Freitag, 8. Mai 2015

Weltweite Beobachtung der Medien - Männer haben die dreifache Chance, ihren Namen zu lesen

 Gemälde von Max Liebermann, 1890  Neue Pinakothek München

Und wieder einmal habe ich mitgezählt. Seit der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 schauen weltweit Frauengruppen an bestimmten Stichtagen kritisch auf die Medien. "Wie steht es um die Präsenz der Frauen?" 2010 lag der Anteil der Frauen, die entweder als Journalistin berichteten oder in einem Bericht namentlich zitiert wurden, gerade mal bei 23 Prozent. Noch liegen keine genauen Zahlen für 2015 vor. Doch erste Eindrücke der Mitmacherinnen aus dem Journalistinnenbund lassen darauf schließen: Es ist wie auf dem obigen Bild. Mühsam geht es den Berg hinauf.


Nummer 11 des Pekinger 12-Punkte-Programms zur Gleichberechtigung der Geschlechter lautet "Frauen und Medien". Deren Präsenz und Darstellung werden seitdem alle fünf Jahre und damit nun zum vierten Mal an einem zuvor festgelegten Tag (2015 am 25. März) untersucht
- unter der Regie von World Association for Christian Communication (WACC)
- mit dem Titel Global Media Monitoring Project (GMMP)
- auf der Homepage "Who makes the news?"
- durchgeführt von Frauen-Organisationen aus 130 Ländern (2015)
- in Deutschland vom Journalistinnenbund, der die Untersuchungsergebnisse auch interpretiert.


Media Monitoring in Ghana 2015    Foto: WACC

Der diesjährige Stichtag fiel leider mit dem wohl mit Absicht herbeigeführten Flugzeugabsturz in den Alpen zusammen, der die Medien in den beteiligten Ländern Spanien, Frankreich und Deutschland  entsprechend beherrschte. Damit war die Berichterstattung einseitiger und nicht so repräsentativ wie an weniger dramatischen Tagen. Die Kolleginnen der Regionalgruppe Berlin merkten das besonders an den Nachrichten der großen TV-Anstalten. Das Unglück dominierte die Sendungen und männliche Experten dominierten wiederum die Berichte (Ausnahme die französische Präsidentin für Zivilschutz, eine engagierte Bürgerin am Absturzort und einige Frauen als "Helfende" und "Opfer"). Was quer durch alle Medien negativ auffiel: Obwohl 14 Schülerinnen und zwei Schüler aus Haltern bei dem Absturz ums Leben kamen, bezeichnete man sie durchgehend als "Schüler".


Groß klicken - Erklärung unten *

Zum ersten Mal beim Monitoring dabei - die Twitter-Accounts der großen deutschen Zeitungen. Auch wenn die  140 Zeichen der jeweils ausgewählten 15 Tweets erst mal  recht neutral daher kamen, so zeigte sich das übliche Desaster doch schnell beim Öffnen der beigefügten Links. In den stark wirtschaftspolitisch geprägten Beiträgen der FAZ (Auszug Coding Sheet links) wurden 21 mal Männer namentlich genannt und zitiert, das einzige Frauen-Zitat gab es von einer Internet-Expertin. Ein wenig besser sieht es bei der TAZ aus: Mehr Frauen hatten die Beiträge geschrieben, in den Texten standen 20 namentlich zitierten Männern sechs Frauen gegenüber. Bei letzteren ging es um Emmely, die streikende Kassiererin, um Venezuela, das wegen mangelnder Öleinnahmen angeblich kein Geld mehr für Brustkrebs-Operationen hat, um Verhütung, um Fracking und den Deutschen Katholikentag.




Ein paar Ausreißer waren uns gegönnt. Die Zeit stellte das Buch von Anke Stelling über perfekte Mütter in Kreuzberg vor, die SZ befasste sich mit der Schauspielerin Ellie Kemper in einer neuen Serie, die sogar den Bechdel-Test besteht. In beiden Berichten werden Geschlechterrollen reflektiert und neue Formen des Zusammenlebens angesprochen.

Weltweite Ergebnisse des diesjährigen Global Media Monitoring wird es in der zweiten Jahreshälfte geben. Wir machen uns schon mal auf die Nachricht gefasst, dass zwar weiterhin recht ausgeglichen 105 Jungen auf 100 Mädchen geboren werden, sie aber später drei mal so oft in den Medien erscheinen.

* Erläuterung der Codierung auf dem Foto
2) Topic - das Thema des Berichts;
3) Reporterin = 1, Reporter = 2;
4) Frau = 1 oder Mann = 2 wird namentlich genannt und zitiert;
5) Frau = 1 oder Mann = 2 wird auf einem Foto gezeigt etc.


***
Die Ergebnisse vom GMMP 2010 kann man ebenfalls im Watch-Salon nachlesen.
World Association for Christian Communication (WACC) - See more at: http://www.waccglobal.org/who-we-are/our-organization/about-wacc#sthash.R6OIEoX6.dpuf
World Association for Christian Communication (WACC) - See more at: http://www.waccglobal.org/who-we-are/our-organization/about-wacc#sthash.R6OIEoX6.dpu
Who makes the news?
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