Dienstag, 25. September 2018

Die letzten Tage des Patriarchats - Margarete Stokowskis aufwühlende Kolumnen jetzt als Buch

von Christine Olderdissen

Feministische Stimme im Mainstream-Medium: Margarete Stokowski / Foto: Rosanna Graf

Wenn Margarete Stokowski eines kann, dann ist es die richtigen Worte finden. Und die Fakten noch dazu. Das macht ihre Kolumnen zum Lesevergnügen. Sie lockt uns an mit ihren aberwitzigen Verbalgebilden, überrascht mit der Kombination eigentlich versprengter Informationen, analysiert sie messerscharf und dekliniert das Ganze feministisch durch - das ist die Methode Stokowski. Nun nachzulesen nicht nur in "Oben und unten", ihrer wöchentlichen Spiegel Online-Kolumne, sondern versammelt in ihrem zweiten Buch "Die letzten Tage des Patriarchats": die 75 besten aus über 200 Essays und Kolumnen der Jahre 2011 bis 2018.



Das Provozieren liegt ihr. Der Titel des Buches ist eine Wucht. Und wie immer eine exakte Beschreibung - das Patriarchat liegt in seinen Endkrämpfen, es bäumt sich auf, mit Hasstiraden und Backlash-Aktivismus. Dies alltäglich zu beobachten, ist Margarete Stokowskis Arbeit.

Oft mit einem schmerzhaften Gefühl, aber manchmal auch voller Freude über gesellschaftliche Fortschritte, legt sie den Finger in Wunden, teilt mit uns ihre Wut, liefert Argumentationen, die helfen. Sie schreibt über Macht, Sex und Körper, #MeToo und Rechtspopulismus. Sie erntet Hasskommentare und erhält Liebesbriefe und dann fragt einer, ob sie auch mal lachen und fröhlich sein könne. Was für eine Frage - aus vielen ihrer Texte spricht mehr als eine Prise Humor. Sonst wäre das alles doch nicht auszuhalten.

"Sie nervt, aber sie hat recht", sagt Thomas Gottschalk, ein  überraschendes Zitat auf dem Buchdeckel. Der Moderator also liest ihre Texte, wie vermutlich viele, die feministische Publikationen wohl nie zur Hand nehmen würden. Via Spiegel Online aber gelangen Stokowskis Ideen und Analysen in den Mainstream.

Und, weil wir hier unter Journalistinnen sind, ist die Geschichte, wie Margarete Stokowski zur Kolumnenschreiberin wurde, höchst aufschlussreich. Sie verrät die Details ihres Werdegangs, von einer Unizeitung, über taz und L-Mag, hin zu Spiegel Online, gleich auf den ersten Seiten. Eine Kolumne zu bekommen, ist die Krönung einer journalistischen Laufbahn und passiert in der Regel nur, wenn eine Redaktion auf eine AutorIn zugeht. Sich selber anzupreisen ist nicht üblich. Margarete Stokowski aber hat die Regel gebrochen, jedenfalls einst bei der taz, und hat gesagt: "Ich will". Gut so.

Dass Spiegel Online ihr außergewöhnliches Talent auf die große Bühne gehoben hat, dafür können wir alle dankbar sein. Wenn sie in diesen Tagen zu ihren - komplett ausverkauften Lesungen - antritt, wird ihre Fangemeinde sie feiern. Ich bin dabei.

Lesetermine ab sofort.


"Die letzten Tage des Patriarchats"
von Margarete Stokowski
Rowohlt Verlag, 2018
ISBN 978 3 498 06363 4

Buchbesprechung "Untenrum frei", Margarete Stokowskis Erstling, hier im Watch-Salon nachzulesen.

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