Netzwerk von Frauen, die sich gegenseitig Tipps geben. Denn ich bin ja nicht die erste freie Journalistin, die in dieser Situation ist! Ansonsten plane ich, weiterzuarbeiten. Als Autorin bin ich ja zum Glück nicht auf einzelne Tätigkeiten festgelegt, ich muss nicht immer raus zum Dreh, sondern kann auch mal nur schreiben oder recherchieren oder in den Schnitt. So kann ich das je nach Bedarf des Kindes steuern, hoffe ich jedenfalls.
Du warst Mentee, jetzt arbeitest du in der Mentoring-AG mit. Was bedeutet dir dein Engagement im jb?
Engagement, im Sinne von sich austauschen und unterstützen, war mir immer schon sehr wichtig. Als Mentee hatte ich das Gefühl, dass ich sehr viel Unterstützung bekommen habe, und ich möchte davon gerne etwas zurückgeben. Mir bereitet es große Freude, gemeinsam Neues zu schaffen und Menschen zu fördern und zu empowern. Längerfristig könnte ich mir sogar vorstellen, Mentorin zu sein. Um tatsächliche Gleichberechtigung voranzubringen, ist es wichtig, dass Frauen sich vernetzen und engagieren, und für Journalistinnen ist der jb eine gute Möglichkeit dafür.
Schön, dich im jb dabei zu haben, Mimi!
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In dieser Serie erschien bereits:
Die vielseitige Freie - Fünf Fragen an Tina Swrowig
Die forschende Blattmacherin - Fünf Fragen an Barbara Nazarewska
Die schreibende Psychologin - Fünf Fragen an Nele Langosch
Die Neue im Team - Fünf Fragen an Eva Hehemann
Die Gründerinnen des Medienlabors - Fünf Fragen an Helga Kirchner und Sibylle Plogstedt
Weitere interessante Kolleginnen im Journalistinnenbund finden sich in der Expertinnendatenbank.
Eine sehr schöne Reihe! Echt spannend, wer alles im jb ist. Jasmin wünsche ich weiterhin den Mut und die Freude an journalistischer Aufklärung! Als "Balkanesin" weiß ich insbesondere ihr Engagement für den Balkan zu schätzen.
AntwortenLöschenTolle Kolleginnen. Sehr gute Idee, diese Fünf-Fragen-Reihe!
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