Schlagworte einer Unternehmenskultur. Tag-Cloud aus der Fraunhofer-Studie "Unternehmenskulturen verändern - Karierrebrüche vermeiden" |
Die deutschen Arbeitgeberverbände haben sich mal wieder gegen gesetzliche Frauenquoten stark gemacht. "Verfassungsrechtlich fragwürdig" seien die, so deren Bundesvereinigung. Behandelten "lediglich die Symptome, nicht die Ursachen" des Frauenmangels in den Führungsetagen. Recht haben sie - mit einem: Die Ursachen gehören beseitigt - nur ist ihnen das bisher selbst nicht gelungen, trotz aller Pläne, Ziele, Selbstverpflichtungen. Was haben sie nicht alles versucht, um ihre Mitarbeiterinnen in Führungspositionen zu bekommen: Home-Office, Betriebskindergärten, Mentoring, Frauenförderung. Aber die mögen einfach nicht, die Frauen. Zu blöd. Oder vielleicht auch schlau, weil sie spüren, dass ihr Aufstieg gar nicht wirklich gewollt ist? In vielen Unternehmen tobt nämlich ein Kulturkampf zwischen den hehren Zielen aus der Personalabteilung und der harten Wirklichkeit in der Firma. Das hat eine Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung schon vor zwei Jahren herausgefunden. Höchste Zeit, da mal nachzulesen. Man(n) könne ja was lernen, wenn sie 2016 dann doch kommt, diese Quote.
"Unternehmenskulturen verändern - Karierrebrüche vermeiden" - das war das Ziel von Professorin Martina Schraudner und ihrem Team. Denn es liegt ja nicht daran, dass nicht genügend gut ausgebildete Frauen von den Universitäten in die Unternehmen strömten. Und in der Regel erklimmen sie auch erste Hierarchiestufen - aber von Stufe zu Stufe werden es weniger. Die Grundfrage war also: Wo und warum gehen die gut ausgebildeten Frauen beim Weg an die Spitze verloren? Neun große Unternehmen waren schnell bereit mitzumachen. Das Bundesfrauenministerium förderte die Untersuchung finanziell.
Meist lässt sich die Gläserne Decke ganz gut ausmachen - die Stufe, wo in einem Unternehmen besonders viele Frauen stehen bleiben oder ganz aussteigen. Diese nahmen sich die Fraunhofer-ForscherInnen vor und befragten Männer und Frauen, die noch davor standen und solche, die es über die Hürde geschafft hatten. Da ging es um Einstellungen, Erlebnisse, Einschätzungen. "Und wenn Sie 90 Minuten von geschulten InterviewerInnen befragt werden", so Martina Schraudner, "dann sind sie nicht mehr politically correct, dann sagen Sie, was Sie denken". Heraus kamen Aussagen wie: "Im Zweifelsfall sticht die Arroganz." Oder: "Man wird nicht als entscheidungsstark angesehen, wenn man sich Zeit lässt." Einschätzungen, die ja durchaus im Auge des Betrachters oder der Betrachterin liegen: Vielleicht wäre ja auch die Person die bessere Führungskraft, die Entscheidungen wohl überlegt trifft und auch mal Fehler zugeben kann. Der Eindruck drängt sich auf: Es geht noch immer sehr viel mehr darum, die Frauen zu ändern als die Unternehmenskultur. Und damit verpasst man auch die Chance auf mehr wirtschaftlichen Erfolg: Vielfalt, Toleranz und Zuhören führen nämlich oft zu neuen Ideen und erschließen neue Märkte.
Frauenförderung, Familienfreundlichkeit oder neue Führungskultur schreibt sich manches Unternehmen gerne auf die Fahnen - lebt es aber nicht oder zumindest nicht dort, wo es drauf ankommt. Das bestätigten auch viel Frauen auf einer Diskussion der Business Professional Women in München, die Martina Schraudner eingeladen hatten. Eine Teilnehmerin erzählte: "In Skandinavien gibt es ja die familienfreundliche Regel: keine Meetings nach 17 Uhr. Und darauf nehmen wir bei unseren Geschäftspartnern natürlich Rücksicht und setzen da keine Telefonkonferenzen mehr an. Aber wenn ich dann um 17 Uhr gehe, um mein Kind abzuholen, heißt es immer wieder: Was, du gehst schon?" Wer sich so hart tut mit der Ursachenbekämpfung - für den ist die Quote vielleicht doch der kürzere Weg.
Professorin Martina Schraudner bei BPW München Foto: A. Knop |
Das Fazit: Jedes Unternehmen sollte genau hinschauen, welche Einstellungen, Traditionen oder Ambitionen Frauen Steine in den Weg legen. Die Studie hat dabei vier dominante Unternehmenskulturen herausgefunden - und für alle konkrete Strategien zur Frauenförderung vorgeschlagen. Die kann man entweder direkt in der Studie nachlesen, die man sich auf der Fraunhofer-Homepage herunterladen kann. Oder im Interview mit Martina Schraudner, das ich fürs Trialog-Unternehmerblog geführt habe.
Vielen Dank für diesen Beitrag, den Hinweis auf die Studie und die Einschätzung!
AntwortenLöschenAuch andere Studien haben ja ähnliche Ergebnisse erbracht. Die strukturellen Verkrustungen in den Unternehmen sind kaum zu überwinden; das gilt übrigens nicht nur für die Privat-Wirtschaft, sondern auch für die Unternehmen der öffentlichen Hand. Nur ein ganz bestimmter Typus Mensch kann in diesen veralteten Strukturen vorankommen, sich behaupten und es bis zur Spitze schaffen. Weiblichkeit ist da nicht wirklich gefragt. Und da die Konkurrenz sehr groß ist, wird mit harten Bandagen gekämpft.
Ohne Quote wird sich daran wohl nicht schnell genug etwas ändern lassen. Schade! Das Argument aber, dass eine Quote ein zu großer Eingriff in die unternehmerische Freiheit darstellen würde, ist unsinnig. Auch Kinderarbeit wurde per Gesetz abgeschafft und das vorbildliche Mitbestimmungsgesetz hat sich die deutsche Wirtschaft ja auch nicht selbst verordnet.