Mittwoch, 20. November 2019

Bernadette - im Brombeergestrüpp verheddert. Eine Filmkritik

von Christine Olderdissen 

Paddeltour im ewigen Eis: Cate Blanchett als Bernadette / Foto: Universum Film

Das Beste in diesem Film passiert am Anfang und am Ende. Dann, wenn Cate Blanchett in der Rolle der Bernadette in einem Kajak durch die beeindruckende Eislandschaft der Antarktis paddelt. Die Formationen aus strahlend weißem, tauendem Gletschereis sind so ungewöhnlich wie das Gebäude, für das Bernadette in jungen Jahren als angehende Stararchitektin gefeiert worden ist. Der Film zieht allerdings keine Verbindung zum architektonischen Wagnis, sondern benutzt den spektakulären Drehort als Kulisse für die dramaturgisch notwendige Zuspitzung dieses lahmen Filmes von Richard Linklater. So what.


Bernadette lebt in einer schlossartigen Villa in Seattle. Achtung – jetzt kommen die Metaphern: Die geschmackvoll eingerichteten Räume sind heruntergekommen, es regnet rein und Brombeergestrüpp bemächtigt sich des Gebäudes und des ganzen Riesengrundstücks. Die Architektin hat das Haus nicht im Griff und – das will uns das Drehbuch wohl sagen – auch ihr Leben nicht. Sie, die so quicklebendig ist, will offensichtlich nicht wahrhaben, dass sie ihre ambitionierte Karriere in einen Dornröschenschlaf versetzt hat. Das mit der Architektur hat nicht geklappt und nachdem sie ein herzkrankes Kind zur Welt gebracht hat, führt sie ein Leben als Hausfrau und Mutter.

Bernadette mit Tochter Bee und Ehemann Elgie in ihrer heruntergekommenen Villa / Foto: Universum Film

Diese Art Plot wiederfährt wohl zahllosen Frauen der westlichen Welt. Kind statt Karriere. Wenn sich am Ende der Schulzeit die Kinder anschicken flügge zu werden, steht das Lebenskonzept in Frage – wie geht es jetzt weiter und hatte ich nicht mal andere Pläne der Selbstverwirklichung? Auch Bernadette fühlt den Schmerz des nahen Abschieds von der Tochter, doch bevor sie sich Gedanken über ihre Zukunft machen kann, kommt ihr der Ehemann zuvor und versucht sie für verrückt zu erklären. Im Märchen küßt der herbeigelaufene Prinz Dornröschen wach, aber Bernadette ist wach, sehr wach. Sie flieht – wohin? In die Antarktis natürlich.

Der Rest ist Hollywood, ziemlich vorhersehbar, aber leider auch schwach orchestriert. Obwohl sich Regisseur Linklater mit der Darstellung menschlicher Zwischentöne einen Namen gemacht hat - erinnert sei an die großartige Liebes-Trilogie "Before Sunrise" -, gelingt ihm hier alles nur halbgar. Billy Cudrup als Ehemann und Emma Nelson als halbwüchsige Tochter geben ein blasses Bild ab neben der charismatisch agierenden Cate Blanchett. Immerhin ein Erlebnis, sie in einer relativ natürlichen Rolle als amerikanische Hausfrau zu sehen. Sie redet viel und schnell und mit einer – im Original – erstaunlich dunklen Stimme. Die zweifache Oscar-Preisträgerin allein kann den Film jedoch nicht retten. Jeder „Fernsehfilm der Woche“ der ARD ist tiefgründiger und analytisch genauer als „Bernadette“.

"Bernadette" startet am Donnerstag, 21. November in vielen Kinos.

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