Donnerstag, 16. Januar 2014

Koalitionsvertrag: frauenpolitisch mangelhaft



Block mit Notizen: Mindestlohn, Minijobs, Mütterrente
Heiße Eisen für die große Koalition. Foto: Christine Olderdissen

"Wohin geht die Frauenpolitik in den nächsten vier Jahren?" fragt der Deutsche Juristinnenbund (DJB) und hat den Koalitionsvertrag auf seine Schwachstellen abgeklopft: "Zu viel heiße Luft und vage Formulierungen." In einem Pressegespräch in Berlin kündigte der Verband an, sich auch unter Schwarz-Rot in die Gesetzgebung einzumischen.

„Das Schlimme ist, dass es eine Koalition ist“, bemerkte Professorin Heide Pfarr süffisant. Und meinte damit, dass Frauenpolitik bei einer schwarz-roten Regierung nur schwer vorankommen werde. Zwar ist mit dem Koalitionsvertrag eine To-do-Liste familien- und frauenpolitischer Aufgaben der Bundespolitik formuliert. Doch große Koalitionen sind kompliziert und am Ende von Zank und Streit steht der Kompromiss. Der geht nur selten für Frauen gut aus. Der Koalitionsvertrag sei frauenpolitisch mangelhaft, so die Expertinnen vom DJB am 15. Januar im Restaurant des ARD-Hauptstadtstudios. Politische Uneindeutigkeit mache sich sofort bemerkbar, erklärten sie mit Blick auf den ersten Vorschlag der neuen Familienministerin Manuela Schwesig: Die steuerfinanzierte 32-Arbeitsstundenwoche für Eltern, ein geschlechtergerechtes Work-Life-Konzept, wurde zack-zack von den Koalitionspartnern ausgebremst.

Deutscher Juristinnenbund: Expertise für die Frauen

Ihr Fachwissen wird in Ministerien geschätzt. Vor dem Bundesverfassungsgericht sind ihre Stellungnahmen gefragt. Die hochkarätigen Mitglieder des DJB erarbeiten zu unsagbar vielen Gesetzesvorhaben eigene Vorschläge, erstellen fleißig Lösungsmodelle, puzzeln an tragfähigen Formulierungen. Sie machen Lobbyarbeit für Frauen, ehrenamtlich, neben ihren eigenen anspruchsvollen Jobs. Sie haben Übung darin, Gesetze auf ihre Auswirkungen für Frauen zu hinterfragen. Manch eine Regelung sieht erst mal gelungen aus. Aber mit der Lebenswirklichkeit von Frauen und Männern abgeglichen, drängt sich oft genug der Eindruck einer Schieflage auf, so wie beim Koalitionsvertrag. 

Die Kritik am Koalitionsvertrag

  • Entgeltgleichheit – viel zu vage formuliert und lückenhaft
  • Mindestlohn – da geht es um Frauenlöhne, sagt aber keiner
  • Minijobs – Regelungsbedarf verliert sich in Andeutungen
  • Mütterrente – keine Erklärung zur Finanzierung
  • Ehegattensplitting  - Schweigen im Walde. Ein zu heißes Eisen?
  • Bedarfsgemeinschaft von Hartz IV-Empfängern – muss dringend neu bestimmt werden. 
Die Liste ist um vieles länger, nachzulesen auf der DJB-Homepage.

Erfolg und Ansporn

Aber es gibt auch Erfolge zu feiern, wie das hart erkämpfte Gesetz zur 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte ab 2016. „Allerdings fehlt es in den Unternehmen nach wie vor an Zielen und Strategien der Frauenförderung“, betont die Präsidentin des Juristinnenbundes, Ramona Pisal, und gibt der großen Koalition eine weitere Arbeitsaufgabe mit: "Wir brauchen nun auch gesetzliche Vorgaben für Vorstände und oberste Managementebenen".

Der Juristinnenbund will unverzagt weiter an Gesetzesvorhaben mitwirken. Trotz der Erfahrung, dass gute Argumente nur dann wirkungsvoll sind, wenn der politische Wille gegeben ist. Doch Widerstand spornt die Expertinnen an. Ihr Themenfeld ist abgesteckt. Denn wo der Koalitionsvertrag mangelhaft ist, da wollen sie ran.

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