Montag, 12. April 2010

Nachruf auf eine polnische Heldin

 Anna Walentynowicz im Jahr 2005 Foto: Wulf-Frick

Auch sie ist unter den Toten des Flugzeugabsturzes von Smolensk: Anna Walentynowizc. Die 80jährige flog gemeinsam mit dem polnischen Präsidenten und 94 anderen Menschen am Samstag in den Tod. Vor fünf Jahren habe ich die polnische Nationalheldin persönlich bei einer Reise des Journalistinnenbundes durch Polen in Danzig kennengelernt. Eine zornige alte Frau, deren harsche Worte nicht alle von der Übersetzerin an uns weitergegeben werden konnten. Grund für ihre Verbitterung war auch der Verrat, der in ihren Augen vom polnischen Arbeiterführer und späteren Präsidenten Lech Walesa verübt wurde, der alles Augenmerk auf sich zog. Denn eigentlich ist es der kleinen, zähen Kranführerin zu verdanken, dass sich der Ostblock öffnete. Ihr Widerstand und ihre Entlassung von der Danziger Lenin-Werft führte damals zur Gründung der freien und unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc. Sie war lange die Frontfrau der Gewerkschaft und geriet doch in Vergessenheit.

Walesa war der strahlende Held, sie die Kämpferin im Hintergrund. Niemals hat Anna Walentynowicz ihre Ideale verraten, nicht einmal Ehrungen wollte sie annehmen. Ihre Darstellung von Volker Schlöndorff in dem Film "Strajk" von 2007 fand sie unerhört. Sie wollte sich niemals boulevardisieren lassen. Unerbittlich kämpfte sie auch im hohen Alter noch für den Widerstand von unten. Ihr hartes Aufklopfen mit ihrem Stock nach jedem Satz, den sie uns entgegenschleuderte, habe ich nicht vergessen. Sie war und blieb radikal. Auch soll sie in späteren Jahren Opus Dei angehört haben. Mit Lech Kaczinsky, dem ebenfalls in den Flugzeugtrümmern umgekommenen polnischen Staatspräsidenten, fühlte sie sich verbunden.  Er gehörte ebenfalls zu den Solidarnocs-Gefolgsleuten der ersten Stunde. Als Ikone der europäischen Geschichte wird mir Anna Walentynowicz immer  in Erinnerung bleiben.

2 Kommentare

  1. Das Unglück wurde wohl in allen tagesaktuellen Medien auf der Titelseite gemeldet. Ihren Namen hab ich auf keiner Titelseite gelesen. Auch sonst nicht. Obwohl sie zu Lebzeiten auch heldenhaft handelte.

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  2. Es bleibt wichtig, an wichtige Frauen zu erinnern. Damit sie in die Geschichtsbücher und Lexika Eingang finden. Immerhin gibt es einen Wikipedia-Eintrag zu Anna Walentynowicz.

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