v.l. Anne Hidalgo, Foto:anne-hidalgo.net; Nathalie Kosciusko-Morizet. Foto:nkmparis.fr |
Während wir gerade im Münchner Kommunalwahlkampf zwischen zwei doch eher glanzlosen Kandidaten namens Dieter und Josef wählen dürfen, kämpfen am kommenden Sonntag in Paris zwei Frauen mit einer beeindruckenden Vita um den obersten Job der Stadt.
Anne Hidalgo ist seit 2001 stellvertretende Bürgermeisterin unter Bertrand Delanoe in Paris und zuständig für Stadt- und Verkehrsentwicklung. Hidalgo wurde 1959 im spanischen Cádiz geboren und emigrierte als Kind mit ihren Eltern nach Frankreich. Ihre erste Unterkunft bestand aus einem Zimmer mit vier Matratzen. Hidalgo studierte Arbeits-und Sozialrecht, trat früh in die sozialistische Partei ein und arbeitete lange als Inspektorin für Arbeitsrecht. Dieser Job machte sie zur bekennenden Feministin, weil die Benachteiligung der Frauen in der Arbeitswelt zu offensichtlich war. "Der Feminismus erscheint mir revolutionärer zu sein als das Parteiprogramm", erzählt sie freimütig. Zu ihren vielen Unterstützerinnen zählt nicht nur die Journalistin Valérie Trierweiler, mit der sie seit langem befreundet ist, sondern ebenso die neue Gefährtin Hollandes, die Schauspielerin Julie Gayet. Gern betont die Sozialistin Hidalgo auf ihren Wahlveranstaltungen, sie wisse, worüber sie rede:
"Ich habe mein Leben lang doppelt so viel arbeiten müssen, weil ich eine Frau und eine Einwanderin bin"
Ihre Konkurrentin Nathalie Kosciusko-Morizet ist dagegen ein echtes Kind der französischen Oberklasse. Die Kandidatin der konservativen UMP wurde 1973 in Paris geboren, hat illustre Vorfahren und Verwandte in hohen politischen Ämtern. Am berühmten Polytechnikum in Paris machte sie ihren Abschuss als Ingenieurin, leistete den Militärdienst und war als Marine-Offizier in Dschibuti und Kambodscha. Als junge konservative Abgeordnete galt sie Jacques Chirac noch als "Nervensäge", Sarkozy aber erkannte ihr Talent, machte sie zu seiner Umweltministerin und Sprecherin im Wahlkampf. Nathalie Kosciusko-Morizet gelang es, aus ihrem schwierigen Namen eine Marke zu machen und wird heute allgemein "NKM" genannt. Sie gab auch die Parole aus, eine erbarmungslose "Killerin" zu sein. Zumindest ist sie unabhängig. Entgegen der Parteiräson kämpfte sie gegen Genmais und enthielt sich der Stimme bei der Ablehnung der Homoehe. Manche glauben, die Bewerbung in Paris sei nur ihre kleine Präsidentschaftskandidatur. Auch NKM hält die Frauenfrage für wichtig:
"Den Frauen gebührt mehr Platz in der Gesellschaft. Wir müssen die bestehende Ordnung überlisten, um endlich gehört zu werden"
Die gegenseitigen Lager ebenso wie die Medien begleiten den Kampf um das Pariser Rathaus mit harten Bandagen, gern auch mit Anmerkungen zu Charakter und äußerer Erscheinung, wie bei Frauen so üblich. Mal wird die aparte Anne Hidalgo als "farblose Mutti", ja sogar als "Concierge" bezeichnet, fleißig, ehrgeizig , aber ohne Charme, dann aber auch als warmherzig und sprühend vor Energie. Auch Nathalie Kosciusko-Morizet bekommt ihre Attribute, entweder hat sie ein "feines Porzellangesicht" oder ist ebenso "dünn wie ihre Stimme". Sicher ist, dass beide energische Vollblutpolitikerinnen sind, die natürlich auch - Französinnen schaffen so was ja - drei und zwei Kinder haben und nebenbei ein halbes Dutzend Bücher schrieben, zuletzt "Mon Combat pour Paris" und "Tu viens?".
Die Voraussagen sehen die Sozialistin Hidalgo zehn Punkte vor Kosciusko-Morizet. Der Abstand könnte sich nach einem aktuellen Beitrag in der französischen Huffingtonpost noch vergrößern, die der Kandidatin der Rechten in einem Faktencheck Dutzende von Unwahrheiten und falschen Zahlen nachgewiesen hat.
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AntwortenLöschenHier ein Interview mit Hidalgo über ihre ersten Erfahrungen als Bürgermeisterin von Paris.
AntwortenLöschenHidalgo-Interview im Guardian