Erstmals wird in Baden-Württemberg eine
komplette Zeitungsredaktion zeitgleich gekündigt. Am 17.7.2009 teilte die Geschäftsleitung der Südwestdeutschen Medienholding SWMH allen 19 Beschäftigten in der Redaktion „
SONNTAG AKTUELL“ die Kündigung zum Jahresende mit. Die Zeitung ist insbesondere Abonennten der Tageszeitungen Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten als "Sonntagsbeilage" vertraut. Angeblich sei die Herstellung zu teuer. Dagegen protestierten am 21.07.09 über 150
Journalistinnen und Journalisten. Betriebsrat Ulrich Tangl hält die Kündigung weder publizistisch noch betriebswirtschaftlich gerechtfertigt und fordert die Rücknahme. Betriebsräte, auch aus anderen Städten, sowie Sprecher der Gewerkschaften, Deutscher Journalisten-Verband (DJV) und Ver.di, erklärten sich solidarisch. Über diesen "Kahlschlag" berichtet die
taz am 21.07.09 unter dem Schlagwort "Totengräber der Pressevielfalt". Die Profitmaximierung in dem Konzern ist nach Ansicht von Karl Geibel, seines Zeichens Landesvorsitzendender des DJV in Baden-Württemberg, eindeutig:
„Die Leser müssen ein Produkt mit schlechterer journalistischer Qualität erwarten!“
Wenn journalistische Qualität, publizistische Verantwortung und soziale Kompetenz nicht mehr zum Wesen eines publizistischen Unternehmens zählen, sei ein Abstieg programmiert. Er vermutet, dass sich der Konzern mit dem Kauf des Verlages der Süddeutschen Zeitung so übernommen habe, dass jetzt quer durch alle Unternehmensteile „geholzt“ werde. Dies lasse Schlimmes für die Zukunft im zweitgrößten Zeitungskonzern Deutschlands erwarten.
“Die WAZ lässt grüßen“, zitiert die
taz Geibel im Hinblick auf deren Plan, 300 von 900 Redaktionsstellen abzubauen.
Hintergrundinfo: „SONNTAG AKTUELL“ wurde vor 30 Jahren gegründet und wird von über 40 südwestdeutschen Zeitungsverlagen in einer Auflage von 620.000 als 7. Ausgabe des Zeitungsabonnements vertrieben. Es wird laut taz befürchtet, dass ein "billiges Anzeigenblatt" daraus werden soll. (Das Layout steht noch nicht fest.)
Es war ja wohl ein Schlag, der sich seit längerem ankündigte. Trotzdem löst die Kündigung einer ganzen Redaktion einen Schock aus, zumal wenn es sich nicht um ein marginales Blättchen handelt, sondern um eine Sonntagszeitung mit ehemaliger Millionenauflage. Andere anspruchsvolle Wochenblätter (Zeit, FAZ am Sonntag) blühen dagegen - und machen, soweit erkennbar, gegenüber Anzeigenkunden keine faulen Kompromisse.
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