Selbstbewusste junge Journalistinnen aus Palästina, Marokko, Ägypten und Tunesien. / Foto: Tina Stadlmayer |
So viele interessante Frauen auf einer Konferenz: Die Palästinenserin Maysoun Odeh, die den Frauen-Radiosender Nisaa FM gegründet hat, Shahira Amin von der Union of Media Women in Egypt, die blinde Psychologin Laila Atshan, die in Palästina Traumaopfer betreut, die Fernsehjournalistin Mabrouka Khedir aus Tunesien, Radhia Jerbi, die Vorsitzende des tunesischen Frauenverbandes UNFT, Dima Tarhini, die jeden Tag eine politische TV-Diskussionsrunde für den arabischen Dienst der Deutschen Welle vorbereitet und moderiert. Nicht zu vergessen, die vielen jungen Kolleginnen, die jeden Tag gegen Widerstände ankämpfen und sich nicht unterkriegen lassen.
„Frauen in den Medien – verbindet euch!“ lautete der Titel der Konferenz zu der die Deutsche Welle Akademie Ende November nach Hammamet in Tunesien eingeladen hatte. Unter den Teilnehmerinnen waren etwa fünfzehn junge Journalistinnen aus vielen verschiedenen arabischen Ländern, die zuvor an einem Workshop teilgenommen hatten. Auf dem Workshop ging es unter anderem um gendersensible Berichterstattung und Interviewtechniken. Zur Abschlusskonferenz kamen dann erfahrene Kolleginnen dazu, die den Jungen beim Aufbauen eines Netzwerks helfen sollten. Die Verständigung war kein Problem, da alle Kolleginnen Arabisch konnten und zusätzlich Französisch oder Englisch oder beides beherrschten.
Das erste Mentorin-Mentée-Paar hat sich schon gebildet
Meine Aufgabe war es, den Journalistinnenbund vorzustellen und die Kolleginnen zur Gründung eines eigenen Netzwerkes zu inspirieren. Am größten war das Interesse am Mentoring-Programm des jb. Die Kolleginnen waren davon so begeistert, dass sich am Rande der Konferenz bereits ein erstes Mentorin-Mentée-Paar bildete. Eine junge Kollegin hatte berichtet, dass sie während der Nachtschichten regelmäßig von ihren Kollegen sexuell belästigt wird und, dass sie sehr viel weniger verdient als die Männer. Die erfahrene Journalistin Shahira Amin reagierte sofort: „Du kannst meine Mentée werden. Wir werden gemeinsam eine Lösung finden.“
Auch die Forderung des Journalistinnenbundes nach einer Frauenquote von 50 Prozent in den Führungspositionen aller Medien wurde heftig diskutiert. Eine Teilnehmerin aus Marokko sagte, sie sehe die Gefahr, dass eine solche Quote inkompetenten Frauen Führungsjobs verschaffe. Doch die Mehrheit der Teilnehmerinnen war anderer Meinung: Wenn qualifizierte Frauen ermutigt würden, sich auf Chefinnen-Stellen zu bewerben, dann sei die Quote ein gutes Hilfsmittel um mehr Gerechtigkeit zu erreichen.
Ich erzählte auch vom brave Projekt des Journalistinnenbundes, das Journalistinnen der arabischen Welt Gehör verschaffen möchte. Auf der jb Jahrestagung 2012 hatten Kolleginnen aus verschiedenen arabischen Ländern über ihre Situation berichtet. Zwei Jahre später stellte der jb sein Mentoring-Programm in Kairo auf der Medienkonferenz „Crossing Borders – Empowering Women Journalists in Egypt“ vor. Die Veranstaltung hatten die jb-Mitglieder Kerstin Kilanowski und Sigrun Rottmann im Auftrag der Deutsche Welle Akademie organisiert. 2015 berichteten vier arabische Journalistinnen auf der Jahrestagung des jb über die schlimmen Arbeitsbedingungen für Journalist_innen in Tunesien und Ägypten.
Arabische Journalistinnen arbeiten unter sehr schwierigen Bedingungen
Auch auf der Konferenz in Hammamet war es erschütternd zu hören, unter welch schwierigen, manchmal sogar existenzbedrohenden Umständen Journalist_innen in vielen arabischen Ländern arbeiten. Regierungskritische Journalist_innen landen nicht selten im Gefängnis. Eine junge Kollegin aus Ägypten erzählte unter Tränen: "Ich habe mich wieder und wieder beworben, aber ich finde keine Stelle, obwohl ich eine sehr gute Ausbildung habe." Junge Journalistinnen haben es besonders schwer, ergänzte ihre Landsfrau Shahira Amin: „Sie sind so engagiert, aber man gibt ihnen kaum Chancen zu arbeiten.“ Shahira Amin war bis 2011 stellvertretende Chefredakteurin des staatlichen Senders Nile TV. Sie kündigte, weil sie die einseitige Berichterstattung über die arabische Revolution nicht mehr mittragen wollte. Heute arbeitet sie freiberuflich und engagiert sich für die Union of Media Women in Egypt. In Tunesien gibt es im Vergleich zu Ägypten etwas mehr Freiheit und mehr Jobs für Journalistinnen. Mabrouka Khedir aus Tunis kritisierte jedoch: „Hier arbeiten zwar viele Journalistinnen, aber die Berichterstattung ist insgesamt sehr schlecht, weil es an guter Ausbildung fehlt."
Nach dem Erfahrungsaustausch ging es darum, Lösungen zu erarbeiten. Die Journalistinnen einigten sich darauf, dass sie sich zunächst über eine Facebock-Gruppe verbinden wollen. Der nächste Schritt soll eine eigene Webseite sein, auf der die Kolleginnen Artikel zu Frauen-Themen aus den arabischen Ländern posten wollen. Diese Seite soll den jungen Kolleginnen helfen, sich einen Namen zu machen. Die Begeisterung am Ende des Kongresses über diesen gemeinsamen Plan war groß. Die Facebock-Gruppe gibt es inzwischen. Hoffentlich wird auch die Webseite bald entstehen.
Es hat Spaß gemacht, all diese starken Kolleginnen kennen zu lernen. Ich bewundere sie dafür, dass sie sich trotz aller Widerstände nicht von ihrer Arbeit abbringen lassen. Und dafür, dass sie stolz darauf sind, Journalistinnen zu sein.
Im Watch Salon haben wir schon mehrfach über arabische Journalistinnen berichtet. Christine Olderdissen schrieb über den Auftritt der Ägypterin Mona Eltahawy beim Literaturfestival in Berlin und rezensierte ihr Buch "Warum hasst ihr uns so?". Luise Loges interviewte Kerstin Kilanowski und Katrin Lechler nach der Konferenz „Crossing Borders – Empowering Women Journalists in Egypt“.
Einfach ein toller, informativer Bericht mit Hoffnung machenden Aspekten! Vielen Dank auch an Tina Stadlmayer, dass sie den Journalistinnenbund in Hammamet vertreten hat.
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