Montag, 18. Dezember 2017

#Journalistinnenwunsch

von Mareice Kaiser

Für Informationsfreiheit: THE WEAPEN / Foto: theweapen.com

"Ich brauche kein Frühstück ans Bett, ich brauche Steuerklasse 3." – So lautet ein Tweet unter dem #Muttertagswunsch, der zum Muttertag 2016 viral ging. Wir haben uns gefragt, was sich feministische Journalistinnen (zu Weihnachten und auch sonst) wünschen – also wir. Und haben hier ein paar Wünsche und Ideen:


Diversere Diskussionen


Ich wünsche mir, dass Diskussionsrunden – egal wo und zu welchem Thema – bunter werden! Nur Männer auf dem Podium? Wie langweilig! Wenn ich zu einer Veranstaltung eingeladen werde, bei der die Welt wieder nur aus männlicher Sicht erklärt wird, gehe ich nicht hin. (Eva Hehemann)

Ich wünsche mir mehr Feminismus-Debatten, -Gruppen, -Treffen, bei denen sich auch Männer engagieren. (Angelika Knop)


Medienvielfalt


Ich wünsche mir verbindliche und ehrgeizige Frauenquoten für Führungsebenen in Medienunternehmen. Und nie wieder das Gejammere, man finde ja keine oder die sagten immer ab – sondern konkrete Ideen, Maßnahmen, wie man eben Frauen ermutigt, diese Rollen anzunehmen – auch, indem man vielleicht seine Vorstellungen von Führung überdenkt.

Ich wünsche mir, dass festangestellte Redakteur*innen selber kontrollieren, ob sie Männern und Frauen unter ihren freien Mitarbeiter*innen wirklich die gleichen Honorare zahlen – und möglichst nicht nur die gleichen schlechten Honorare.

ARD und ZDF sollten ihren Auftrag zur Meinungsvielfalt so wahrnehmen, dass sie ihre Talkshows divers besetzen – nicht nur nach Parteien und Meinungen – auch nach Männern, Frauen, anderen, sowie Migrationshintergrund, verschiedener sexueller Orientierung... Wenn die ARD beispielsweise auf ihrer Homepage schreibt: Die ARD strebt an, die Vielfalt gesellschaftlichen Lebens widerzuspiegeln – dann möchte ich das auch bei Anne Will sehen. (Angelika Knop)


Informationsfreiheit


Ich wünsche mir Informationsfreiheit für alle, überall. Um ein weltweites Zeichen gegen gewaltsame Unterdrückung zu setzen, haben die Reporter ohne Grenzen den Kugelschreiber THE WEAPEN entwickelt, den es jetzt in zweiter, unlimitierter Edition gibt. (Mareice Kaiser)


Gute Veranstaltungen


Ich möchte 2018 endlich auch mal zur re:publica gehen. Die Veranstalter*innen machen nämlich alles richtig und sind stolz darauf, ebenso viele Frauen wie Männer als Speaker*nnen zu haben. I like it a lot! (Eva Hehemann)


Schöne Filme und Bücher


Hab’ ich schon und möchte ich weiter empfehlen: Der Film „die göttliche Ordnung“ über Schweizer Frauen, die für ihr Wahlrecht kämpfen, ist rechtzeitig zum Fest als DVD zu haben. Der Fotoband „Meisterinnen des Lichts“ ist 2014 bei Prestel erschienen und mittlerweile nur noch antiquarisch zu kaufen – eine Kostbarkeit! (Eva Hehemann)

Wird im Watch-Salon doppelt gut gefunden: der Film "Die göttliche Ordnung".
Auch gut: "Meisterinnen des Lichts" / Foto: Eva Hehemann

Endlich gibt es den wunderbaren Film "Die göttliche Ordnung" auf DVD. Damit kann ich ihn einwickeln und an alle verschenken, die ihn in diesem Sommer im Kino verpasst haben. Wie in "Suffragette" geht es um den Kampf um das Frauenwahlrecht. Aber die Geschichte spielt nicht in Großbritannien zum Beginn des 20. Jahrhunderts, sondern in der Schweiz des Jahres 1971. Hauptfigur ist Nora, Hausfrau und Mutter und eigentlich ganz glücklich verheiratet. Ihr Mann will ihr nicht erlauben zu arbeiten und im Jahr 1971 hat er in der Schweiz das Recht dazu. Auf ihrer Suche nach Selbstbestimmung trifft Nora auf die Frauenbewegung und schließt sich dem Kampf für das Frauenwahlrecht an. Dieser Film ist mitreissend, weil er keine schwarz-weiß-Malerei betreibt und weil seine Hauptfiguren so liebenswert sind. Besonders schön sind die Szenen, in denen Nora gemeinsam mit ihren Freundinnen ihre weibliche Sexualität entdeckt. Ein Film, der sehr aktuell ist, obwohl er in den 1970ern spielt. Wer ihn im Doppelpack verschenken will, kann gleich noch "Suffragette" dazu legen. (Tina Stadlmayer)

"Mrs. Hemingway" von Naomi Woods ist eine Roman-Biografie der vier Frauen, die konsekutiv mit Ernest Hemingway verheiratet waren. Zwei von ihnen waren wie ihr geliebter, berühmter, untreuer Gatte Journalistinnen, alle waren sehr interessante Persönlichkeiten. Ich bin ein großer Hemingway-Fan, wobei ich nicht glaube, dass ich ihn als Person gemocht hätte. Aber die Literaturwissenschaftlerin Woods schreibt herzzerreißend gut, immer auf die Sichtweise ihrer vier Protagonistinnen bedacht, der große Schriftsteller bleibt Nebendarsteller, Sehnsuchts- und Lustobjekt und Stein des kollektiven Anstoßes. Ich würde ihr Buch jeder an guter Literatur interessierten Frau schenken, und auch jeder feministischen Journalistin, die auch nur ein klein bisschen romantisch veranlagt ist. (Luise Loges)


Dufte Gleichberechtigung


Vor langer Zeit trugen Feministinnen lila Latzhosen, 2018 dürfte es jedoch ein Hauch von „Feminista“ sein, das erste Parfum der Welt, das ein Zeichen für Gleichberechtigung setzen will. Mit dem „polarisierenden Duft“ von Veilchen & Leder, rosa Pfeffer & Zedernholz, Wacholderbeere & Styrax und designt für „alle Identitäten unabhängig von Herkunft, Geschlecht und sexueller Präferenz“. Wer demnächst „Feminista“ in der Bundespressekonferenz oder auf der Pressebank bei einem spektakulären Gerichtsverfahren zum Entgeltgleichheitsgesetz erschnuppert, ahnt – hier hat eine Journalist*in ein feministisches Geschenk zu Weihnachten bekommen oder sich selbst mit dem Parfum verwöhnt. Die Duftkreation ist mit 132 Euro nicht gerade preiswert, aber 15 % des Nettoverkaufspreises wandern an gemeinnützige Projekte aus Kunst, Politik und Aktivismus, die den Feminismus in die Welt hinaustragen. (Christine Olderdissen)

Politisches Parfum! / Foto: feminista.world


Ein Buch zur Selbstbefeuerung und ein Geschenk, um andere anzustecken


"Einmischung ist die einzige Möglichkeit, realistisch zu bleiben", hat sich die Böll-Stiftung zum Motto gemacht. Das sieht auch die Journalistin Gabriele von Arnim so und fordert uns zusammen mit den Kolleginnen Christiane Grefe, Susanne Mayer, Evelyn Roll und Elke Schmitter auf, den Arsch zu erheben. Roll mahnt uns Medienschaffende, in Zeiten von Falschnachrichten noch besser zu werden, genauer zu berichten und Nachrichten und Kommentar wieder scharf zu trennen. Andere setzen auf Bildung, zivilgesellschaftliches Engagement, neue NGOs. Immer konkret, realistisch, verständlich. Keine wilden Theorien in diesem Buch. Grefe freut sich über die vielen neuen Zukunftsbilder, über die Ideen zu einer anderen Globalisierung, einem anderen Wachstum, einer anderen Landwirtschaft und einem stärkeren Europa-Parlament. "Es wird ein Langstreckenlauf, aber viele sind schon losgelaufen." "Was tun - Demokratie versteht sich nicht von selbst", Verlag Antje Kunstmann (Magdalena Köster)





Ein Buch für die Journalistin und Multiplikatorin, und ein Geschenk für junge Männer, die es sich verhütungstechnisch immer noch gemütlich machen


Sie nützt uns seit 50 Jahren. Sie nervt uns seit 50 Jahren. Sie hat auch schon manche Frau krank gemacht. Und den Männern ein lässiges Liebesleben ermöglicht. Die Pille. Sabine Kray, Jahrgang 1984, hat mit 15 begonnen, die Pille zu schlucken und erst, als sie nach 17 Jahren damit aufhörte, gemerkt, "dass man auch ganz und gar unvermittelt an Sex denken kann". Entsprechend wütend ist sie darüber, wie sehr die Pharmaindustrie Einfluss auf das sexuelle Begehren von Millionen Frauen nimmt. Frauen, die teilweise noch gar kein Gefühl für die eigene Sexualität hätten, würden einem Arzneimittel ausgesetzt, das die Libido oft stark einschränkt.

Kray regt sich zu Recht auf, wieso ein Präparat mit einem Beipackzettel voller Risiken von den Behörden einst so locker abgenickt wurde. Steckt auch die Botschaft dahinter, es mache einen größeren Busen, eine bessere Haut und schönere Haare? Unglaublich zudem, warum die Forschung an der Männerpille ganz weitgehend eingestellt wurde: Zu viele Nebenwirkungen wie Depressionen, Gewichtszunahme oder Hautprobleme. Krays These: Erst wenn weltweit viele Frauen die Pille wegen ihrer Nebenwirkungen boykottieren, kommt die öffentliche wie kommerzielle Forschung zu einer besseren Verhütung für Männer wie für Frauen wieder richtig in Gang. Sabine Kray, "Freiheit von der Pille" - Eine Unabhängigkeitserklärung, Tempo-Verlag (Magdalena Köster)


Ausgezeichnete Journalistinnen


Ich wünsche mir Preisverleihungen für Journalist*innen, bei denen auf der Bühne genau so viele Frauen wie Männer stehen oder in Rollstühlen sitzen. Und Jurys, in denen es ähnlich aussieht. Und journalistische Jahresrückblicke, die nicht ausschließlich männliche Protagonisten haben. Ich will das ewige Immerhin nicht mehr hören. (Mareice Kaiser)

Frauenquote, Lohngleichheit, gute Medien, Vielfalt, Gerechtigkeit – wenn wir das alles bekommen, nehmen wir auch gern das Frühstück ans Bett.

Kommentare

  1. Bin begeistert, dass Sabine Kray dieses Buch geschrieben hat und auf unserem Berliner JB-Treffen im November uns auch von seiner Entstehungsgeschichte berichtete. Spaßeshalber verlinke ich hier meine Glosse zum Thema http://gutepillen-schlechtepillen.de/gloss-von-feen-und-hormoenchen/

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