Dienstag, 19. März 2013

Medienlabor: Die Macht der Verlagserbinnen

Julia Latka, Latka Verlag
Susanne Schüssler, Wagenbach




Yvonne Bauer, Bauer Media Group

Medienunternehmen, an deren Spitze Frauen stehen, davon gibt es in Deutschland ein gutes halbes Dutzend. Das Bemerkenswerte ist, diese Chefinnen sind durch Erbschaft in die Führungsrolle gelangt, als Ehefrau, Witwe oder Tochter.

Der Journalistinnenbund konnte in seinem ersten Medienlabor fünf der Spitzenfrauen in Hamburg zur Diskussion zusammenbringen.  

Wie war es mit den Erbinnen? 
fragte der Watch-Salon eine der Organisatorinnen, jb-Frau Rosi Mieder: 

Es ist eine große Verantwortung, durch die Familie in diese Spitzenposition zu kommen – das haben uns alle fünf Chefinnen bestätigt. Einige hatten erst mal andere Karrierewege im Sinn: Archäologin, Journalistin, Germanistin. So sagte Yvonne Bauer, sie habe nach dem Studium „ganz rebellisch“ in einem Buchverlag arbeiten wollen.
Dann aber haben sich die meisten für den Karrieresprung entschieden, der ihnen keinen langwierigen, beruflich dienenden Aufstieg abnötigte. Und der vor allem den Verlegertöchtern die berufliche Freiheit und Selbstbestimmung bot, die sie aus teilweise alten Familienunternehmen gewohnt waren. Nun müssen sie alle ihre Unternehmen zukunftsfest machen, und das ist im Online-Zeitalter keine einfache Aufgabe: Unternehmerinnengeist, durchaus Angriffslust, aber auch Gespür für sichere Nischen und das Bewusstsein für Qualität. Darauf lässt es sich etwa bringen.

Wie erleben sich Verlags- und Konzernerbinnen in der Medienwelt?
Im Verlagsgeschäft seien zu viele Frauen, hat Susanne Schüssler gesagt, die den Wagenbachverlag von ihrem Mann übernommen hat. „Wir brauchen dringend mehr Männer“, hat sie in der Tischrunde erzählt, die ich moderiert habe.
Yvonne Bauer, als Chefin der Bauer Media Group die „größte“ unter den Unternehmensführerinnen, sprach auf dem Podium durchaus von Expansion und derzeit großen neuen Chancen. Mit sichtlicher Freude hat sie erzählt, wie sie Geschäftszweige dazukauft. Diese Machtposition, das macht ihr offensichtlich Spaß.

Wie ist das Verhältnis zum Vater oder Ehemann, wenn der die Macht abgibt?
Der Übergang vom Vater auf die Tochter ist unkomplizierter als vom Vater auf den Sohn. Es gibt keine Hahnenkämpfe wie bei anderen Verlagen, hat Julia Latka vom Latka Verlag beobachtet. Da nickte dann auch Yvonne Bauer.
Bei allen fünfen war es ein Hineinwachsen in die Position, in die Fülle von Macht. Dafür wurde Frau Bauer zum Beispiel ein Jahr lang vom Vater durch alle Abteilungen zum Lernen geschickt. Die Verlagserbinnen managen die Macht, das tun sie alle, auch wenn der Vater oder Ehemann im Hintergrund oft noch präsent ist.

Erbe verpflichtet - sehen die Erbinnen das so? Nehmen sie Einfluss für die Frauen?
Drei von den fünf Unternehmerinnen haben selber Kinder. Die berichteten, dass ihr Stand im Management es ihnen möglich macht, Führungsjob und Familie unter einen Hut zu bringen. Vor allem ihnen ist es klar, und so haben sie es auch ausgedrückt, dass sie am Hebel sitzen, es anderen Frauen zu ermöglichen, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Wichtig ist immer, so ihre eigene Erfahrung, dass die Männer den Frauen den Rücken frei halten.
Die Chefinnen der kleinen Verlage sagten aber auch, wie schmerzhaft das fürs Geschäft sei, wenn von einigen wenigen Mitarbeiterinnen noch einige wegen Elternzeit bzw. Krankheiten der Kinder ausfallen.

Haben die Erbinnen Visionen oder Konzepte?
Da kann ich nur von Susanne Schüssler berichten. Sie sofort ihre eigenen Ideen reingebracht. Sie hat im Verlag eine neue Frauenbuchreihe ins Leben gerufen und eine politische Reihe, die sehr gut läuft. Das Verlegerische, das ist ihr Ding.

Hat sich die Debattenform des Medienlabors bewährt?
Ganz klar: Ja. Weil wir uns an fünf Tischen zu einzelnen Gesprächsrunden verteilt haben, war das sehr intensiv. Eine Gelegenheit, so nah an solche Frauen ranzukommen, hat man nicht immer. Die ungeheuer gute Anfangs- und Endmoderation der großen Runde durch Helga Kirchner mit immerhin fünf Chefinnen hat eine tolle Vorlage für die Gespräche geliefert und einen wirklich fundierten Abschluss geboten.

Wird es weitere Medienlabore geben?
Als langjähriges Mitglied des jb, die schon jede Menge mitorganisiert hat, muss ich sagen, dass das erste Medienlabor eindeutig zu den Höhepunkten unserer Arbeit zählt. Ja, es soll weitergehen. Mit der zweiten Veranstaltung schon in diesem Jahr.

Zum 29. Oktober wollen wir nach Berlin in die Heinrich-Böll-Stiftung einladen. Zu Gesprächen mit Reporterinnen, die aus Krisen- und Kriegsgebieten berichten: Schreiberinnen, Fotografinnen, Kamerafrauen. Noch liegt ein riesen Arbeitsberg vor uns – aber wir können allen Interessierten schon mal raten: Notiert den Termin.




Kommentare

  1. Klingt alles interessant. Wurde zufällig auch über das Thema Quote gesprochen? Oder ist das in diesen Verlagen kein Thema?

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