Mittwoch, 31. März 2021

Abschiedspost #8: Lasst das Licht an - wünschen sich Nicola Sturgeon und der Watch-Salon

von Tina Stadlmayer

Screenshot des Blogposts im Watch-Salon
Blick zurück: Blogpost von Tina Stadlmayer über Nicola Sturgeon

"Völlig absurd, du spinnst wohl" hätte ich 2015 allen entgegnet, die einen Austritt Großbritanniens aus der EU für möglich gehalten hätten. Aber das war damals auch kein Thema. 2015 beschrieb ich in meinem Artikel "Nicola Sturgeon: Gute Königin oder gefährlichste Frau Britanniens?" wie die britischen Zeitungen die schottische Ministerpräsidentin hochjubelten, nachdem sie sich jahrelang über sie lustig gemacht hatten. Ein halbes Jahr vor dem Erscheinen meines Artikels hatten die Schott*innen bei einem Referendum knapp gegen die Unabhängigkeit von Großbritannien gestimmt. 

Der damalige Regierungschef trat zurück und Nicola Sturgeon wurde seine Nachfolgerin. Damals, 2014, hatte ich in meinem Portrait der künftigen Ministerpräsidentin noch geschrieben, dass sie als "nippy sweetie" (verbissene Süsse) verunglimpft wurde. Und heute?... ist der Brexit vollzogen und Nicola Sturgeon sitzt fester im Sattel denn je. An diesem Neujahr, als der Brexit-Deal in Kraft trat, twitterte sie "Schottland wird bald wieder in Europa sein. Lasst das Licht an".

Zum Abschied


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unserer Autorinnen

Als Großbritannien-Korrespondentin schrieb ich gerne über erfolgreiche Politikerinnen. Nicola Sturgeon war eine von ihnen. Besonders interessant fand ich bei den Berichten für den Watch-Salon, wie die britischen Medien Sturgeon zunächst gnadenlos in die Pfanne hauten und sie später genauso bedenkenlos bejubelten. Ich halte Nicola Sturgeon nach wie vor für eine gute und glaubwürdige Politikerin. 

Noch vor einem Monat sah es so aus, als müsse Sturgeon demnächst zurücktreten. Ihrem Vorgänger, Alex Salmon, hatten neun Frauen sexuelle Übergriffe und eine Vergewaltigung vorgeworfen. Er wurde verhaftet, aber vor Gericht von allen Vorwürfen freigesprochen. Daraufhin befand eine Untersuchungskommission des schottischen Parlaments, dass Sturgeon das Parlament in die Irre geführt habe. Eine weitere Untersuchung ergab jedoch, dass Sturgeon zwar Fehler gemacht, aber keine Regeln verletzt habe. Sie musste also nicht zurück treten, aber bei der Parlamentswahl am 6. Mai wird das Ganze ihre Partei sicher Stimmen kosten. 

Dennoch hat Sturgeons Scottisch National Party (SNP) gute Chancen, die Wahlen zu gewinnen. Sie will dann nochmals ein Unabhängigkeits-Referendum abhalten. Falls die Mehrheit der Schott*innen für die Abspaltung von Großbritannien votiert, könnte Schottland schon bald den Antrag auf Wiedereintritt in die EU stellen. 

Meine Zeit als Großbritannien-Korrespondentin ist bereits im März 2020 zu Ende gegangen und ich lebe jetzt wieder in Deutschland. Der Brexit und die Corona-Pandemie haben mir den Abschied erleichtert. Trotzdem vermisse ich die wunderbaren Menschen, die ich in England, Schottland, Wales und Irland kennen gelernt habe. Ich habe sehr gerne auch im Watch-Salon über sie geschrieben.

Menschen haben mich immer am meisten interessiert, neben Büchern und Filmen, die ja auch meist von Personen handeln. Ich habe es sehr genossen, dass ich im Watch-Salon meine journalistischen Vorlieben ausleben konnte. Manchmal war es aber auch frustrierend, dass viele Blog-Artikel so wenige Leserinnen fanden. Und die, die viel geklickt wurden, waren nicht immer die besten. Aber dieses Phänomen kennen auch die Kolleg*innen von anderen Medien. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sage ich also: Bye bye Watch-Salon! Hello next project!

 

Zum Nachlesen:  Nicola Sturgeon: Gute Königin oder gefährlichste Frau Britanniens?

Fun-Fact: Tina Stadlmayer ist offenbar passionierte Rückkehrerin. Sie gründete den Watch-Salon mit, stieg zwischenzeitlich als Autorin aus und dann wieder ein.

 

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Es schlägt 13 für den Watch-Salon

Nach mehr als zwölfeinhalb Jahren schließen wir unsere Pforten. Ehrenamtlich, engagiert, journalistisch und feministisch haben wir für den Journalistinnenbund gebloggt. Zu einer Abschiedsrunde schauen (Ex-)Autorinnen noch einmal auf einen Drink und einen Plausch vorbei, erinnern sich an ihre liebsten Posts und was daraus geworden ist. Immer mittwochs, immer (noch) hier.


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Frühere Watch-Salon-Redakteurinnen seit 2008

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... und viele Gastautorinnen aus dem jb, unter anderem

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