Samstag, 24. Oktober 2009

Beharrlichkeit zahlt sich aus

Berlin. Ein Tusch für unsere Kollegin Heide Oestreich von der taz! Die Berliner Journalistin ist mit dem Preis "Langer Atem" des DJV-Landesverbands Berlin-Brandenburg ausgezeichnet worden - und zwar für ihre beharrliche Berichterstattung über Genderthemen und Geschlechterstereotypen. Klasse! Eine tolle Auszeichnung für die geschätzte Kollegin und eine Aufwertung der Themen, die gerne als "Gedönskram" in der Konferenz unter den Tisch fallen und für welche die Kolleginnen, die sie beharrlich besetzen, gerne als "Quoten-Feministinnen" gebrandet werden.

Was ich jedoch bemerkenswert fand: Bei den anderen PreisträgerInnen und Nominierten machte Jörg Thadeusz, an diesem Abend leider nur mäßiger Moderator der mäßigen Preisverleihung, NICHT so viele Witze wie bei der Nominierung und Auszeichnung von Heide Oestreich. Offenbar sind Geschlechterstereotype eine furchtbar lustige Thematik. Auch Hans-Ulrich Jörges, Vorsitzender der Jury und bekennender Chauvinist, konnte den einen oder anderen Makel an dem Thema ausfindig machen. Zum Beispiel, dass das Thema Geschlechterstereotypen ja eher so alt sei wie die "Mücke im Bernstein", trotzdem habe Oestreich immer wieder neue Facetten entdeckt. "
Seit zehn Jahren markiert sie Geschlechterstereotype in Gesellschaft und Politik – immer klug, immer engagiert und immer wieder überraschend durch eine neue, eine ungewohnte Perspektive."
Na bitte, Jörges, geht doch!

Trotzdem stellte sich nicht nur mir, sondern auch anderen Kolleginnen im Publikum die Frage: Sollten die Witze die Ernsthaftigkeit des Themas abwerten?

Es ist zwar verständlich, dass eine sonst eher furchtbar langweilige Preisverleihung ein paar Gag-Einlagen braucht, aber in der Würdigung der Arbeiten haben die doch eher nichts zu suchen. Zumal auch keine schlechten Witze zu den Themengebieten der anderen beiden Preisträger gemacht wurden. Der 3. Preis ging übrigens an Jo Goll vom RBB-Fernsehen für seine kritischen Fernsehbeiträge zum Thema Migration, der erste Preis an Andreas Förster von der Berliner Zeitung“. Er habe zäh, hartnäckig und mutig Stasi-Machenschaften aufgedeckt, lobte die Jury. Und das ganz ohne Bernstein-Vergleich...

Zum ersten Preis haben die Geschlechterstereotypen also nicht getaugt. Wohl aber für Diskussionsstoff auf der anschließenden Feier. Da konnte ich ausnahmslos von ziemlich alten Männern hören, dass der zweite Preis für Heide Oestreich und die Geschlechterstereotypen nicht gerechtfertigt gewesen sei. Es gebe immerhin sehr viel drängendere Themen als die ewige Gleichstellungsdebatte. Dass Frauen heute alles erreichen könnten, sahen einige dieser Herren übrigens am Beispiel der - echt taffen - Damen-Blaskapelle "Venusbrass" belegt. Oh Bitte!!

Vielleicht zeigen die Schmunzler und die Diskussionen, dass das Thema Geschlechterstereotypen eben doch nicht so alt ist wie die Mücke im Bernstein. Sondern vielmehr hochaktuell und vielschichtig, dass es sich lohnt, regelmäßig die Arbeit von Heide Oestreich zu lesen.

Kommentare

  1. Wie wichtig so ein Preis ist und wie aktuell das Thema beweisen Seiten wie diese im Netz.

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