Sonntag, 12. Mai 2013

Die Kapitäne auf ihren sinkenden Schiffen

By YPS (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

von Judith Rauch

Am kommenden Donnerstag und Freitag trifft sich in Hamburg das Forum Lokaljournalismus, veranstaltet von der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Hamburger Abendblatt. Referenten: 19 Männer und eine Frau. Das sind fünf Prozent statt 50, errechnete Watch-Salon-Mitbloggerin Magdalena Köster korrekt auf dem Doku-Blog 50 Prozent, das von der Netzaktivistin Anne Roth zusammen mit freiwilligen MitstreiterInnen betrieben wird.

Ich frage mich allerdings, ob ich mich darüber noch aufregen soll. Der Lokaljournalismus, die Zeitungsbranche insgesamt, ist derartig im Keller, dass sie sich - in Wien zumindest - schon von Frauen die Leviten lesen lässt.

"Eine Branche verharrt im Gestern", überschrieb Petra Sorge auf Cicero online ihren Bericht vom European Newspaper Congress. Zitat:
"Die Financial Times Deutschland, die Westfälische Rundschau und die dapd Nachrichtenagentur sind Geschichte, die Frankfurter Rundschau ist pleite; überall in Europa sind Zeitungshäuser akut bedroht. So wie Amazon den Einzelhandel überrollt, entzieht das Internet vielen Verlagen die Geschäftsgrundlage. Damit nicht genug: Die US-Journalismusforscherin Emily Bell prophezeite zu Beginn der Konferenz ein Massensterben in der Medienindustrie."
Ein Interview mit Emily Bell gibt es hier zu lesen. Gleichzeitig traf sich in Berlin die Internet-Gemeinde zur re:publica. Die kulturellen Unterschiede sind so groß, dass Christian Jakubetz, der zwar nicht zwischen Berlin und Wien, aber doch zwischen Berlin und Leipzig hin und her shuttelte, vom "Leben in den medialen Paralleluniversen" schrieb.

Was soll man Journalistinnen also raten? Auf den sinkenden Schiffen der klassischen Zeitungshäuser anzuheuern, hat wenig Zukunft: Sie werden mit ihren alternden Kapitänen untergehen. Wer jung und/oder mutig genug ist, kann versuchen, Anschluss an die junge Gründerszene zu finden, wie sie sich in Deutschland vor allem in Berlin entfaltet. Das medium-Magazin stellt in seiner aktuellen Ausgabe ein paar Beispiele vor.

Die Kolleginnen, die in den Zeitungshäusern bisher in der zweiten Reihe standen, werden vielleicht noch ihre Chance bekommen, wenn es gilt, die leck geschlagenen Kähne abzuwracken und die Reste eines einst blühenden Lokaljournalismus zu verwerten. Schön wird das nicht!

2 Kommentare

  1. Ehre wem Ehre gebührt. Es war die Kollegin Sonya Winterberg, die als erste im Forum des JB auf diese Männerversammlung aufmerksam machte.

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  2. Mein Tipp für Freie Journalistinnen und Journalisten: Überprüfen, ob Tageszeitungen nach den aktuellen Vergütungsregeln (siehe http://www.djv.de Rubrik "Tarife und Honorare" und dort unter "Freie") zahlen. Bei Honorarverhandlungen darauf hinweisen und nicht verführen lassen, für "einen Apfel und ein Ei" zu schreiben.

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