Mittwoch, 17. April 2019

Serien für die Feministin #3

Sonequa Martin-Green, hier mit Co-Star Jason Isaacs, spielt die ungewöhnliche Protagonistin von Star Trek: Discovery, Michael Burnham. / Foto: vagueonthehow (via flickr.com)  CC-BY 2.0 

Was sind Eure Lieblings-Serien? Das haben wir die Kolleginnen im Journalistinnenbund gefragt. Die Antworten waren durchaus überraschend. Wir haben daraus zwei Jahre nach dem ersten Artikel im Watch-Salon über "TV-Serien für die Feministin" eine neue, dieses Mal vierteilige Staffel von "TV-Serien für die Feministin" entwickelt. Auch 2019 empfehlen wir wieder Produktionen mit überzeugenden weiblichen Hauptfiguren. Damit wir Episode für Episode genießen können, ohne uns über sexistische Klischees zu ärgern.

jb-Serien-Staffel #3: Star Trek: Discovery 1 und 2

 


Der Weltraum ... Unendliche Weiten ... Star Trek ist wahrscheinlich eine der ältesten popkulturellen Konstanten der TV-Geschichte. Obwohl die 1966 gestartete Originalserie um Captain Kirk und seine Crew schon abgesetzt wurde, bevor ein Mensch den Mond betreten hatte, hat sie und ihre Nachfolgeserien aus den folgenden Jahrzehnten bis heute treue Fans. 1995 kommandierte zum ersten Mal eine Frau: Kathryn Janeway führte das Raumschiff Voyager. Die neueste Erfindung aus der Reihe heißt Star Trek: Discovery und spielt kurz vor dem Beginn der Abenteuer des ersten Raumschiffs Enterprise. Im Zentrum der Handlung steht diesmal nicht der Kommandant oder die Kommandantin eine Raumschiffes oder einer Raumstation, sondern eine Außenseiterin: Die in Ungnade gefallene ehemalige erste Offizierin Michael Burnham (Sonequa Martin-Green).

Neue Wege


Und nicht nur damit beschreitet Discovery neue Wege in der Star-Trek-Geschichte. Die Serie zeigt eine Vielfalt an Charakteren und Geschichten, die keine ihrer Vorgänger zu bieten hatte. Die Protagonistin ist eine schwarze Frau mit kurzen Haaren und einem als männlich definiertem Namen, Discoverys Schiffsarzt (Wilson Cruz als Dr. Hugh Culber) und Wissenschaftsoffizier (Anthony Rapp als Lieutenant Paul Stamets) sind ein schwules Ehepaar. Und auch wenn der Captain wieder ein Mann ist (Jason Isaacs als Gabriel Lorca in Staffel 1, Anson Mount als Christopher Pike in Staffel 2), mangelt es der Serie nicht an toughen und komplexen Frauenfiguren. Gleichzeitig werden düsterere Klänge angeschlagen als in den meisten anderen Star-Trek-Serien: Hier geht es um Krieg und Verrat, um Charaktere, die traumatische Ereignisse durchleben, Verluste erleiden, Fehler machen und mit deren Folgen leben müssen.




Die erste Staffel thematisiert nicht nur den Konflikt der Sternenflotte mit den kriegerischen Klingonen, deren Wunsch, sich gegen den Kulturimperialismus der Gegenseite zu wehren, bisweilen durchaus verständlich ist. Es geht auch darum, wie die wegen Meuterei verurteilte Michael nach und nach Teil der Crew von Discovery wird und Beziehungen zu ihren anfangs misstrauischen Schiffskamerad*innen aufbaut. Besonders berührt hat mich dabei ihre Freundschaft zu der blitzgescheiten, aber nicht sehr selbstbewussten Offiziersanwärterin Sylvia Tilly (Mary Wiseman), für die Michael zu einer Art Mentorin wird.




In der zweiten Staffel treffen "Trekkies" ein paar alte Bekannte vom Raumschiff Enterprise wieder. Mit ihrem Ziehbruder Mr. Spock (Ethan Peck), verbindet Michael eine komplizierte Geschwisterbeziehung. Christopher Pike (Anson Mount), der erste Kapitän der Enterprise, übernimmt zeitweilig das Ruder der Discovery - während seine erste Offizierin die Enterprise kommandiert. Als Charakter war Pike erstmals im Pilotfilm zur Originalserie Star Trek erschienen. In seiner Kommandocrew war damals auch eine Frau als stellvertretende Befehlshaberin vorgesehen - die Produktionsfirma soll diesem Plan aber einen Riegel vorgeschoben haben, da dies nun wirklich zu progressiv war. In Discovery kommt "Nummer Eins", wie Pike sie nennt, wieder vor - wenn auch nur mit einem kurzen Auftritt. Ebenfalls neu im Team: die knallharte, mit staubtrockenem Humor versehene Chefingenieurin Jett Reno, gespielt von der amerikanischen Stand-up Comedienne Tig Notaro, die schon jetzt sehr weit oben auf der Liste meiner Lieblingscharaktere steht.


Utopie der Zukunft: Representation matters



Nichelle Nichols als Lt. Uhura. / Foto: NASA
Die Welt von Star Trek war von Anfang an als utopische Zukunft konzipiert, in der Diskriminierung keinen Platz mehr hat. Die Originalserie wurde in den späten 1960er Jahren ausgestrahlt, als nicht nur die Eroberung des Weltalls ein großes Thema war, sondern auch massive gesellschaftliche Umbrüche bevorstanden.

Während Frauen und Schwarze für ihre Rechte sowie Studierende und viele andere Menschen gegen den Krieg demonstrierten, spielten die Geschichten des Raumschiffs Enterprise schon in einer Welt, in der Krieg und Ungleichheit auf der Erde längst der Vergangenheit angehören sollten.

Für die heutige Zuschauerin mag das machohafte Gehabe von Captain Kirk (William Shatner) zwar Augenrollen auslösen, ein anderer Charakter aus der Originalserie vermittelte dem Publikum aber eine ganz andere Botschaft: Lieutenant Nyota Uhura, gespielt von Nichelle Nichols. Eine intelligente, selbstbewusste, schwarze Frau mit Offiziersrang - zur Zeit der Erstausstrahlung von Raumschiff Enterprise war das trotz Minirockuniform eine absolute Sensation.

Representation matters: Der Eindruck, den Nichols' Rolle hinterließ, war so stark, dass Martin Luther King die Schauspielerin gebeten haben soll, bei der Serie zu bleiben, als sie ihm bei einem Treffen gestand, sie wolle aufhören, um sich der schwarzen Bürgerrechtsbewegung anzuschließen. Auch Astronautin Mae Jemison, die 1992 als erste schwarze Frau im Weltraum in die Geschichte einging, verweist auf Nichols als eine ihrer Inspirationsquellen.

Star Trek war seiner Zeit also schon von Anfang an weit voraus. Discoverys vielfältigere Charakterkonzepte spiegeln dabei nur den erweiterten Horizont unserer Zeit wider. Die Trolle aus der rechten, hinteren Ecke des Internets hält dies freilich nicht davon ab, die Serie mit Inbrunst zu verabscheuen und dahinter eine queer-feministische Verschwörung zu vermuten, die den Jungs ihre Lieblingsspielzeuge wegnehmen will. Die Entmannung des heldenhaften Weltraumentdeckers wurde da bisweilen gefürchtet - welcher selbstverständlich bitte auch weiß und heterosexuell sein sollte. Das Gejammer tat dem Erfolg der Serie allerdings keinen Abbruch. Eine dritte Staffel von Discovery ist bereits bestätigt worden. Zusätzlich plant CBS ein Spin-Off, dessen Protagonistin angeblich Captain Philippa Georgiou, gespielt von Michelle Yeoh, sein wird.

Von Star Trek: Discovery erscheint wöchentlich eine neue Folge auf Netflix. Das Finale der zweiten Staffel gibt es diesen Freitag.

Luise Loges

Stay tuned ... 

"Serien für die Feministin"-Staffelfolge #4:
Freitag 19.4.

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