Montag, 17. August 2009

Peinlich, eklig - der behaarte Körper

Neulich im Gespräch: Die Gymnasiastin, 11 Jahre alt, wünscht sich ein Epiliergerät. Wieso das denn? Haare am Körper sind hässlich. Warum? Das sieht eklig aus. Und die auf dem Kopf? Die stören nicht. Aha, aber das sind doch auch Haare, oder? Du blickst ja gar nichts. Und das Brusthaar bei Männern? Grausam, weg damit! Was ist mit den Schamhaaren? Die müssen auch weg. Warum? Die sind voll peinlich. Wer sagt das? Alle!

Leider liegt das Kind unwissentlich im Trend. Körper- und besonders Intimrasuren nehmen rasant zu. Jakob Pastötter, Kulturanthropologe und Sexualwissenschaftler aus München, sagt in der Stuttgarter Zeitung vom 17. August, dass es das rasierte Genital in allen Kulturen gab. Allerdings waren es aus hygienischen Gründer nur die Prostituierten, die sich rasierten. Heute haben wir es laut Pastötter mit einem Phänomen zu tun, "das maßgeblich von der Pornografie beinflusst wurde". Von der natürlichen Schönheit, die von frühen Feministinnen noch propagiert wurde, seien wir meilenweit entfernt. Tausende von jährlich produzierten Pornofilmen, in der rasierte Genitale gezeigt werden, hätten ein neues Körperbewusstsein geschaffen. Auch über Prominente, die den Kult über die Medien weitertragen, werde die letzte Körperregion öffentlich gemacht und der Intimbereich unterwerfe sich damit neuen Schönheitsnormen.

2 Kommentare

  1. was soll denn bitte "natürliche Schönheit" sein?
    und was ist mit der Enthaarungstradition in der Türkei zum Beispiel - die betrifft sicher nicht am allermeisten Sex-Arbeiter_innen.

    Natürlich ist das wichtig, darauf aufmerksam zu machen, woher so ein Trend unter anderem kommen könnte. Aber eine "natürliche Schönheit" dagegen zu halten, wird die Nöte einer_eines 11-jährigen sicher nicht lindern.

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  2. "Natürliche Schönheit" - wahrscheinlich muss man die 1970er-Jahre erlebt haben, um zu wissen, was damit gemeint war: Der weibliche Körper wurde nicht mehr eingeengt (weg mit den BHs!), Diäten für ungesund erklärt, körperliche Vielfalt war erlaubt, die Haare durften wachsen, wo sie wollten. Das ermöglichte individuelle Schönheit(en), Normen verloren an Kraft. Zeitweilig waren drei Rocklängen gleichzeitig "erlaubt": Mini, Midi und Maxi - und wer gar keine Röcke tragen wollte, konnte stattdessen Hosen anziehen. Prima Zeiten!

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