Sonntag, 2. November 2008

Freiwilliger Daten-Striptease


Ganz ohne (Kopf-)Schutz? Das Plakat der Medientage Foto: Angelika Knop

Für Joel Berger, den Managing Director von MySpace Deutschland, war eines klar:"Wer keins hat, ist sozial nicht da." Gemeint waren die sozialen Netzwerke im Internet, wie Lokalisten, XING oder StudiVZ und eben auch MySpace. Und auch eine Zuschauerin empörte sich:"Man muss doch nicht nur die Risiken sehen, sondern auch die Chancen. Leute haben darüber auch Jobs gefunden." 

Die Podiumsdiskussion "Virtuelle Nabelschau? Zwischen Schutz der Privatspähre und Selbstdarstellung im Internet" auf den Medientagen München beschäftigte sich titelgemäß aber vorrangig mit den Gefahren der beliebten Dienste. Eine Studie des Fraunhofer Instituts für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt, veröffentlicht Ende September 2008, hat es gezeigt: die privaten Daten sind in diesen Netzwerken nicht immer so privat, wie die Nutzer meinen. Mangels Verschlüsselung können andere mitlesen, zum Beispiel bei der W-LAN-Nutzng im Coffee-Shop. Und mit ein paar Tricks finden sich manchmal auch gelöschte Daten wieder. Ganz einfach geht das im Web-Archiv. Andere Nutzer können Teile des eigenen Profils klauen und damit neue erschaffen - mit Eigenschaften und bei Diensten, mit denen man nichts zu tun haben will. Doch auch wer nur im Internet surft, hinterlässt Datenspuren, zum Beispiel, weil viele Seiten das Tool Google Analytics nutzen, um ihren Erfolg zu messen und mehr über ihre Nutzer zu erfahren. 

Wer wissen will, was er wo preisgibt: Dienste wie Ontraxx zeigen, wer auf welcher Webseite Daten sammelt. Und mit einer Personen-Suchmaschine kann man oder frau herausfinden, was weltweit über sich zu lesen ist. Und schon entsteht ein neues Geschäftsmodell: der kostenpflichtige Reputation-Defender, ein Dienst, der für eine weiße Weste im Web sorgt und Inhalte sucht und entfernt, die man nicht über sich lesen will. Niemand wollte deshalb die Netzwerke grundsätzlich oder gar das ganze Internet in Frage stellen, aber der Berliner Beauftrage für Datenschutz, Alexander Dix, forderte stärkere Warnhinweise in den Netzwerken, andere Grundeinstellungen (Nutzer sollen Daten explizit freigeben müssen, nicht sperren) und Datenschutz-Aufklärung bereits in den Schulen. Und er forderte jeden Nutzer auf, Alternativen zu nutzen. Die Meta-Suchmaschine ixquick hat zum Beispiel ein Gütesiegel für Datenschutz, ist dafür aber auch langsamer als Google. Wir haben es also selbst in der Hand - zum Teil wenigstens. Kritisch hinschauen und darüber berichten müssen wir weiterhin.

3 Kommentare

  1. Das ist wohl wahr, dass man im Netz ganz schön viel von sich preisgibt. Und dennoch: Es ist doch ein Irrglaube, dass man heutzutage nicht über JEDE/N über Suchmaschinen zu Informationen kommt - ob der- oder diejenige diese nun selbst ins Netz reingestellt hat oder nicht. Da pflege ich doch lieber meine Xing-Seite und habe wenigstens die Illusion, nur das zu veröffentlichen, was ich veröffentlichen will.

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  2. So argumentierte auch Joel Berger von MySpace:"Die Leute können die Abwägung selber treffen, was sie von sich ins Netz stellen." Und so hätten sie auch die Chance, ihre eigene Identität zu erschaffen und zu kontrollieren.
    Da es aber auch ohne Weiteres möglich ist, dass andere Profile in meinem Namen erstellen (mein Foto nehmen sie dann ganz einfach aus meinem richtigen Profil), gilt das nur eingeschränkt. Das Argument, der Personaler werde bei meiner Bewerbung dann schon vergleichen und das richtige Profil herausfinden, zieht bei mir nicht so ganz. Der/die hat auch anderes zu tun.
    Und noch weniger hat mich die Aussage überzeugt:"Gerade junge Leute besitzen eine hohe Medienkompetenz." Ein anderer Diskussionsteilnehmer berichtete von einem Lehrer, der die öffentlichen Web-Profile seiner Schüler im Klassenzimmer aushängte. Daraufhin gab es einen Sturm der Entrüstung. Die hatten die offenbar für ziemlich privat gehalten.
    Also wachsam sein! (Mein Profil auf XING behalte ich aber auch.)

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  3. Schon Kinder mobben sich gegenseitig, indem sie Profile unter dem Namen von anderen Kindern erstellen. Sehr oft sind die Infos aus den beliebten Freundebüchern geklaut. Ich musste schon zweimal solche Inhalten von den Betreibern der Seiten löschen lassen. Die waren durch die Minderjährigkeit des Betroffenen sehr kooperativ und haben sofort reagiert. Aber aufgeflogen sind die gefälschten Profile nur, weil andere Jugendliche darauf aufmerksam wurden und sich über manche Einträge wunderten. Das nenne ich soziale Kontrolle. Aber die ist leider nur sehr eingeschränkt in den Weiten des Netzes möglich. Deshalb rate ich allen Eltern, dass sie sich damit beschäftigen, was ihre Kinder den lieben, langen Tag vor dem Bildschirm so treiben. Sehr viele haben leider keine Ahnung. Inwzischen gibt es sogar VHS-Kurse, in denen ahnungslose und computerferne Eltern (leider sehr oft technikfeindliche Mütter) lernen, was ihre Kinder virtuell tun. Nur Mut!
    Kürzlich gab es im Fernsehen einen Film über eine junge Frau, deren gesamtes Leben vom Redaktionsteam anhand von Einträgen in Studi-VZ rekonstruiert wurde. Soviel zur Sicherheit in social Networks.

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