Mittwoch, 3. Mai 2017

Die historisch bewanderte Autorin – Fünf Fragen an Maren Gottschalk

von Eva Hehemann


Der Journalistinnenbund feiert sein 30jähriges Jubiläum, vom 30. Juni bis 2. Juli 2017 am Gründungsort Frankfurt. Bis dahin stellt der Watch-Salon mit der Interviewserie "Fünf Fragen" in lockerer Folge ganz unterschiedliche Kolleginnen des jb vor, um die Vielfalt unseres Bündnisses und der jeweiligen journalistischen Arbeit zu zeigen. 

Für ihre Biographien recherchiert sie sehr genau: Maren Gottschalk / Foto: Sandy Craus/fotografieonair


Nicht alle Autor*innen können auch gut vorlesen. Maren Gottschalk aber hat dafür ein ausgesprochenes Talent, wie gerade am Welttag des Buches zu erleben war, als sie ihr neues Köln-Buch vorgestellt hat. 1962 in Leverkusen geboren, ist sie dort noch heute zuhause. Promoviert in Mittelalterlicher Geschichte, bearbeitet sie als Journalistin leidenschaftlich historische Themen, sei es in der WDR-Hörfunksendung ZeitZeichen, sei es in ihren Büchern. Immer mit einem besonderen Blick auf die Frauen, aber eben nicht nur. Die Vielschreiberin unterhält auf ihrer Homepage einen amüsanten Blog und wer ihr auf Facebook folgt, erlebt eine äußerst aktive Autorin, die durchaus mal mit dem Buchcover von "Jim Knopf und die Wilde 13" fragt: "Was war dein erstes wirklich wichtiges Buch?"


Kennengelernt haben wir uns bei einer Lesung aus deinem Buch “Königinnen” in Köln und dann habe ich dich im jb wiedergefunden. Du bist aber auch Mitglied im Zonta Club. Warum mehr als ein Netzwerk? 


Ich bin als Buch-Autorin sogar noch in einem dritten Netzwerk Mitglied. Das Vernetzen war für mich als junge Mutter von drei Kindern die beste Chance, von anderen zu lernen, mich auszutauschen und irgendwann selbst Hilfestellung geben zu können. Zonta vernetzt mich mit berufstätigen Frauen in Leverkusen, die gemeinsam für die Rechte von Frauen kämpfen. Wir unterstützen das Frauenhaus, einen Mädchentreff und eine Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt. Wir sind ein Club von 33 Mitgliedern und daher bin ich dort sehr gefordert.

Zum jb kam ich später durch Heike Mund und fand es großartig, mich nun endlich auch über meinen Beruf mit anderen austauschen zu können. Vor allem traf ich dort auf spannende Vorbilder wie Marlies Hesse oder Ulla Ott. Das Programm der Kölner Regionalgruppe war immer sehr spannend. Ich werde nie vergessen, wie die Fortbildungsbeauftragte des WDR, Dorothee Perry-Lyman uns eindringlich sagte: “Sie haben nicht das Recht sich fortzubilden, Sie haben die Pflicht, sich fortzubilden”. Solche Abende waren Sternstunden.

Der Nachteil an mehreren Netzwerken liegt auf der Hand: Ich schaffe es nicht, überall so aktiv zu sein, wie ich das gerne wäre.


Für den Verlag Beltz&Gelberg hast du eine ganze Reihe Biographien geschrieben. Mandela, Astrid Lindgren, Frida Kahlo, Andy Warhol, auch 7 Journalistinnen – wie hast du die Protagonist*innen ausgewählt? 


Mich interessieren Menschen, die in ihrem Leben Brüche erlebt haben. Menschen, die für etwas kämpften und dabei auch erfahren mussten, wie es sich anfühlt zu scheitern. Mein Ziel ist es dann, eine Persönlichkeit wie Sophie Scholl, die vielen nur als ferne Heldin im Kopf ist, als Menschen zu schildern. Eine junge Frau mit Ängsten und Sehnsüchten zu zeigen. Wir bewundern ihren Mut, aber wir dürfen auch ihre Fehler erkennen.


Neben den Biographien hast du 2011 einen Roman veröffentlicht? Warum plötzlich auch Fiktion?


Ich wollte gerne mal etwas “ohne Fußnoten” schreiben. Wenn es um historische Persönlichkeiten geht, bin ich sehr korrekt, ich erfinde da nichts, jedes Komma in einem Zitat stimmt. Da schien es mir wie ein Ausflug in die Freiheit, mir eine Geschichte komplett auszudenken. Ich würde das auch gerne öfter machen, aber dazu fehlt mir leider die Zeit.


Maren Gottschalk


freie Journalistin und Buchautorin

Branche: Hörfunk, Sachbuch
und Fiktion
Beruf: Journalistin, Historikerin
Standort: Regionalgruppe Köln
jb-Engagement: emphatisch-solidarische Beobachterin


Als Vorleserin finde ich dich ausgezeichnet. Du gehst immer wieder auf Lesereise, besuchst häufig Schulen, bist als lesende Autorin offenbar gefragt. Was macht dir an solchen Auftritten besonderen Spaß? Und bist du immer noch aufgeregt? 


Lesungen sind ein Kraftakt, machen aber auch viel Spaß. In Schulen gestalte ich die Lesung interaktiv und beziehe die Schüler und Schülerinnen mit ein, damit sie sich mit der Person, um die es geht, identifizieren. Seit einem Jahr habe ich mit “Mein Köln-Buch” auch ein Buch für Grundschüler im Gepäck, das ich mit Fotos und Rätseln vorstelle. Es ist beglückend zu sehen, wie neugierig und aufnahmebereit die Kinder sind, aber nach 2 Lesungen am Stück bin ich auch immer etwas platt. Und die Aufregung, ja, die gehört irgendwie auch immer noch dazu.


Du hast Familie, deine Kinder sind inzwischen erwachsen. War es schwierig für dich, Beruf und Familie unter den berüchtigten “einen Hut” zu bekommen?


Ja. Auch mit einem verständnisvollen Mann, Au-pair-Mädchen, einer engagierten Mutter und diversen hilfsbereiten Freundinnen gab es Situationen, in denen ich das Gefühl hatte, niemandem gerecht zu werden. Aber das waren Ausnahmen. Meistens stimmte die Balance und ich war und bin eine sehr glückliche Mutter. Ich freute mich beim Spielen mit Lego auf den Schreibtisch und am Schreibtisch freute ich mich auf den Nachmittag mit den Kindern. Außerdem habe ich gelernt: Wenn ich es wirklich will, dann küsst die Muse mich genau dann, wenn ich Zeit habe. Das war ein paar Jahre lang morgens zwischen 8 und 12 Uhr.


Schön, dich im jb dabei zu haben, Maren!

***

In dieser Serie erschien bereits:

Die medienkritische Beobachterin - Fünf Fragen an Sissi Pitzer
Die multimediale Preisträgerin - Fünf Fragen an Katharina Thoms
The flying Journalist - Fünf Fragen an Christa Roth
Die vielgereiste Dozentin - Fünf Fragen an Cornelia Gerlach
Die flexible Vermittlerin - Fünf Fragen an Jasmin Lakatos
Die vielseitige Freie - Tina Srowig
Die forschende Blattmacherin - Fünf Fragen an Barbara Nazarewska
Die schreibende Psychologin - Fünf Fragen an Nele Langosch
Die Neue im Team - Fünf Fragen an Eva Hehemann
Die Gründerinnen des Medienlabors - Fünf Fragen an Helga Kirchner und Sibylle Plogstedt

Weitere interessante Kolleginnen im Journalistinnenbund finden sich in der Expertinnendatenbank.

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