Anita Sarkeesian kritisierte sexistische Spiele - und wurde dafür massiv bedroht CC BY SA Susanne Nilsson |
Trotz dieser kindischen Weltsicht sind die Bedrohungen durchaus
ernst zu nehmen: Die Waffen der „Gamebros“, wie GegnerInnen der misogynen Gamer
diese getauft haben, sind Mord- und Vergewaltigungsdrohungen sowie Hacking und Veröffentlichung der privaten
Dokumente der Opfer. Sie generieren sich gern als „schweigende Mehrheit“ der Gamer, die ihr geliebtes Hobby durch feministische Kritik, weibliche Gamer und
gendergerechtere Spiele bedroht sehen. Eines der prominentesten Opfer war die Kritikerin Anita Sarkeesian, die in einer erfolgreichen Webserie die sexistischen Auswüchse vieler Videospiele anprangerte - für manche Gamer Grund genug, sie und ihre Familie so massiv zu bedrohen, dass sie ihre Wohnung verlassen musste. Das Problem wird inzwischen auch außerhalb der Szene diskutiert. Die Frage stellt sich: Sind Gamer eine besonders frauenfeindliche Gruppierung?
Julia Hiltscher, langjährige Gamerin und Mitarbeiterin bei
einer großen Kölner eSports-Firma, glaubt, dass es sich bei vielen dieser
Angriffe um Trolling handelt: „Es gibt Menschen, häufig mit einer
narzisstischen Veranlagung, andere zu dominieren, die das Internet als Ventil
benutzen, um sich von ihren eigenen Problemen abzulenken. Da spielt auch Neid
eine große Rolle. Es ist mir schon passiert, dass bei ernsthaften Diskussionen
über Frauen im Gaming jemand über mich schreibt, und jemand anderes antwortet
darauf so etwas wie: ‚Warum steht die denn nicht hinterm Herd?‘“
Dass Frauen überproportional häufig angegriffen werden,
erklärt sich Julia Hiltscher damit, dass sexistische Stereotypen in der
Gesellschaft verankert sind und Beleidigungen viel einfacher abzurufen sind:
„Bei einem Mann würde ihm bestimmt auch was Beleidigendes einfallen, aber da
müsste er länger nachdenken. Bei einer Frau kann man ganz einfach irgendwelche sexistischen Beleidigungen aus der Trickkiste ziehen.“ Wenn Männer getrollt werden, werden häufig körperliche
Unzulänglichkeiten oder sonstige Alleinstellungsmerkmale angegriffen.
„Statt an der Person etwas zu kritisieren, wofür sie etwas kann, kritisiert man
eben, dass die Person schwul ist oder eine Frau oder etwas kleiner oder eine
Glatze hat, dafür braucht man nicht das eigene Gehirn einzuschalten.“
Hiltschers Strategie für Trolle ist, dem Angreifer im
persönlichen Gespräch den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Wenn man das Gespräch
sucht, stellt sich oft heraus, dass das eigentlich nette Jungs sind, die sich
normal unterhalten können, und in dem Moment einfach aus Eifersucht oder
ähnlichen Gründen Frust ablassen wollten.“ Sie hat festgestellt, dass die
meisten Angriffe und Beleidigungen von schlechten Verlierern kommen, besonders
gegen erfolgreiche Frauen. Was passieren kann, wenn das Spiel zu ernst genommen
wird, zeigt ein extremer Fall aus Amerika, bei dem ein besonders schlechter Verlierer
durch einen anonymen Anruf die Polizei alarmierte und zum Haus seines Gegenspielers
rief.
Eine schweigende Mehrheit sind die Frauenhasser der
Gaming-Welt wohl kaum, wie auch an anderer Stelle schon diskutiert wurde. Viel
eher scheint es sich bei ihnen um ein bösartiges Grüppchen schlechter Verlierer
zu handeln. Julia Hiltschers Ansicht, die Gamer-Community sei nur so sexistisch
wie die Gesellschaft, aus der sie kommt, bedeutet aber auch, dass hier ein
größeres Problem herrscht. Sowohl die Gaming-Community als auch der Rest der
Menschheit haben wohl noch ein ganzes Stück weit zu gehen.
Mehr von Julia Hiltscher und über Frauen in der Gaming-Szene gab es in Teil 1 ("Ein Traumjob") und Teil 2 ("Männerdomäne - eine Erziehungsfrage!") unserer Miniserie.
Mehr von Julia Hiltscher und über Frauen in der Gaming-Szene gab es in Teil 1 ("Ein Traumjob") und Teil 2 ("Männerdomäne - eine Erziehungsfrage!") unserer Miniserie.
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