Mittwoch, 9. September 2020

Mit Blumen im Haar zu den Partys der New Yorker Bohême: „Frida“ – Der neue Roman von Maren Gottschalk

von Christine Olderdissen

Buch Frida von Maren Gottschalk liegt auf bestickten Stoffen aus Mexiko
Stickereien aus Mexiko - wie Frida Kahlo sie liebte. / Foto: C. Olderdissen

Frida Kahlo – die Widerspenstige, Eigensinnige. Malerin des Seelenlebens, ihres eigenen versteht sich. Wer kennt ihre ikonografisch gewordenen Selbstportraits nicht? Oder ihre Lebensgeschichte, in unzähligen Artikeln und Büchern beschrieben. Nun kommt ein weiteres Buch über die mexikanische Künstlerin hinzu: In „Frida“ beleuchtet jb-Kollegin Maren Gottschalk Kahlos Aufenthalte in New York und Paris in den Jahren 1938/39. Wie ein bunter Vogel flattert die 30-Jährige durch die Partys der Künstlerbohême, Tequila und Rotwein überaus zugeneigt. Auch erotische Abenteuer gönnt sie sich.


43 Mio Einträge zu Frida Kahlo spuckt Google aus und doch hat Maren Gottschalk eine Lücke entdeckt: Die geheim gehaltene Liebesbeziehung zu Nickolas Muray, ein aus Ungarn in die USA eingewanderter Fotograf der Reichen und Schönen zwischen Hollywood und Manhattan. Promisk und eifersüchtig, doch mit dem sicheren Gefühl füreinander geschaffen zu sein, lassen die beiden ihre vor Jahren begonnene Affäre in New York wieder aufleben, so heimlich wie zuvor. Die Künstlerin ist für eine Ausstellung ihrer Bilder in die USA gereist, die erste überhaupt. In Paris trifft sie Picasso, Max Ernst und Kandinsky. Die Reise wird zum Wendepunkt ihres Lebens, nach der Rückkehr wird sie endlich als Künstlerin ernstgenommen. In ihrem Heimatland war sie bis dahin nur bekannt als Ehefrau von Diego Rivera, berühmt für seine großformatigen Wandbilder. Nach ihrem Tod 1954 jedoch gerät sie in Vergessenheit. Erst in den 1970er Jahren von der Frauenbewegung wiederentdeckt, gilt Frida Kahlo heute als bekannteste Malerin Mexikos.

Auf den ersten Seiten liest sich „Frida“ nüchtern und kühl wie ein Drehbuch. Doch dann nimmt die Geschichte Fahrt auf, die Beschreibungen werden intensiver, die Dialoge mitreißender. Maren Gottschalk erfindet Spaziergänge und Begegnungen in Hotels, in Küchen und Schlafzimmern, auf Partys und Vernissagen. Sie fantasiert die Gespräche, es ist ein Roman, da ist das erlaubt. Zugleich darf darauf vertraut werden, dass die Fakten stimmen, dass die Personen dieses Kaleidoskops der Künstlerszenen von New York und Paris tatsächlich einander kannten. Denn die Autorin, promovierte Historikerin, die für die WDR-Radiosendung ZeitZeichen regelmäßig Portraits anfertigt und umfangreiche Biografien veröffentlicht, weiß sich Quellen zu erschließen und mit ihnen sachgerecht umzugehen. 

Erfundene Dialoge, perfekt recherchiert

Maren Gottschalk stützt sich auf den Briefwechsel der Liebenden und spinnt daraus die vielen Fäden, die den Roman zusammenhalten. Interessant auch ihre dezent-vorsichtigen Beschreibungen, was die Künstlerin über ihre autobiographisch geprägten Bilder denkt. So viel über Frida Kahlo Jahrzehnte nach ihrem Tod geschrieben worden ist, so wenig Gelegenheit gab es zu Lebzeiten, die Künstlerin selbst zu befragen. Einer Frau war dies im Jahr vor Kahlos Tod gelungen, der Kunstkritikerin Raquel Tibol. Maren Gottschalk traf die 85jährige auf einer Reise durch Mexiko, die sie zu den faszinierenden Wohnorten der Künstlerin wie die Casa Azul führte, als Recherche für ihre erste Kahlo-Biografie, 2009 erschienen: „Die Farben meiner Seele“.

Besonderen Spaß scheint die Autorin von „Frida“ übrigens beim Ankleiden ihrer Protagonistin gehabt zu haben. Sorgfältig beschreibt sie vor jedem Aus-dem-Haus-Gehen, wie Frida Kahlo bunte, bestickte Röcke mit handgefertigten Oberteilen und traditionellen Umhängen kombiniert, sich mit Ketten und Ohrgehängen schmückt und frische Blumen ins hochgebundene Haar steckt: Eben jener schillernde Kleiderstil, für den die, auf ihre indigenen Wurzeln bedachte Mexikanerin, berühmt wurde, und mit dem sie im elegant modischen Partystyle New Yorks der ausgehenden 30iger Jahre auffällt. Ihre Koffer müssen riesig gewesen sein. 

* * *

Die Autorin liest aus ihrem Roman „Frida“ am 10.9.2020, 19:30 Uhr via YouTube:
https://www.youtube.com/watch?v=rMisTwEebJg

Maren Gottschalk: Frida
Roman, 416 Seiten
ISBN 978-3-442-31559-8 

 

Mehr zu Maren Gottschalk: Die historisch bewanderte Autorin
Im Interview mit Salonista Eva Hehemann gibt sie einen Einblick in ihre Arbeitsweise. 

 

 

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