JB-Mitglied Indrani Das Foto: Privat |
Am kommenden Wochenende vom 14. bis zum 16. Juni steht Lorsch, der Veranstaltungs-Ort der diesjährigen Jahrestagung des Journalistinnenbundes, unter dem Einfluss von "Text und Macht". So lautet unser diesjähriges Motto und das Programm ist gespickt mit spannenden Diskussionsrunden und Interviews. Zunächst treffen sich am Freitag schon die Bloggerinnen und RG-Sprecherinnen, am Samstag wird ein neuer Vorstand gewählt und am Sonntag bekommt Barbara Sichtermann die Hedwig-Dohm-Medaille für ihr Lebenswerk verliehen. Der Marlies-Hesse-Nachwuchspreis geht jährlich an junge Kolleginnen. Dazwischen wird diskutiert und gelesen. Im ersten Teil kommen unter anderem Kolleginnen aus dem arabischen Sprachraum zu Wort. Darunter unsere Kollegin Indrani Das - quasi an der Grenznaht zwischen Deutschland und Schweiz lebendes und arbeitendes Mitglied der RG Baden-Elsass - allerdings hat sie keine arabischen, sondern indische Wurzeln. Indrani kandidiert auch für den Vorstand und liest aus ihrem Text "Die GroßmütterRevolution in der Schweiz". Der Watch-Salon hat ihr vorab fünf Fragen gestellt und spannende Antworten erhalten:
Angekündigt sind Lesungen und Interviews mit Kolleginnen aus dem arabischen Sprachraum. Du hast indische Wurzeln, bist in Deutschland aufgewachsen und arbeitest in der Schweiz. An welchem Punkt fühlst Du Dich als „Kollegin aus dem arabischen Sprachraum?“
Ob ich
mich als „arabische Kollegin“ fühle? Mit Sicherheit nicht. Das wäre vermessen
und respektlos gegenüber den arabischen Kolleginnen und meinem indischen Vater.
Ich bin Inderin und Deutsche. Oder Deutsche und Inderin. Also West und Ost.
Vielleicht ist es genau diese orientalische Verbindung, die mich und meinem Text zu
den arabischen Kolleginnen geführt hat.
Meinst Du, dass Du anders schreibt bzw. einen anderen Blick auf Themen hast, weil ein Elternteil von Dir eine andere Nationalität hat?
Habe ich einen anderen Blick? Gute Frage. Um
antworten zu können, müsste ich wissen, welchen Blick die anderen haben. Ich
sehe ja nur durch meine Brille. Bemerke ich vielleicht Nuancen, Untertöne, die
andere eher überhören? Ja. Was Rassismus, Vorurteile oder so genannte „Normen“
angeht: So wie jeder andere Mitbürger, der aus dieser obskuren „Norm“ fällt.
Seit ich denken kann, werde ich gefragt, was ich denn nun sei. Deutsche oder
Inderin? Als Kind habe ich stets darauf geantwortet: „Ich bin gemischt wie
Erbsen und Bohnen“. Was sollte ich auch sonst sagen? Ich wurde ja im Grunde
genommen gefragt, wo bist Du lieber „bei Mama“ (der Deutschen) oder bei „Papa
(dem Inder)“. Unlängst stellte ein DRS-Moderator in einem Interview mit mir
fest, „sie sehen ja gar nicht aus wie eine Münchnerin“. Wie sieht eine
Münchnerin bitte aus? In meiner Familie stellte sich die Frage nach „Was bist
du eigentlich?“ nie. Meine ostpreußische Grossmutter war stolz auf ihren
indischen Schwiegersohn und die zwei dunklen Enkeltöchter inmitten der blonden
Schar. Und mein hinduistischer Vater gab mir den Rat, egal wo ich sei, stets
die dortige Religion zu respektieren und deren Heilige anzubeten. Das könne
nicht schaden und man wüsste ja nie. Habe ich also einen anderen Blick?
Wahrscheinlich schon. Sei es durch meine multikulturelle Erziehung oder durch
meine eigenen Erfahrungen. Wer weiß?
Warum hast Du Dich entscheiden, gerade aus diesem Großmütter-Text zu lesen?
„Text
und Macht“ ist das diesjährige Tagungsthema. Und nichts ist für mich
beispielhafter für die Ohnmacht einer Frauengeneration in einem reichen
westlichen Land als der Aufstand der Großmütter in der Schweiz. Ohne diese
Frauen würde die Schweizer Sozialgesellschaft zusammenbrechen. Wenn nicht die
Großmütter ihre Enkelkinder hüten, ihre Familienangehörigen pflegen und so
genannte „Milizämter“, also Ehrenämter, übernehmen würden, würde der Schweizer
Staat vor einem unlösbaren Dilemma stehen. Es fehlt in diesem sehr reichen Land
an kostengünstiger Kinderbetreuung, bezahlbarer Pflege und Altersabsicherungen für
Frauen. Es fehlt nicht an Versicherungsleistungen und Renten, die für diese
Generation sehr hoch sind. Falls komplett eingezahlt worden ist. Was sich fast
nur Männer leisten konnten. Da ihre Frauen bereits damals ihre berufliche
Arbeit unterbrachen, um die Kinder zu hüten, die Familieangehörigen zu pflegen
und Milizämter zu übernehmen. Kostenlos. Die Folge: Weibliche Altersarmut und
eine gehörige Portion Wut. Dies als
Wohlstandsproblem abzutun, ist ungerecht. Es ist meines Erachtens sehr
schwierig auf ein tieferes Problem hinzuweisen und es ändern zu wollen, wenn
doch augenscheinlich alles bestens läuft.
Was hat Dich bewogen, für den Vorstand des Journalistinnenbundes zu kandidieren. Was verbindet Dich mit dem JB?
Mit dem
JB verbindet mich vor allem die Solidarität und der Austausch unter Kolleginnen.
Da ich ja ziemlich abseitig wohnte und wohne, ist es mir zwar nicht möglich,
regelmäßig zu Anlässen oder Treffen zu kommen, aber den Ausstausch auf den
Foren oder auf den Tagungen verfolge ich mit viel Spass und Freude. Ich
persönlich bin ziemlich neugierig. Und nichts finde ich spannender als dem einen
oder anderen Hinweis zu folgen, mir Sendungen anzuhören, die ich sonst nie in
Erwägung gezogen hätte. Oder aber die Dispute zu verfolgen, weil ich so oft zu
geballten Informationen komme. So oft öffnete mir der Austausch innerhalb des
JB die Augen, dass ich dies „Über Grenzen sehen“ mit meinen Netzwerken und
Kapazitäten für den JB ausbauen nöchte. Im übrigen bin ich vom Vorstand
angefragt worden.
Erzähl uns noch bisschen von Deinem Alltag als Journalistin.
Zugegeben. Ich habe weder Preise gewonnen noch bin ich in einer leitenden
Position in einem angesagten Medium. Das einzige, was ich leite, ist eine
Gesellschaft (einen Think Tank), mein Journalistenbüro - das aus mir und meinem
Computer besteht - manchmal eine Filmcrew, zwei widerspenstige Kinder und nö,
mein Mann lässt sich nicht leiten... In der Schweiz war ich bis zur Auflösung
der Lokal-Redaktion leitende Reporterin für das Zürcher Unterland beim
Tagesanzeiger. Davor und danach frei für Schweizer und deutsche Medien
unterwegs (Tagesanzeiger, Medienheft, die ZEIT, Deutscher Frauenrat u.a.).
Zusammen mit meinem Mann baue ich unsere
Gesellschaft zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (GFGZ) –
einen Think Tank im Bereich politischer Bildung und Zusammenarbeit – auf. Und
drehe auch wieder. Das journalistische Handwerk habe ich auf der Evangelischen
Journalistenschule Berlin gelernt, die ich nach meinem Studium und ein paar
Lehrjahren mit Hilfe eines Nachwuchsstipendiums besuchte. Aber eigentlich habe
ich bis September journalistische Sendepause, da ein kleiner Wackelpudding es
ungern sieht, wenn sich ihre Mutter mit dem Computer beschäftigt anstatt mit
ihr.
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