Mittwoch, 5. April 2017

Die vielgereiste Dozentin - Fünf Fragen an Cornelia Gerlach

von Tina Stadlmayer


Der Journalistinnenbund feiert sein 30jähriges Jubiläum, vom 30. Juni bis 2. Juli 2017 am Gründungsort Frankfurt. Bis dahin stellt der Watch-Salon mit der Interviewserie "Fünf Fragen" in lockerer Folge ganz unterschiedliche Kolleginnen des jb vor, um die Vielfalt unseres Bündnisses und der jeweiligen journalistischen Arbeit zu zeigen. 

Cornelia Gerlach, Mitgründerin von Amal, Berlin!, Buchautorin, Reisejournalistin und Dozentin / Foto: Rolf Schulten

Wir wollten in dieser Interview-Serie die richtige Mischung und deshab natürlich auch Print-Kolleginnen befragen. Davon gibt es gar nicht so viele im jb. Das mag daran liegen, dass es schwer geworden ist, alleine vom Schreiben über die Runden zu kommen. Umso interessanter ist es zu erfahren, wie es Cornelia Gerlach jahrelang geschafft hat, vom Reisejournalismus zu leben. Zur Zeit ist sie aber vor allem mit ihrem neuen Projekt "Amal, Berlin!" beschäftigt, einem Nachrichtenportal auf Arabisch und Farsi.

Was beschäftigt dich zur Zeit am meisten?


Ich baue gerade an der Evangelischen Journalistenschule das Projekt "Amal, Berlin!" mit auf. Gemeinsam mit geflüchteten Kolleginnen und Kollegen aus Syrien, Afghanistan, Iran und Ägypten  habe ich eine Nachrichtenplattform auf Arabisch und Farsi gegründet. Wir machen Nachrichtenjournalismus für Leute, die in Berlin und Umgebung wohnen und noch nicht genug Deutsch können, um sich in den deutschen Medien zu informieren. Seit Anfang März ist die Plattform online und wir hatten innerhalb weniger Tage fast 1300 Likes auf Facebook. Davor gab es den Workshop "Journalistisches Arbeiten in Deutschland" und wir haben drei Monate lang offline trainiert.


Du hast in den letzten Jahren viele weite Reisen unternommen und große Reportagen geschrieben. Ich weiß aus eigener Erfahrung wie aufregend, aber auch schwierig das sein kann. Worauf bist du besonders stolz?


Besonders stolz bin ich auf mein Buch über Josefine Peary: "Pionierin der Arktis". Darin geht es um eine Frau, die dafür gesorgt hat, dass ihr Mann den Nordpol erreicht hat. Das Schreiben hat mir sehr viel Spaß gemacht. Über Josefine Peary habe ich auch bei Zeit-Online, Geolino, Emma und im Tagesspiegel geschrieben. Ich habe in den letzten Jahren auch eine Reihe schöner großer Reisereportagen gemacht, zum Beispiel über Feuerland, Mali, Vietnam und Madagaskar - die waren übrigens besser bezahlt als das Buch. Die meisten dieser Reisen habe ich im Auftrag der Zeitschrift Brigitte unternommen. Organisierte Pressereisen mag ich nicht, weil man da in einer großen Gruppe herumgeführt wird. Ich biete lieber von mir aus Geschichten an.


Wie hat sich der Journalismus für dich verändert? 


Ich habe miterlebt, dass eine Reihe von festangestellten Redakteurinnen entlassen wurden. Sie sind dann nicht mehr als Ansprechpartnerinnen da und das macht die Arbeit für mich schwieriger. Da fehlen dann die netten Leute auf der anderen Seite. Das hat sicher auch dazu beigetragen, dass ich zur Zeit als freie Autorin nicht mehr so viel mache. Als Freie muss man immer bereit sein, seine Schwerpunkte zu verschieben und was Neues zu machen. Die Arbeit an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin und der Reportage-Kurs, den ich an der Akademie für Publizistik in Hamburg gebe, machen mir genauso viel Spaß wie das Schreiben.


Cornelia Gerlach


Freie Autorin und Dozentin

Branche: Magazine, Hörfunk und Journalist*innenausbildung
Beruf: Journalistin, Autorin, Dozentin
Standort: Berlin
jb-Engagement: Sprecherin der Regionalgruppe Berlin


Watch-Salon Autorin Mareice Kaiser und du, ihr arbeitet beide in der "Journalistenetage" in Berlin. Wie funktioniert dieser Zusammenschluss?


Wir haben eine Fabriketage in Kreuzberg, in der 14 Leute ihren Schreibtisch haben. Wir teilen uns die Miete, die Kaffeekasse und die Zeitungsabos. Das ist netter, als sich alleine durchzuwursteln. Da kann ich auch mal sagen: "Ich bin gerade total genervt, kannst du mich mal trösten?" Manchmal lesen wir unsere Geschichten auch gegen.


Du bist auch Sprecherin der Regionalgruppe Berlin des jb. Wie läuft es so bei euch?


Wir haben vor ein paar Tagen die Mitglieder der Gruppe gebeten, Themenvorschläge fürs kommende Jahr zu machen. Da kamen zuerst nur fünf oder sechs. Aber beim zweiten Appell sind mehr eingetrudelt und wir treffen uns jetzt, stricken Pussy Hats und reden darüber, welche Themen uns wichtig sind und was wir in den nächsten Monaten machen wollen. Wir sind ein tolles Netzwerk von Kolleginnen aus unterschiedlichen Medien.


Schön, Dich im jb dabei zu haben, Cornelia!

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In dieser Serie erschien bereits:

Die flexible Vermittlerin - Fünf Fragen an Jasmin Lakatos
Die vielseitige Freie – Fünf Fragen an Tina Srowig
Die forschende Blattmacherin - Fünf Fragen an Barbara Nazarewska
Die schreibende Psychologin - Fünf Fragen an Nele Langosch
Die Neue im Team - Fünf Fragen an Eva Hehemann
Die Gründerinnen des Medienlabors - Fünf Fragen an Helga Kirchner und Sibylle Plogstedt

Weitere interessante Kolleginnen im Journalistinnenbund finden sich in der Expertinnendatenbank.

Kommentare

  1. Das ist wieder ein schönes Interview mit einer interessanten Kollegin. Und sehr lobenswert, dass sie sich von organisierten Pressereisen distanziert ...

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