Donnerstag, 17. Januar 2019

"Kunst macht glücklich" – ein Sonntag mit "Yuli"

von Eva Hehemann

Szene aus "Yuli" mit Carlos Acosta (li.) und einem Tänzer seiner Compagnie / Foto: Piffl Medien


Wer sich für Kunst und Kultur interessiert, findet in jeder Stadt täglich so viele Angebote, dass man unmöglich alles wahrnehmen kann. Vermittelnde Netzwerke wie der Kölner KunstSalon bieten in diesem Dilemma Hilfe bei der Entscheidung. Davon habe ich letzten Sonntag profitiert und mir die vom KunstSalon präsentierte Preview des Films „Yuli“, in Anwesenheit der Regisseurin Icíar Bollaín, angesehen. Ein Beispiel dafür, was bürgerliches Engagement für Kunst und Kultur leisten kann.

Kultur-begeisterte KölnerInnen gründeten vor 25 Jahren den KunstSalon. In Zeiten kommunaler Sparzwänge ist solches Engagement viel wert. Zum monatlichen Jour fixe in bester Salon-Tradition werden Kulturschaffende aller Art zum Gespräch eingeladen. Besuche von Ausstellungen und Ateliers, von Theater- und Filmvorführungen, Preise und sogar ein Stipendium für bildende KünstlerInnen in der Feuchtwanger-Villa in Los Angeles sind fest etabliert. Begehrte Auftrittsmöglichkeiten für junge KünstlerInnen bieten jedes Jahr ein Literatur- sowie ein Musik-Festival. Mit der Zeit hat sich der KunstSalon zu einer einflussreichen Institution gemausert.

Höhepunkt des Sonntags: die Preview von "Yuli"


Edilson Manuel Olbeira Nunez verkörpert Carlos als Kind
/ Foto: Piffl Medien
Eine Sparte des KunstSalon ist die filmsociety, die in Kooperation mit den Programm-Kinos der Stadt Filmvorführungen organisiert. Mit ihrem großen Verteiler sorgt sie für ausverkaufte Säle. So auch bei der Preview von „Yuli“, dem neuen Film der spanischen Regisseurin Icíar Bollaín und ihrem Lebensgefährten, dem Drehbuch-Autor Paul Laverty, die schon 2016 mit ihrem Film „El Olivo“ einen internationalen Erfolg hatten. Angelehnt an die Autobiographie des kubanischen Tänzers und Choreographen Carlos Acosta erzählt der Film den Werdegang dieses genialen Tänzers, der als Kind eigentlich lieber Fußballer werden möchte, aber von seinem Vater gegen seinen und alle anderen Widerstände in eine glänzende internationale Karriere als Ballett-Star gedrängt wird. Als erster schwarzer Tänzer tanzt er den Romeo am Londoner Royal Ballet.

Carlos Acosta spielt sich selbst in einer fiktiven Rahmenhandlung. Für Carlos als Kind und als Jugendlicher hat die Regisseurin wunderbare Darsteller gefunden. Die schwierige Beziehung zu seinem Vater, die Sehnsucht nach Geborgenheit in der Familie und der Heimat Kuba, sowie die widerwillige Identifikation mit seinem überragenden Talent sind die Themen des Films. Die politische Situation Kubas und ihr Einfluss auf das private und berufliche Leben von Carlos Acosta und seiner Familie spielt ebenfalls eine große Rolle; man erfährt dabei viel Überraschendes jenseits der sonst im Fokus stehenden Aspekte. Es geht auch um die Identitätssuche eines zwischen den Kulturen Reisenden, womit der Film das aktuelle Thema Migration berührt.

Tanzszenen als Teil der Erzählung


Icíar Bollaín / Foto: Eva Hehemann
In den hinreißenden Tanzszenen zur wundervollen Filmmusik des Komponisten Alberto Iglesias werden biographische Schlüsselmomente im Leben des Carlos Acosta aufgegriffen und tänzerisch und musikalisch hoch emotional interpretiert. In der an die Preview anschließenden Diskussion mit der Moderatorin und dem Publikum erzählt Icíar Bollaín von den Dreharbeiten und wie sie sich als Ballett-Laiin die Tanzszenen erarbeitet hat, zusammen mit der Choreographin María Rovira und dem vielfach ausgezeichneten Kameramann Álex Catalán. Die Szenen wurden mit der Steadycam gedreht, Catalán wurde in die Choreographie eingeplant und musste quasi mittanzen, um die Tänzer und ihre Bewegungen aus solcher Nähe filmen zu können. Am Ende lagen sich alle in den Armen. Der Aufwand hat sich gelohnt; die Tanz-Sequenzen sind von außergewöhnlicher Intensität und bieten darum einen sehr speziellen Einblick in die Kunst des Balletts.

Ich nutze die Gelegenheit und frage die Regisseurin bei einem kurzen Gespräch im Foyer des Kinos nach der Situation weiblicher Filmschaffender in Spanien. Die Probleme bei der Finanzierung auch ihres Filmes, dessen bescheidenes Budget von 3,5 Millionen Euro man dem fertigen Film weiß Gott nicht ansieht, wurden schon durch die lange Liste der beteiligten Geldgeber im Vorspann deutlich. Sie erzählt mir, dass sie sich bei jedem ihrer Projekte darum bemüht, so viele Frauen wie möglich zu beschäftigen. Außerdem engagiere sie sich in einem Netzwerk weiblicher Filmschaffender, dem spanischen Äquivalent zu Pro Quote. Mit Leidenschaft erklärt sie mir, wie überaus wichtig ihr die Verbesserung der Situation von Frauen im Filmgeschäft sei. Ich wünsche ihr viel Erfolg und möchte „Yuli“ wärmstens empfehlen, gerade auch dem bisher nicht für Ballett begeisterten Kinopublikum. Denn auch Ballett-Kunst macht glücklich!


Viel Applaus für Isabel Pfeiffer-Poensgens Impulsvortrag im Kölner KunstSalon / Foto: Eva Hehemann

Der Enthusiasmus der Ministerin


Sehr zuversichtlich hatte mich am Sonntag Morgen bereits die Begegnung mit der nordrhein-westfälischen Ministerin für Kultur und Wissenschaft, Isabel Pfeiffer-Poensgen, gestimmt. Ihr Impulsvortrag beim Neujahrsempfang des KunstSalon und ihre Antworten auf die Fragen aus dem Publikum zeigten nicht nur eine kompetente, kommunikativ versierte, in vielen unterschiedlichen kulturellen Arbeitsfeldern erfahrene Frau, sondern auch ihren Enthusiasmus für ihre Arbeit und vor allem für Kulturschaffende aus allen Sparten. Mit offensichtlichem Vergnügen erzählte sie von ihren zahlreichen Gesprächsrunden mit Museums- und Theaterleuten. Ab und an ließ sie durchblicken, wie schwierig es teilweise war, sich als Frau im Kulturbetrieb gegen männliche Vorurteile durchzusetzen. Sie hat es geschafft! Starke Frauen wie sie und Icíar Bollaín können viel bewirken, wenn sich Politik und privates Engagement gleichermaßen mit Begeisterung für die Kultur einsetzen. Dann kann Kunst alle glücklich machen.


Filmstart von "Yuli" ist am 17. Januar 2019


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