Freitag, 5. Dezember 2008

Schluss mit dem Gejammer!

Grafik: Per Thomas, junger Künstler aus Bremen.

Der Journalismus ist am Ende, die Medien haben abgewirtschaftet. Die Wirtschaftskrise ist in Deutschland noch nicht einmal richtig angekommen, da sind wir in der Medienbranche längst viel weiter: In einer Rezession lassen sich Massenentlassungen wie bei der WAZ (300 Stellen), bei Gruner & Jahr (120 Stellen), Umstrukturierungen beim Süddeutschen Verlag und ähnliche solcher Nachrichten aus anderen Medienhäusern gut rechtfertigen.
Schon titelt der "Journalist" in seiner aktuellen Ausgabe (12/08) mit "Harte Einschnitte" - die Titelgeschichte ist im Tenor einer Endzeitstimmung verfasst. Beim "Medium Magazin" kommt man um das Krisenthema freilich auch nicht herum, doch hier ringt sich wenigstens Medienjournalist Stefan Niggemeier ein paar positive Gedanken ab. "Es gab noch nie so viele Möglichkeiten für Journalisten", zitiert ihn das Magazin.

In der aktuellen Online-Ausgabe findet sich dann unter dem Titel "Die Pläne in München" ein Interview mit Richard Rebmann und Karl Ulrich, Geschäftsführung des Süddeutschen Verlags mit Medium-Magazin-Chefredakteurin Annette Milz. Immerhin stellen sich die Geschäftsführer den Fragen der Medienjournalistin - auf acht Seiten erklären sie dann ausführlich die Weichenstellungen für die Zukunft. Jaja, sie könnten auch anders, wenn sie könnten. Können sie aber nicht und darum wolle man das Ganze positiv sehen: Online first.

Online zuerst, das Medium der Zukunft. Erreichten laut einer Studie der Allensbach-Forscher 1980 die Tageszeitungen noch über 80 Prozent der über 29-Jährigen und immerhin über 70 Prozent der 14- bis 29-Jährigen, sind es jetzt gerade einmal 60 beziehungsweise 40 Prozent. Tendenz sinkend. Im Netz sieht es freilich anders aus. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie sind
65,8 Prozent der deutschen Erwachsenen online, das sind immerhin 42,7 Millionen Bundesbürger. Bei den 14- bis 19-Jährigen sind es sogar 96 Prozent. Sie nutzen das Internet durchschnittlich zwei Stunden pro Tag. Fraglich dabei ist, ob sie sich in dieser Zeit bei Spiegel-Online, Faz.Net, Sueddeutsche.de oder taz.de informieren, ob sie in der ARD-Mediathek surfen - oder nicht doch eher in Social Networks wie StudiVZ unterwegs sind, sich alberne Videos bei YouTube anschauen oder illegal Musik runterladen und Online-Spiele zocken.
Haben wir es also mit ganzen Generationen von Informationsverweigerern zu tun? Wohl kaum. Der Großteil der jungen Erwachsenen möchte gut informiert sein, um Teilhabe an der Gesellschaft haben zu können. Und die Daten ihrer Mediennutzung sind doch mehr als erfreulich! Nur: Die Tageszeitungen werden an ihnen vorbeigeschrieben. Und nicht nur sie: Auch ein großer Teil der sonstigen Medienprodukten. Aber es hat auch etwas mit der gesellschaftlichen Entwicklung allgemein zu tun: In einer multikulturellen, multipluralistischen Gesellschaft stehen Medienprodukte, die eine heterogene Masse ansprechen, nicht im Kurs. Dumm ist nur, dass die Auflage die Werbung und damit die Existenz des Medienproduktes Zeitung ausmacht. Und was ist mit dem Internet? Auch hier geht es weitgehend um Klickraten, die aber gar nichts darüber aussagen, ob die Inhalte auch ankommen.

Wer jammert, beraubt sich selbst der Chance, etwas zu verändern. Die Krise schafft völlig neue Möglichkeiten. Denken statt Klagen, Initiative ergreifen statt still stehen. Wer über seine eigene Situation jammert, beschäftigt sich nur mit sich selbst - stattdessen sollten wir JournalistInnen auch einmal an unsere LeserInnen, HörerInnen, ZuschauerInnen denken.

2 Kommentare

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  2. Leider können wir den Kommentar von Marie Hansen nicht im Original veröffentlichen, da wir nicht dpa verwenden dürfen. Hier eine Version in Auszügen. Bitte ohnehin bei Kommentaren kurz fassen!

    Liebe Tina,

    du schreibst "In einer multikulturellen, multipluralistischen Gesellschaft stehen Medienprodukte, die eine heterogene Masse ansprechen, nicht im Kurs."
    Aktuelles Beispiel:
    Polylux und Radio Multikulti werden eingestellt.
    Das ist für mich allerdings Grund zum Jammern - und zum Diskutieren.
    Warum kommen diese Formate nicht an? Und: Wie sehr dominieren wirtschaftliche Vorgaben das Mediensystem?
    Denn - Qualität kann sein Publikum finden!

    Zum Hintergrund: .... (hier mussten wir leider die Meldung streichen)

    Hintergrund-Infos gibt es aber unter anderem hier.

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