Samstag, 13. September 2008

Das Hausweib und der Beschützer

Die Frau, die ihm den Haushalt schmeißt - nach männlichen Vorstellungen noch immer kein Auslaufmodell. FOTO: FLICKR


VON BRITTA ERLEMANN

Gut 26 Prozent mehr Frauen als Männer schätzen an ihrem(/r) Lebensgefährten(/in) vor allem, dass er (sie) gute finanzielle Ressourcen erwirtschaftet. Fast 19 Prozent mehr Frauen als Männer schätzen an dem (/der) Lebensgefährten (/in), dass er (/sie) sie umsorgt und beschützt.
Dagegen stellen beinahe 33 Prozent der Männer mehr als Frauen positiv heraus, dass die Partnerin (der Partner) gut kochen könne sowie über 16 Prozent der Männer mehr als Frauen, dass die Partnerin im Beruf oder im Haushalt so tüchtig sei.

Das und mehr ergab eine repräsentative Befragung der GfK-Marktforschung im Auftrag der Apotheken-Umschau im vergangenen April zum Thema Paarbeziehungen. Zugrunde liegen 2014 Interviews netto mit Menschen ab 14 in Deutschland. Die Ergebnisse sind nach Auskunft der Pressesprecherin des Wort & Bild Verlages (Herausgeber der Apotheken Umschau), Katharina Neff, bislang nur in einem kurzen Auszug veröffentlicht, mehr dazu folgt in der Oktober-Ausgabe. Befragt wurden rund 2.000 Personen, darunter Männer und Frauen. "Wie bei der durchschnittlichen Verteilung in der Bevölkerung dürfte es sich dabei mehrheitlich um Heterosexuelle handeln, getrennt abgefragt wurde dieser Punkt jedoch nicht“, erklärt sie auf Nachfragen. Bei beiden Geschlechtern ganz vorne rangierte übrigens die Treue als wichtige Eigenschaft (bei Frauen an erster Stelle). Männer favorisierten Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit bei der Partnerin.

Klassische Rollenverteilung
Die klassische Rollenverteilung – sie das bekochende Hausweib, er der beschützende Ernährer geistert also auch heute stark in den Köpfen der Menschen in Deutschland herum. Doch was steckt dahinter? Ich könnte jetzt natürlich die letzten 2000 und mehr Jahre Patriarchat rückwärts analysieren. Aber ich möchte einen Blick auf die Gegenwart werfen. Der Mann als Beschützer? 90 Prozent aller Vergewaltigungen an Frauen begehen Männer aus deren sozialen Nahbereich. Also Ehemänner/Partner, Freunde, Väter, Onkel, Chefs und dergleichen. Jede fünfte Frau ist Opfer häuslicher Gewalt[1] durch den Ehemann/Lebensgefährten. Da ist es mit dem männlichen Schützen wohl nicht weit her. Doch der hetero-patriarchale Mythos vom starken Mann, der – natürlich seine – schwache Frau beschützt vor der bösen Welt – ich konkretisiere: bösen Männern - da draußen hält sich hartnäckig. Dass sich Frauen Schutz vor der ganzen Frauenverachtung und Gewalt an Frauen in der Welt wünschen, finde ich bis zu einem gewissen Punkt sogar verständlich. Abgesehen davon, dass jedoch Frauen ihre eigenen Stärken haben, stabilisiert sich dieses vermeintlich Beschützersystem gegenseitig: Weil Männer Gewalt an Frauen ausüben, braucht es andere Männer, die die Frauen beschützen. Mit der Konsequenz, dass sie in beiden Fällen, das (vermeintlich) schwache, unterlegene und von ihm und seinem Wohlwollen abhängige Mäuslein ist. Die Alternative: Männer hinterfragen ihre Rollen und befrieden sich! Nach den Worten einer langjährigen Mitarbeiterin des Kasseler Notrufs für vergewaltigte Frauen wissen andererseits Frauen oft (ich ergänze: sozialisationsbedingt) nicht um ihre Stärken und stehen unter dem gesellschaftlichen Druck, einen Mann an ihrer Seite zu brauchen.

Was den Mann als Ernährer anbetrifft: Angesichts der Tatsache, dass Frauen bereits für die gleiche Arbeit 24 Prozent weniger Lohn erhalten, nimmt es m. E. nicht Wunder, dass Frauen sich wünschen, dass wenigstens er einigermaßen Geld nach Hause bringt. So zementiert sich ökonomische Abhängigkeit! Und zum bekochenden Hausweib, dass im gemeinsamen Heim so tüchtig ist: Anscheinend oder offensichtlich haben auch im 21. Jahrhundert und trotz 50 Jahre Gleichberechtigung im Grundgesetz viele Männer immer noch keine Lust dazu, diese Arbeiten selbst zu verrichten. Nur 50 Prozent der Männer helfen überhaupt im Haushalt. Wobei helfen nicht einmal heißt, dass sie auch die Hälfte der anfallenden Aufgaben verrichten. Sehr bequem, wenn das dann die tüchtige (siehe oben) Ehefrau erledigt.

Es gibt also noch viel zu tun in der Geschlechterwelt!

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