Freitag, 11. November 2011

Omaprämie oder Erziehungstaschengeld?

von Angelika Knop

Foto: Angelika Knop


Geld liegt auf der Straße - und niemand will es aufheben. Wer seine Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr nicht in eine öffentliche Kindertagesstätte gibt, soll nach dem Willen der Koalition (und vor allem der CSU) demnächst 100 € bekommen und dann später 150 €. Die Opposition war schon immer dagegen. Nun meutern auch die Frauen in der Union. Heute ist Krisensitzung. Warum?


Bildungsgutschein statt Barzahlung?

Die Unionsfrauen fordern Bildungsgutscheine statt Barzahlung. Das trägt dem Argument Rechnung, dass genau die Eltern ihre Kinder nicht (mehr) in die Krippe schicken, wo es vielleicht dringend nötig wäre: arme, oft bildungsferne Familien. Denn nur für sie ist das Geld Anreiz zu einer wirklichen Entscheidung. Niemand sonst wird sein Lebensmodell für 150 € im Monat ändern. Das Argument zieht aber schon kaum mehr, denn das Geld soll ja auf Sozialleistungen angerechnet werden. Wer es besonders dringend brauchen könnte, soll es also gar nicht bekommen.

Außerdem, so die Unions-Revoluzzerinnen, darf es das Geld erst geben, wenn der Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz garantiert sei. Da haben sie tatsächlich mitgedacht. Denn in der Tat könnte es so aussehen, als wollte sich da jemand von einer Verpflichtung freikaufen. 150 € sind auf jeden Fall billiger als ein Krippenplatz, den man eigentlich einrichten müsste. Viele Kommunen fürchten den Rechtsanspruch, weil sie mit dem Ausbau der Kinderbetreuung nicht vorankommen.

Absurde Omaprämie oder Nannyzuschuss

Wogegen sich die Unionsfrauen offenbar nicht wenden: Entgegen früherer Planungen müssen Mama oder Papa nun fürs Betreuungsgeld nicht zwingend zuhause bleiben, sie sollen sich nur selbst um den Nachwuchs kümmern. Kristina Schröder meint, damit wolle man Hausfrauen und berufstätige Mütter nun nicht mehr gegeneinander ausspielen. (Die Frage nach den Vätern verkneife ich mir jetzt mal und nehme es als Orientierung an der Realität.)

Aber: Wer soll denn das nachprüfen, ob der Verzicht auf die Kinderkrippe dazu führt, dass man seine Kinder selbst betreut? Wo gibt es denn solche Arbeitsplätze, dass Mama und Papa mit Teilzeitstellen sich das Kind ganz locker übergeben? Kein Problem hat dann nur, wer die eigenen Eltern in Anspruch nimmt oder sich Betreuung privat kaufen kann. Aus der "Herdprämie" ist nach den Planungen der Koalition also eine "Omaprämie" oder ein "Nannyzuschuss" geworden.

Natürlich bekommen auch die das Geld, die gemeint waren: Mütter, die für ihre Kinder - nein, nicht auf Arbeit - aber weitgehend auf Erwerbstätigkeit verzichten. (Denn Arbeit machen Kinder ja jede Menge, das weiß ich.) Es ist also - neben dem Ehegattensplitting und den Mini-Jobs - weiterer Zement für das überholte Hausfrauenmodell. Und klar - auch einige, wenige daheimbleibende Väter, wohlhabende Alleinerziehende (den anderen nützen auch 150 € nix - oder es wird ihnen, siehe oben, ja wieder abgezogen) oder die erwähnten Partnerschaften mit den perfekt getakteten Arbeitszeiten erhalten es auch. Das ist vermutlich nicht beabsichtigt, aber finanziell vermutlich zu vernachlässigen. 

Abfindung für Eltern

Eigentlich ist es nur eine Nicht-Inanspruchnahme-Prämie, eine Abfindung für den nicht genutzten, tatsächlich aber auch nicht vorhanden Krippenplatz. Das ist in etwa so als würde man keine Straßen mehr ausbauen, aber denen, die sie nicht mehr nutzen, 150 € zahlen.

Hat eigentlich schon mal jemand daran gedacht, dass es bis jetzt schon einen Ausgleich gibt? Die meisten Eltern bezahlen nämlich für ihren Krippenplatz - und zwar in der Regel deutlich mehr als im Kindergarten und auch deutlich mehr als 150 €.


Weitere gute Argumente hat Maria Wersig hat auf ihrem Blog "rechtundgeschlecht" aufgeführt.

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