Laura Kuenssberg berichtet vom Parteitag der Konservativen. Ihr Bodyguard ist nicht im Bild. Foto: BBC-Schnappschuss |
Als die politische Korrespondentin der BBC, Laura Kuenssberg, vor Kurzem von den Parteitagen der Labour Party und der Konservativen berichtete, stand meist ein kräftiger junger Mann hinter ihr - ihr Bodyguard. Das ist eine neue und besorgniserregende Entwicklung: Die Korrespondentin einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt wird so sehr bedroht und angegriffen, dass sie ihre Arbeit nur noch in Begleitung eines Bodyguards verrichten kann. Zugegeben, Laura Kuenssberg schafft es nicht immer, die nötige Distanz zu wahren. Dem Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn stellte sie frechere Fragen als der konservativen Premierministerin Theresa May. Aber auch May hat sie schon ordentlich in die Mangel genommen, und dafür lieben wir doch die BBC, dass ihre Korrespondent_innen (im Vergleich zur ARD) viel offensivere Fragen stellen.
Doch offenbar haben genau damit viele ein Problem. Sie bombardieren die BBC-Korrespondentin mit drohenden und sexistischen Hass-Mails und Tweets. Auf Pressekonferenzen wird sie regelmäßig angezischt und ausgebuht. Als sie dann das erste Mal mit ihrem Bodygard auftauchte, wurde sie auf Twitter als "Schneeflöckchen" verulkt. Ein User riet ihr, sie solle cooler sein und sich ein Beispiel an den Kriegsreporterinnen der BBC nehmen.
Der Hass hat eine lange Tradition
Politische Korrespondent_innen wurden auch vor Jahrzehnten angepöbelt. Und die Frauen unter ihnen mussten sich immer mal wieder gegen sexistische Übergriffe zur Wehr setzen. Das beschreibt meine Nachfolgerin im Bonner Spiegel Büro, Ursula Kosser, in ihrem Buch "Hammelsprünge". Doch durch Hass-Mails und Tweets hat das Ganze eine neue Dimension bekommen.
Kuenssberg ist nicht die einzige BBC-Reporterin, die heftig angegriffen wird. Auch die Radio-5-Moderatorin Emma Barnett bekam Hassmails, nachdem sie Jeremy Corbyn gefragt hatte, wie er seine Wahlversprechen finanzieren wolle. Die Moderatorin des TV-Nachrichtenjournals "Newsnight", Emily Maitlis, wurde jahrelang von einem Stalker mit Briefen und Mails belästigt. Sie ging vor Gericht und ihr Stalker wurde verurteilt.
Linke Nachrichtenseiten im Netz wie "the Canary" oder extrem rechte Seiten wie "Westmonster" gehen mit den Korrespondent_innen der BBC regelmäßig hart ins Gericht. Kuenssbergs Vorgänger als BBC-Korrespondent, Nick Robinson, warf ihnen im "Guardian" vor, sie führten einen "Guerrilla- Krieg" gegen die BBC. Er beklagt die "zunehmende Polarisierung in unserer Gesellschaft und die zunehmenden Nutzung von Alternativen zu dem, was sie MSM nennen - Mainstream Medien." Leider trägt Robinson mit Begriffen wie "Guerilla-Krieg" selbst zur Polarisierung bei.
Was tun gegen Hater?
Der Vorsitzende des BBC-Verwaltungsrates, David Clementi, sieht vor allem Politiker, Facebook und Twitter in der Pflicht: Politiker dürften nicht "daneben stehen und zuschauen", wenn Korrespondentinnen angegriffen würden. Er verfolge auch die Anstrengungen von Facebook und Twitter, "dem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben", und hoffe, dass da noch mehr geschehe. Damit lenkt Clementi vom teilweisen Versagen seiner eigenen Gesellschaft ab. Die BBC hat genau wie die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender das Problem, dass es nicht einfach ist, mit Hatern umzugehen und die Nutzer alternativer Medien für sich (zurück) zu gewinnen. In Deutschland versucht zum Beispiel Anna-Mareike Krause, die Social Media-Koordinatorin der Tagesschau, „die Menschen auf unsere Seite des Grabens ziehen“. Im Interview mit dem Watch-Salon sagte sie: "Das heißt nicht, dass sie eine bestimmte Position vertreten müssen. Sondern, dass wir sie nicht verlieren dürfen, für Fakten und Informationen ansprechbar zu bleiben." Auch Ingrid Brodnig beschreibt das Phänomen in ihrem Buch "Hass im Netz".
Am Mittwoch, 18. Oktober, berichten wir im Watch-Salon über den Kampf der BBC-Frauen gegen Lohndiskriminierung.
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