Dienstag, 14. Juni 2016

Sieben wütende Göttinnen - ab sofort im Kino

Filmplakat zu "7 Göttinnen"    Jungle Book Entertainment


Junggesellinnenabschied á la Indien? So sieht es erst mal aus, wenn Freida ihre alten Studienkolleginnen in ihr Ferienhaus in Goa einlädt. Es geht sehr virtuos los, in diesem Film "7 Göttinnen", mit schneller Musik und wilden Schnitten. In der farbenfreudigen Kulisse des Ferienparadieses wird viel gelacht, getanzt und gelästert, auch, weil keine der Frauen etwas von einem Bräutigam wusste. Doch nicht nur die Lüftung dieses Geheimnisses bringt enormen Schwung in diesen ganz un-bollywood-mäßigen Freundinnen-Kracher, auch das  gnadenlose Vorführen indischen Machotums mit entsprechenden Rachephantasien machen aus diesem Film ein feministisches Fest mit Kitschbeilagen.

Co-Autorin Subhadra Mahajan hat zusammen mit dem Regisseur Pan Nalin ("Samsara") ein mutiges Drehbuch geschrieben, das allen Seiten Raum gibt und es auch den sieben Hauptdarstellerinnen überließ, ihre eigenen Dialoge zu entwickeln. Die Vielfalt Indiens offenbare sich schon in den Rollen, sagte Mahajan der "Times of India". Da prosten sich die Christin, Hinduistin und Muslimin zu, hockt eine Anglo-Inderin neben einer Bengalin, die taffe Geschäfsfrau neben der bisher erfolglosen Musikerin und einer von der Schwiegermutter getriezten Hausfrau, die doch einst die besten Noten schrieb. "Wir zeigen die Frauen in all ihren Facetten, ihrer Einzigartigkeit, jeder Charakter soll glaubwürdig sein".


Göttin Kali in einer alten Zeichnung

Und so versammelt sich eine diskutierfreudige Schwesternschaft unter dem Bild der Rache-Göttin Kali, die mit ihrer herausgestreckten Zunge den Zorn verkörpert, aber auch für Umbruch und Erneuerung steht. Genau das, wofür die Freundinnen kämpfen: weg mit den patriarchalen Strukturen, den ständigen Anzüglichkeiten, mehr vom Traum eines freien, selbstbestimmten Lebens (hier Interview mit zwei der Hauptdarstellerinnen). Kein Thema wird ausgelassen. Kastenunterschiede, arrangierte Ehen, Vergewaltigungen, Homosexualität - schwere Kost für ein Land mit sehr konservativen Rollenbildern. Die Reaktionen folgten prompt. Der Film läuft in Indien nur in zensierter Fassung und begleitet von harschen Kommentaren. Aufmüpfige Mädchen und Frauen werden neuerdings "Angry Indian Goddess" (nach dem Originaltitel) gerufen.



Anushka Manchanda mit ihrem Titelsong "Zindagi"  ("https://www.facebook.com/siebenGoettinnen/videos/301198813544951/)   Foto: Jungle Book Entertainment /Swapnil Sonawane


Im zweiten Teil des Films kippt die Stimmung, bahnt sich ein Drama an. Nein, auch die Inderinnen werden noch lange für ihre Ziele kämpfen, aber eine ebenso kraftvolle wie berührende Szene am Ende zeigt noch einmal ihre Verbundenheit - und ihre Ansage, zu kämpfen.


Der Film, ausgezeichnet auf den Filmfestivals in Toronto, Rom und Hof, läuft in Deutschland ab Donnerstag, 16. Juni 2016. Es gibt noch einige Previews mit den Schauspielerinnen (Button Kinotour). Witziger ist der Film in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln.

2 Kommentare

  1. Danke für den Tipp! Hatte heute die Gelegenheit, eine der Vorführungen der Kino-Tour zu sehen, im Kölner Odeon-Kino. Der Film wurde in OmU gezeigt und anschließend waren 5 der Darstellerinnen auf der Bühne, um Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Nicht nur der Film war sehr beeindruckend und berührend, sondern auch die fünf Frauen hinterher, wie sie erzählten, immer noch leidenschaftlich involviert, teilweise weinend, sich umarmend und einander tröstend und ermutigend. Das war ein großartiges Erlebnis.
    Es ist der erste indische Film, in dem es nur weibliche Hauptrollen gibt, der erste, der sich mit der aktuellen Situation von Frauen aus dem urbanen Milieu auseinandersetzt. Es gab kein Skript, sondern alles ist improvisiert. Nach wochenlangen Workshop-ähnlichen Proben wurde chronologisch gefilmt. Den Schauspielerinnen wurde immer nur kurz vorher gesagt, was als Nächstes passieren würde. Dadurch wirkt ihr Spiel so authentisch und direkt, ihre Reaktionen so glaubhaft.
    Es ist toll, dass der Film so erfolgreich ist, weltweit gezeigt wird und sogar von Netflix gekauft wurde. Denn die Macher haben eine Mission: sie wollen die indischen Frauen ermächtigen, für ihre Rechte zu kämpfen, für Selbstbestimmung und Freiheit, gegen die ihnen permanent drohende sexualisierte Gewalt. Auch das für uns befremdlich wirkende Ende erhält vor diesem Hintergrund seine Berechtigung. Es gibt eine Szene, in der alle sieben Frauen für ein Foto als Rache-Göttin Kali posieren, diese Szene ist der Schlüssel zum Film.
    Also folgt alle der Film-Empfehlung von Magdalena – es lohnt sich!

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  2. Ich war einer von zwei Männern im Kino. Wie schon von Kommentaren auf moviepilot vorgewarnt, gibt es einen Moment, an dem man fast das Kino verlässt. Viel tralala unter Frauen, lustiger Mädchenabend...aber plötzlich kippt die Stimmung und wird authentischer..(aus Männersicht). Habe mich neu in Goa verliebt, wo ich bereits einmal drei Monate verbringen durfte...eine explodierende Natur, kleine Sträßchen, Strand, Sunset, alte portugiesische Kolonialvillen. Auch die Haltung der Polizisten nach der tödlichen Vergewaltigung spiegelt gut das, leider noch zum Teil, vorherrschende Frauenbild in Indien.
    Gruß an Magdalena :-)

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