Wie geht Karriere? Aufstiegswillige Frauen können sich gut an dieser Frau orientieren: Bettina Reitz, 52, gerade zur ersten hauptamtlichen Präsidentin der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) gekürt, hat das Richtige studiert, gut gearbeitet, alle paar Jahre ein interessantes Angebot bekommen und - angenommen. Kein langes Zögern, von wegen Mann und Kind (heute 18). Passend dazu die ihr zugeschriebenen Attribute: durchsetzungsstark, besonders teamfähig, angstfrei und neugierig. Auch ein besonderes Stilmittel zeichnet Bettina Reitz aus: Sie hat sich früh eine herrliche Haartolle zugelegt, die ihr nicht nur einen unverwechselbaren Vierziger-Jahre-Anstrich gibt, sondern sie auch noch einen halben Kopf größer erscheinen lässt als sie ohnehin ist.
Ein paar Lebensstationen im Schnelldurchlauf: 1988 Magister in Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften sowie Psychologie in Frankfurt. Dort an der Schauspielschule abgeblitzt. Begründung: Sie wirke nicht wie eine Frau, die sich vorschreiben lassen wolle, wie sie zu spielen habe. Beginn als freie Produzentin und Regisseurin bei HR und WDR, Redakteurin beim Fernsehspiel des ZDF, später Leiterin Spielfilm und Serie beim BR, danach kurz Geschäftsführerin bei der unrühmlichen Degeto, ab 2012 Fernseh-Direktorin beim Bayerischen Rundfunk, jetzt die Leitung der HFF. Auf ihre Kappe gehen herausragende Filme wie "Das Leben der anderen", "Sophie Scholl" oder "Das weiße Band" - dafür bekam sie bereits mit 47 Jahren den "Hans Abich Preis" für besondere Verdienste für den Fernsehfilm. Als überzeugte Netzwerkerin ist Bettina Reitz Mitglied im Aufsichtsrat des FilmFernsehFonds Bayern, Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Mitglied der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, der Deutschen und der Europäischen Filmakademie.
Eine gelungene Kindheit
Wie sie erzählt, wurde in ihrer Familie in Hessen sehr offen diskutiert, viel gesungen und gelesen. Die drei Töchter bekamen früh einen eigenen Fernseher und verschwanden gern ins kleine Kino der hessischen Kleinstadt. "Als Kind habe ich Hörspiele gemacht und meine jüngere Schwester als Geräuschemacherin eingesetzt." erzählt Reitz in einem BR-Interview. "Vielleicht wurde durch all diese Erfahrungen mein Blick geschult und meine Begabung, erzählerisch zu gestalten und in Dramaturgien zu denken, gefördert".
"Meine Stärken liegen in der Diplomatie, Kreativität und hoffentlich auch Originalität"
Wird schon stimmen. Denn die neue HFF-Chefin ist Synästhetikerin, besitzt eine besondere Begabung, die in kreativen Berufen und bei Frauen am häufigsten auftritt. "Im Kopf von Bettina Reitz hat jeder Buchstabe eine eigene Farbe", schreibt die ZEIT. "Großbuchstaben leuchten so stark, dass sie ganze Wörter einfärben. Den "Anfang" eines Filmprojektes sieht sie in kräftigem Rot, "Gremien" sind für sie knallgrün, und das Wort "Durchhalten" ist weiß wie Schneeflocken, die manchmal ganze Landstriche bedecken."
Dass das Thema Frauen in Führungspositionen heute immer noch diskutiert werden müsse, gefällt ihr gar nicht. In verschiedenen Interviews wird deutlich, dass Reitz sich Frauen weniger vorsichtig und zaghaft wünscht. Es sei schade, dass sie sich immer noch fortwährend erklären und rechtfertigen müssten. Leider höre auch sie von begabten Frauen öfter den Satz "Das tue ich mir doch nicht an".
"Das habe ich inzwischen gelernt: Wenn ich die Möglichkeit habe, zu sagen: „Achtung, Augen auf! Die Frau ist gut!“, dann mache ich es auch".
Bettina Reitz im Interview mit der TU-München
JB-Kollegin Sissi Pitzer unterhielt sich vor zwei Jahren für die "Pro-Quote-TAZ" mit der Medienmanagerin über die mangelnde Akzeptanz weiblicher Lebensentwürfe. "Ich habe mich von keiner Partei in meinem beruflichen Leben jemals unterstützt gefühlt. Diese Begünstigungen für die Frau, die zu Hause bleibt und nicht arbeitet, die fängt schon bei der Besteuerung an. Es gab keine Ermutigung für eine Frau wie mich, die immer auch Familie wollte, aber eben auch leidenschaftlich gerne arbeitet und ihre Fähigkeiten einbringen will."
Letztendlich habe sie sich dafür noch rechtfertigen müssen. Das Familienmodell mit Beruf könne man sich eigentlich nur leisten, wenn beide so viel verdienen, dass man sich die Unterstützung organisieren und finanzieren könne. Bettina Reitz bedauert die Überforderung vieler Frauen. "Sie fühlen sich am Ende immer stärker verantwortlich für das familiäre Umfeld, egal wie partnerschaftlich die Ehe ist. Frauen müssen auch akzeptieren, dass Männer Kinder anders erziehen. Wir müssen lernen loszulassen!"
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