Debatte ums Web 2.0In der FTD heißt es: "Bei der Suche nach einem Motiv, für die Bewältigung von Leid und Trauer über 16 Tote spielt der Kommunikations-GAU des Heribert Rech nur eine Nebenrolle. Doch was sich seit dem Blutbad von Winnenden abspielt, ist eine Zäsur in der Mediengeschichte der Republik. Erstmals und dann gleich mit der vollen Wucht eines Amoklaufs bekommt eine breite Öffentlichkeit die Chancen vom Web 2.0 mit seinen sozialen Netzwerken, Twittern oder Blogs vor Augen geführt - aber auch dessen Gefahren." Der Medienwissenschaftler der Universität Münster und Experte für Internetkommunikation, Christoph Neuberger, sagt folgendes voraus: "Die Katastrophe von Winnenden ist der erste Fall in Deutschland, der eine bedeutende Debatte um das Web 2.0 nach sich zieht. "
Sonntag, 15. März 2009
Twitter und der Amoklauf
Der 140-Wort-Dienst Twitter scheint beim Amoklauf von Winnenden entgegen der ersten Einschätzung doch eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Die Stuttgarter Zeitung und die Financial Times Deutschland (FTD) widmen in ihren Online-Ausgaben der Bedeutung des Zwitschermediums sowie von Web 2.0 ausführliche Artikel. Im weitesten Sinne geht es vorrangig um die Frage: Inwieweit können wir digitalen Wahrheiten überhaupt trauen? Im Falle der ersten - inzwischen widerlegten - Behauptung der Polizei und des baden-württembergischen Innenministers Rech, der Junge habe seine Tat übers Internet angekündigt, sei dem auch in Journalisten- und Ermittlerkreisen zum Teil noch unterschätztem Echtzeit-Medium Twitter enorme Bedeutung zugekommen. Die Stuttgarter Zeitung schreibt: "Winnenden wird von manchen aber auch als bestandene Bewährungsprobe von Twitter in seiner Bürgerjournalismus-Variante gesehen. Dass es sich bei der angeblichen Amokankündigung im Internet um eine Fälschung handeln könnte, war kurz nach Bekanntgabe dieser Spur von Twitter-Nutzern erst angemahnt, dann belegt worden. Die Ermittlungsbehörden und viele Medien haben diese Tweets zunächst missachtet."
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Heidrun Wulf-Frick |
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Die gelernte Lokaljournalistin liest immer noch gerne Themen von der Straße auf. Seit 2010 tut sie das als Redakteurin in der Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums Freiburg. Beim Journalistinnenbund ist sie seit 1992, außerdem Mitbegründerin von zwei Regionalgruppen und war Autorin der ersten Stunde im Watch-Salon.
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Dass es sich bei der angeblichen Amok-Ankündigung um eine Fälschung handelte, das hätte man auch ohne Twitter herausfinden können. (Wenn ich sehe, was es bei der Polizei für Computer-Experten gibt, muss ich mir ja keine Gedanken über Online-Durchsuchungen mehr machen:) Vielmehr tragen die schnellen Onlinedienste mit dazu bei, dass die Ermittler unter Erfolgsdruck relativ ungeprüft Zwischenstände als Ergebnisse verkünden. Zum Thema Twitter und Winnenden hat die Süddeutsche ZeitungS für mich alles gesagt. Bürgerjournalismus ist da stark, wo er Inszenierungen entlarvt, wo Berufsjournalisten vielleicht schon zu nah dran sind an den Akteuren (meist Politikern). Da wo es gilt, das Unübersichtliche, das Unfassbare zu erklären, ist er eben bloß eine weitere Stimme im Gezwitscher.
AntwortenLöschenUnd auch Journalisten twittern nur sinnvoll, wenn sie denn was zu berichten haben. The medium ist not the message!